Sachverhalt

Ein Arbeitgeber erhält im November 2023 einen gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über 2.000 EUR für einen Mitarbeiter. Der betroffene Arbeitnehmer hat einen Bruttolohn von 3.500 EUR monatlich. Er ist 3 Personen zum Unterhalt verpflichtet. Mit der Abrechnung für November erhält er noch Überstundenvergütung i. H. v. 600 EUR brutto sowie Weihnachtsgeld bzw. ein 13. Monatsgehalt von 3.500 EUR brutto.

Wie ist zu rechnen?

Ergebnis

Gemäß § 850a Nr. 1 ZPO sind die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens zur Hälfte unpfändbar.

Weihnachtsvergütungen sind bis zur Hälfte des monatlichen Freibetrags aus § 850c Abs. 1 Nr. 3 ZPO i. V. m. § 850c Abs. 4 Nr. 1 ZPO, aber höchstens bis zum Betrag von 705 EUR unpfändbar. Die Bezeichnung als 13. Monatsgehalt ist bedeutungslos, soweit die Leistung im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit Weihnachten erfolgt und eine entsprechende Zwecksetzung erfolgt. Bei einer Sonderzahlung zwischen dem 1.11. und dem 15.1. kann regelmäßig von dieser Zwecksetzung ausgegangen werden. Privilegiert ist der halbe Betrag des monatlichen Bruttoeinkommens, maximal aber 500 EUR. Diese Summe ist vom Einkommen abzusetzen.

 
1. Ermittlung des Bruttoeinkommens 7.600 EUR
2. Abzug der unpfändbaren Beträge:  
Bei Mehrarbeitsvergütung die Hälfte (§ 850a Nr. 1 ZPO) 300 EUR
Weihnachtsgeld bis zur Hälfte des monatlichen Bruttoeinkommens, höchstens 705 EUR 705 EUR
Zwischenergebnis: 6.595 EUR brutto
3.+4. Abzug der sich hieraus ergebenden "fiktiven" Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge[1]: ... EUR

Aus dem sich hieraus ergebenden Nettoeinkommen (Pfändungsnetto) muss anhand der Pfändungstabelle der pfändbare Betrag bei einer Unterhaltspflicht für 3 Personen entnommen und an den Gläubiger abgeführt werden. In den folgenden Monaten entfällt das Weihnachtsgeld. Auch bei der Arbeitsvergütung können sich Änderungen ergeben. Die pfändbaren Beträge sind an den Gläubiger abzuführen, bis der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über 2.000 EUR bedient ist.

Hinweis

Weihnachtsgeld ist unabhängig von der Anspruchsgrundlage teilweise unpfändbar. Die Weihnachtsgratifikation ist eine Sonderleistung, die vom Arbeitgeber anlässlich des Weihnachtsfestes zusätzlich zur Vergütung gezahlt wird. Die Rechtsgrundlage ist unerheblich, solange ein Anspruch darauf besteht. Eine Forderung i. S. d. § 850a Nr. 4 ZPO liegt auch vor, wenn die Anspruchsbegründung freiwillig unter Widerrufsvorbehalt für die Zukunft erfolgt.

Für das Weihnachtsgeld seit 2022 gibt es eine Änderung: Hiernach sind nach § 850a Nr. 4 ZPO die Weihnachtsvergütungen bis zu der Hälfte des Betrags, dessen Höhe sich nach Aufrundung des monatlichen Freibetrags nach § 850c Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 auf den nächsten vollen 10-Euro-Betrag ergibt, unpfändbar. Hier ist zunächst einmal der monatliche Netto-Freibetrag zu ermitteln, dieser muss dann auf den nächsten 10-Euro-Betrag aufgerundet werden. Das Zwischenergebnis muss durch 2 geteilt werden. Das Ergebnis ergibt den unpfändbaren Freibetrag des Weihnachtsgeldes. Für das Weihnachtsgeld im Jahr 2023 bleibt der Betrag bis zu 705 EUR pfändungsfrei.

Mehrarbeitsvergütung i. S. d. § 850a Nr. 1 ZPO ist die Vergütung für über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit. Grund für die Regelung ist, dem Schuldner einen Anreiz zu geben, Mehrarbeit zu erbringen und dadurch zugunsten der Gläubiger Mehreinnahmen zu erwirtschaften. Deshalb greift § 850a Nr. 1 ZPO nicht, wenn der Arbeitnehmer durch die geleistete Mehrarbeit keine Mehreinnahmen erwirtschaftet hat, sondern die Mehrarbeit durch Freizeitausgleich abgegolten wird.[2]

Mehrarbeit kann auch in Form von Reisezeiten erbracht werden. Es spielt keine Rolle, ob sie bei denselben oder bei einem anderen Arbeitgeber als Nebentätigkeit außerhalb der üblichen Arbeitszeit geleistet wird.

Bei nur gelegentlicher Nebenbeschäftigung ist das Nebeneinkommen jedoch nicht als Arbeitseinkommen anzusehen und demnach unbeschränkt pfändbar.[3] Soweit der Schuldner einer regelmäßigen Nebentätigkeit bei einem weiteren Arbeitgeber nachgeht, liegt darin auch eine Mehrarbeit nach Nr. 1, wenn diese Nebentätigkeit außerhalb der üblichen Vollbeschäftigungszeit (ca. 40-Stunden-Woche) verrichtet wird.

Bezieht der Arbeitnehmer Altersrente und ist daneben zur Aufbesserung seiner Rente tätig, kann der Bezug der Altersrente einem Einkommen aus einer Tätigkeit gleichgesetzt werden, die die Arbeitskraft des Schuldners umfänglich in Anspruch nimmt. Damit kann er hinsichtlich des Zusatzverdienstes von § 850a ZPO profitieren. Dies entspricht dem Sinn der Vorschrift, den Schuldner zu motivieren, über seine eigentlichen Einnahmen hinaus Einkünfte zu erzielen.[4]

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