Rz. 51

Anwesenheitsprämien sollen die pünktliche und ständige Anwesenheit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz sicherstellen und werden auf einzel- oder tarifvertraglicher Basis laufend gezahlt. Ihrem Zweck entsprechend werden sie gekürzt oder entfallen ganz, wenn der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint.[1]

Jedoch kann eine Anwesenheitsprämie, deren Zweck es ist, die Arbeitnehmer zu motivieren, die Zahl der Fehltage möglichst gering zu halten, ihren Zweck nur erreichen, wenn sie auf künftige Fehltage abstellt. Eine Regelung, die demgegenüber auf vor dem Bekanntwerden der Regelung liegende Fehltage abstellt, kann ihren Zweck nicht erreichen und ist grundsätzlich unwirksam.[2]

Da es sich bei Anwesenheitsprämien regelmäßig um laufend gezahlte Prämien handelt, gehören sie grundsätzlich zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt.[3] Werden Anwesenheitsprämien dagegen nur einmal im Jahr oder in mehrmonatigen Abständen gezahlt, so sind sie im Fall von Arbeitsunfähigkeit nicht fortzuzahlen, weil sich die Anordnung der Entgeltfortzahlung nicht auf Arbeitsentgelt bezieht, das für andere Zeitspannen berechnet und gezahlt wird.[4]

Anwesenheitsprämien können in Tarifverträgen vereinbart werden.[5] Dem BAG zufolge[6] ist jedoch auch eine vertragliche Vereinbarung nicht unwirksam, nach der eine vom Arbeitgeber freiwillig gewährte Weihnachtsgratifikation durch Krankfeierzeiten und Fehlzeiten gemindert werden kann. Das gilt auch insoweit, als Fehlzeiten berücksichtigt werden, für die der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung zu gewähren hat. Eine solche Regelung stellt nach der genannten Rechtsprechung auch keinen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot in § 612a BGB dar.

Ausgestaltung und Handhabung einer vertraglichen Kürzungsvorschrift für Fehlzeiten unterliegen jedoch der richterlichen Kontrolle entsprechend § 315 BGB, d. h. also im Hinblick auf die Wahrung billigen Ermessens.[7]

 

Rz. 52

Anwesenheitsprämien fallen grundsätzlich unter den Begriff der Sondervergütung.[8] Durch die Vorschrift des § 4a EFZG hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.10.1996 die Möglichkeit von Vereinbarungen über die Kürzung von Sondervergütungen wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.[9]

[1] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 4 EFZG, Rz. 81; KassArbR/Vossen, 2. Aufl. 2000, 2.2, Rz. 349.
[2] BAG, Urteil v. 26.10.1994, 10 AZR 482/93, NZA 1995, 266, DB 1995, S. 830, AP Nr. 18 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie.
[3] BAG, Urteil v. 4.10.1978, 5 AZR 886/77, DB 1979, S. 797, BB 1979, S. 1199, AP Nr. 11 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie.
[4] BAG, Urteil v. 19.5.1982, 5 AZR 466/80, DB 1982, S. 2190, BB 1982, S. 2185, AP Nr. 12 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie.
[6] BAG, Urteil v. 15.2.1990, 6 AZR 381/88, NZA 1990, 601, DB 1990, S. 1416, AP Nr. 15 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie; BAG, Urteil v. 26.10.1994, 10 AZR 482/93, NZA 1995, 266, DB 1995, S. 830, AP Nr. 18 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie.
[7] BAG, Urteil v. 15.2.1990, 6 AZR 381/88, NZA 1990, 601, DB 1990, S. 1416, AP Nr. 15 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie.
[9] Vgl. hierzu Zimmermann, § 4a, Rz. 1 ff.

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