Entscheidungsstichwort (Thema)

Doppelte Haushaltsführung. Telefonkosten als Werbungskosten auch bei Familienheimfahrten. Einkommensteuer 1990

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.11.1996; Aktenzeichen VI R 48/96)

 

Tenor

Die Einkommensteuer 1990 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 1993 und Änderung des Einkommensteuerbescheides 1990 vom 3. Februar 1992 auf 33.860 DM herabgesetzt.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Telefonkosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist seit Mai 1988 als Richter am Bundesgerichtshof in K. tätig; seine Ehefrau ist Richterin am Oberlandesgericht C. Im Streitjahr 1990 bezogen beide Kläger u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Seit Oktober 1988 bewohnen die Eheleute mit ihrem 1983 geborenen Sohn ein Einfamilienhaus in C. Der Kläger wohnt während seines Aufenthalts in K. in einem möblierten Appartement mit Telefonanschluß. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung fährt er nur an etwa jedem zweiten Wochenende nach C. zu seiner Familie.

Im Jahr 1990 unternahm der Kläger 17 Familienheimfahrten und wurde an vier weiteren Wochenenden von seiner Familie in K. besucht. Während der übrigen Zeit führte er Telefongespräche mit seiner Ehefrau und seinem Sohn, über die er Aufzeichnungen fertigte. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte er bei den Werbungskosten im Rahmen der Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung unter anderem die Berücksichtigung dieser Telefonkosten, die sich – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – auf 1.200 DM beliefen.

Das beklagte Finanzamt (FA) erkannte mit Einkommensteuerbescheid 1990 nur Telefonkosten in Höhe von 300 DM als Werbungskosten an. Dabei berücksichtigte es als notwendige Mehraufwendungen ein 15 minütiges Telefongespräch für die Wochen, in denen der Kläger keine Familienheimfahrten unternahm. Hieraus errechnete es nach dem billigsten Tarif einen Gebührenanteil in Höhe von insgesamt 144,99 DM und schätzte die anteilig darauf entfallenden Grundgebühren auf 155,01 DM.

Dagegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage.

Die Kläger vertreten die Auffassung, im Rahmen doppelter Haushaltsführung seien nicht nur die Telefonkosten als Werbungskosten zu berücksichtigen, die den zur Mitwirkung am Familienhaushalt erforderlichen Informationsaustausch beträfen. Vielmehr müßten auch solche Aufwendungen Berücksichtigung finden, die der Pflege der persönlichen Gemeinschaft, insbesondere der Ehe und der Beziehung zum Kind dienten. So sei auch § 9 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zu verstehen, denn der Sinn einer Familienheimfahrt liege regelmäßig darin, über organisatorische Fragen hinaus die persönliche Gemeinschaft zu pflegen.

Zudem sei die der Entscheidung des FA zugrundeliegende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) überwiegend auf Fälle zugeschnitten, in denen sich der Steuerpflichtige lediglich vorübergehend für einige Wochen berufsbedingt außerhalb des Familienwohnsitzes aufhalten müsse. Im vorliegenden Fall handele es sich demgegenüber aber um eine dauerhafte Trennung bis zur Pensionierung des Klägers. Die Nichtberücksichtigung der weiteren Telefonkosten verstoße ferner gegen Art. 6 Grundgesetz.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 3. Februar 1992 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 1993 die Einkommensteuer 1990 soweit herabzusetzen, wie sie sich unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 900 DM ergibt.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Meinung, die Frage nach der Notwendigkeit der Telefongespräche sei losgelöst von den subjektiven Vorstellungen der Kläger dahingehend zu beantworten, daß im Rahmen der doppelten Haushaltsführung in der Regel nur die Kosten eines fünfzehnminütigen Telefongesprächs wöchentlich sowie anteilige Grundgebühren berücksichtigt werden könnten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst den dazu überreichten Anlagen, den Inhalt der Steuerakten sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 22.02.1996.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die bislang vom FA nicht anerkannten weiteren 900 DM Telefonkosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen, denn auch insoweit handelt es sich um notwendige Mehraufwendungen, die dem Kläger wegen einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung entstanden sind.

1. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 4 EStG alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlaßt sind (BFH-Beschluß vom 28.11.1977 Großer Senat 2–3/77, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1978, 105; BFH-Urteil vom 20.11.1979 VI 25/78, BStBl I...

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