Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung der Wahl des Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat. Wahlanfechtung. Aufsichtsratswahl. Wahlausschreiben. Öffentlichkeit. nicht öffentliche Stimmauszählung;. Angelegenheiten aus dem BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

Das Gebot der Öffentlichkeit der Stimmenauszählung (hier: bei der Wahl des Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat) beinhaltet auch, dass das Wahlausschreiben den Umstand der öffentlichen Stimmenauszählung angibt.

 

Normenkette

BetrVG 1952; BetrVG §§ 18-19; WO 1953 § 13; WO 2001 § 3 Abs. 2 Nr. 13

 

Verfahrensgang

ArbG Bautzen (Beschluss vom 15.04.2004; Aktenzeichen 8 BV 8007/03)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bautzen vom 15. April 2004 – 8 BV 8007/03 – wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten auch in dem Beschwerdeverfahren weiter darüber, ob die Wahl des Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat vom 09.09.2003 für unwirksam zu erklären ist.

Von der erneuten Darstellung des Sachverhalts wird aufgrund der Regelungen in § 540 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO (entsprechend) abgesehen und stattdessen auf die Beurkundung des Vorbringens der Beteiligten unter Abschnitt I. der Gründe des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Bautzen vom 15.04.2004 Bezug genommen.

Die Beteiligte zu 1. wird im Folgenden als Arbeitgeberin, der Beteiligte zu 2. als Arbeitnehmer bezeichnet.

Die Wahlanfechtung der Arbeitgeberin hatte bei dem Arbeitsgericht Erfolg.

Der Arbeitnehmer hat gegen den ihm am 28.04.2004 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts am 18.05.2004 Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Frist zur Begründung der Beschwerde bis 26.07.2004 am 23.07.2004 ausgeführt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Wahlanfechtung zu Recht entsprochen und die Wahl des Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat vom 09.09.2003 für unwirksam erklärt.

Entsprechend § 19 (Wahlanfechtung) BetrVG kann die gegenständliche Wahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

Hier ist die Anfechtungsfrist durch die anfechtungsberechtigte Arbeitgeberin unstreitig gewahrt.

Auch besteht ein Anfechtungsgrund.

1. Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften, der das Wahlergebnis beeinflusst haben konnte und damit die Wahlanfechtung rechtfertigt, liegt bereits in der Verletzung der §§ 18 Abs. 3 Satz 1 BetrVG (analog), 13 WO 1953. Denn die Stimmauszählung im Betriebsratsbüro erfolgte nicht öffentlich. Auf die weiter geltend gemachten Verstöße gegen Wahlvorschriften kommt es damit nicht mehr an.

a) Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner bereits in dem angegriffenen Beschluss referierten und den Beteiligten im Übrigen auch bekannten Entscheidung vom 15.11.2000 (– 7 ABR 53/99 – AP Nr. 10 zu § 18 BetrVG 1972) einen Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Auszählung der Stimmen schon dann erkannt, wenn der Wahlvorstand die Betriebsöffentlichkeit von sich aus weder über den Umstand, dass die Stimmen öffentlich ausgezählt werden, noch über Ort und Zeit der Auszählung informiert.

Dann habe die Betriebsöffentlichkeit nicht den erforderlichen ungehinderten Zugang zur Beobachtung der Auszählung. Es hänge dann von Zufällen ab, ob der Einzelne überhaupt von der Möglichkeit der Beobachtung erfährt. Es sei nicht selbstverständlich, dass jeder Arbeitnehmer ohne entsprechende Information damit rechnet, der Auszählung beiwohnen zu können. Das Erfordernis, selbst aktiv zu werden und sich nach dem Bestehen einer Teilnahmemöglichkeit sowie nach deren Ort und Zeit zu erkundigen, sei geeignet, Zugangsberechtigte von vornherein von der Teilnahme auszuschließen, sei es aufgrund von Unkenntnis, sei es durch die psychologische Hemmschwelle, die einer Nachfrage entgegenstehen kann (BAG vom 15.11.2000, a. a. O.).

Dem schließt sich die Beschwerdekammer an. Die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts überzeugen für sich. Überzeugt haben sie letztlich auch den Gesetzgeber. Denn dieser hat mittlerweile in § 3 (Wahlausschreiben) Abs. 2 Nr. 13 WO 2001 als Pflichtangaben für das Wahlausschreiben u. a. vorgeschrieben:

„Ort, Tag und Zeit der öffentlichen Stimmenauszählung.”

Sowohl aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts als auch aus der genannten Regelung der WO 2001 ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass es nicht nur um die Angabe von Ort, Tag und Zeit geht. Erforderlich ist vielmehr auch und insbesondere eine Angabe...

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