Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Kündigung von Mobilfunkverträgen - Anspruch auf Auszahlung von Guthaben

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mobilfunkverträge begründen Dienstverhältnisse im Sinne des § 620 Abs. 2 BGB und können, auch wenn die SIM-Karte an sich eine gewisse Nutzungsdauer hat, ordentlich gekündigt werden.

2. Wird ein Guthaben nach Kündigung eines Mobilfunkvertrages eingeklagt und setzt sich das Guthaben aus Einzahlungen sowie Gutschriften im Rahmen eines missbrauchten Bonusmodells zusammen (hier: Easymoney-Programm), so muss der Mobilfunkbetreiber darlegen und beweisen, welche Beträge missbräuchlich erlangt wurden.

3. Ein gerichtlicher Hinweis gemäß § 139 ZPO ist entbehrlich, wenn die Partei bereits von der Gegenseite die gebotene Unterrichtung erhalten hat.

4. Zu Einwendungen gegen die Auszahlung eines sogenannten "Easymoney Guthabens" im Rahmen eines Bonusprogramms eines Mobilfunkanbieters.

 

Normenkette

BGB § 620 Abs. 2, § 621 Nr. 5; ZPO §§ 139, 296a, 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 06.12.2018; Aktenzeichen 8 O 12727/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 06.12.2018 wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 224.840,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.08.2016 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage auch insoweit, als sie nicht schon durch das oben genannte Urteil abgewiesen wurde, abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.

IV. Das Urteil ist für jeden Vollstreckungsgläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar; der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. I. Die Parteien streiten um die Frage, ob die Kündigungen der Beklagten vom 18.02.2016 und vom 31.03.2017 die zwischen den Parteien bestehenden 508 Mobilfunkverträge beendet haben, sowie um die Frage, ob und - wenn ja - welche Zahlungsansprüche dem Kläger im Fall der Wirksamkeit einer der soeben genannten Kündigungen zustehen.

II. Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen nimmt der Senat Bezug auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, das auf Seiten 27 bis 74 folgende Anträge des Klägers festgehalten hat:

1. Negativer Feststellungsantrag dahin, dass die (soeben vom Senat genannten) Kündigungen der Beklagten die zwischen den Parteien bestehenden Mobilfunk-Vertragsverhältnisse mit den im Tatbestand auf den Seiten 27 - 50 genannten 508 Rufnummern nicht beendet haben.

2. Hilfsweise - für den Fall, dass der Antrag 1.) erfolglos bleibt - Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 326.440,02 EUR nebst Zinsen (Blatt 50 unten/51 oben des Urteils).

3. Hilfsweise - für den Fall, dass der soeben genannte Hilfsantrag keinen Erfolg hat - Feststellung, dass der Kläger einen Anspruch auf Zahlung des Guthabens in Höhe von 224.840,02 EUR hat (Blatt 51 oben des Urteils).

4. Feststellung, dass Guthaben im Rahmen der Mobilfunk-Vertragsverhältnisse mit den (auf Blatt 51/74 des Urteils genannten) 508 Rufnummern an den Kläger vollständig auszuzahlen sind, wenn das zugrundeliegende Vertragsverhältnis beendet wird.

Das Landgericht hat dem Antrag 1.) stattgegeben, d. h. festgestellt, dass die Kündigungen der Beklagten die 508 (im Tenor auf Blatt 1/24 mit den Rufnummern aufgezählten) Vertragsverhältnisse nicht beendet haben; entsprechend hat das Landgericht über die Anträge 2.) und 3.) (Hilfsanträge) nicht entschieden. Den Antrag 4.) hat das Landgericht abgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie rügt die Überlegungen des Landgerichts zur Frage, dass und warum eine ordentliche Kündigung vorliegend nicht möglich sei (wendet sich aber nicht gegen die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass und warum die außerordentliche Kündigung vom 31.03.2017 - gemäß aus Blatt 70/74 d. A. ersichtlichen Schriftsatz von diesem Tag - unwirksam sei).

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

III. Ergänzend und vertiefend (und dabei zum Teil auch wiederholend) hat der Senat folgende weitere Feststellungen getroffen:

1. Zum Antrag 2.) (Zahlung von 326.440,02 EUR nebst Zinsen):

a) Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einem Teilbetrag in Höhe von 224.840,02 EUR (Stand der Guthabenkonten des Klägers) und einem Teilbetrag in Höhe von 101.600,00 EUR (behaupteter Sammlerwert, da jeder der 508 SIM-Karten ein solcher Wert in Höhe von 200,00 EUR zukomme).

b) Hinsichtlich der Guthabenkonten ist jetzt insbesondere Folgendes unstreitig:

1) Der Stand dieser Konten wird beeinflusst durch vom Kläger veranlasste Einzahlungen, Aufladungen (und den Stand, den diese Konten aufwiesen,...

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