Sachverhalt

Ein Arbeitgeber erhält einen gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über 1.000 EUR für einen Mitarbeiter. Der betroffene Arbeitnehmer hat einen Bruttoverdienst von 4.000 EUR monatlich. Er ist ledig und hat ein minderjähriges Kind. In diesem Monat hat er zusätzlich ausnahmsweise noch verdient:

  • Überstundenzuschläge: 500 EUR brutto
  • Tarifliches zusätzliches Urlaubsgeld: 400 EUR brutto
  • Jubiläumsgeld für seine 20-jährige Betriebszugehörigkeit: 2.000 EUR brutto sowie
  • Freiwilliges Weihnachtsgeld mit ausdrücklichem Freiwilligkeitsvorbehalt: 1.000 EUR brutto

Wie ist der für die Pfändung anzusetzende Verdienst zu ermitteln und wie ist der an den Gläubiger abzuführende Betrag für das Jahr 2023 zu ermitteln?

Ergebnis

Früher wurde die sog. Bruttomethode angewandt, nach der dem Gesamtbruttoeinkommen des Arbeitnehmers zunächst die nach § 850a ZPO unpfändbaren Bezüge mit dem Bruttobetrag addiert und dann die auf das Gesamtbruttoeinkommen (d. h. einschließlich der unpfändbaren Bezüge) zu zahlenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen wurden. Die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge wurden damit 2-mal in Abzug gebracht. Das führte dazu, dass das pfändbare Einkommen umso niedriger ausfiel, je höher die unpfändbaren Bezüge i. S. d. § 850a ZPO waren. Damit konnte das pfändbare Einkommen des Arbeitnehmers allein wegen der zusätzlichen unpfändbaren Bezüge unter die Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO fallen und eine Pfändung ausschließen oder vermindern.

Das BAG hat jedoch am 17.4.2013[1] entschieden, dass bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens die sog."Nettomethode" zugrunde zu legen ist.

Das geschieht wie folgt:

 
1. Ermittlung des Bruttoarbeitseinkommens: 7.900 EUR
2. Abzug der unpfändbaren Bezüge nach § 850a ZPO:  
bei Vergütung für Mehrarbeit (§ 850a Nr. 1 ZPO): die Hälfte 250 EUR
Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen  
Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen, Schmutz- und Erschwerniszulagen (§ 850a Nr. 3 ZPO)  
andere nach § 850a ZPO unpfändbare Bezüge  
  • Urlaubszuschuss/-geld
400 EUR
  • Jubiläumszuwendungen
2.000 EUR
  • Treuegelder
 
  • Weihnachtsvergütungen seit 1.1.2022: bis zu der Hälfte des Betrags, dessen Höhe sich nach Aufrundung des monatlichen Freibetrags nach § 850c Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Abs. 4 auf den nächsten vollen 10-Euro-Betrag ergibt, hierzu im nächsten Fall ( bis 31.12.2021: bis zur Hälfte des monatlichen Bruttoeinkommens)
705 EUR
 
 
 
 
Zwischenergebnis: 4.525 EUR
3. Abzug der sich hieraus ergebenden "fiktiven" Steuer (§ 850e Nr. 1 ZPO): ... EUR
4. Abzug der sich hieraus ergebenden "fiktiven" Sozialversicherungsbeiträge (§ 850e Nr. 1 ZPO): ... EUR

Dann wird aus dem sich hieraus ergebenden Nettoeinkommen (Pfändungsnetto) anhand der Pfändungstabelle der pfändbare Betrag entnommen und an den Gläubiger abgeführt.

Hinweis

Für die Berechnung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ist immer der Nettolohn entscheidend. Der zu berücksichtigende pfändbare Teil des Nettolohns ist dann in der Tabelle zu § 850c ZPO abzulesen.

Nachforderungen sind möglich, wenn die Bruttomethode fehlerhaft angewandt wurde.

Die Berechnungsmethode, die das BAG verlangt, erfordert eine "fiktive" Zwischenberechnung, die nach Auffassung des BAG elektronisch zu bewerkstelligen ist.

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