Zusammenfassung

 
Überblick

HR hat in vielen klassischen Organisationen eine schwere Hypothek und keinen guten Leumund. Die dortigen Personal- und Führungsinstrumente werden oft als hinderlich für das operative Geschäft empfunden und HR-Projekte gelten als administrative Bremsklötze für andere Abteilungen und Prozesse.

Mindestens ein Fünkchen Wahrheit dürfte in dieser Wahrnehmung stecken, wobei sich mancherorts dieses Fünkchen schon zum veritablen Flächenbrand ausgebreitet hat. Zumindest muss man sich die Frage stellen, ob die HR-Bereiche mit ihrem Handeln und mit ihrer Strategie Agilität eher fördern oder behindern und damit eher Katalysatoren der organisationalen Trägheit sind. Liefern die bestehenden Personalinstrumente tatsächlich echten Kundennutzen oder sind sie nur steter Quell von Unmut und Unzufriedenheit? Hier wird das Selbstbild der HR-Bereiche vom Fremdbild der Fachbereiche durchaus abweichen.

1 Warum klassische HR-Instrumente Agilität verhindern

Was in HR-Bereichen in jedem Fall stattfinden sollte, ist ein radikales Umdenken. Vom bisherigen "Inside-Out"-Denken mit einem selbstzentrierten Fokus zum "Outside-In". Mit der Outside-In-Perspektive wird auch hier der Kunde in den Mittelpunkt der strategischen Überlegungen gestellt und die Handlungen werden danach ausgerichtet, wie diesem der größtmögliche Nutzen zuteilwerden kann.

Dabei verändert sich vor allem der Kundenbegriff. Wenn wir von den Kunden von HR aktuell reden, beziehen wir uns in der Regel auf die Fachbereiche und Mitarbeiter, auf die HR wiederum seine Bestrebungen ausrichtet. Jedoch sorgt HR bei der Ausrichtung auf die internen Kunden lediglich für das Wohlbefinden innerhalb des eigenen Organisationsbereichs[1]. Um eine agile und kundenzentrierte Organisation zu schaffen, stellt sich die Frage, wie HR mitsamt der HR-Instrumente neben dem eigentlichen Kernbereich eine kundenzentrierte Ausrichtung der Gesamtorganisation stärken können. Welchen Wertbeitrag liefert HR für den Endkunden? Welchen Nutzen schaffen sämtliche HR-Instrumente für den Endkunden?

Mit dieser Perspektive gilt es für HR nun, die herkömmlichen Personalinstrumente zukünftig neu zu denken und zu nutzen, da die agile Welt andere Anforderungen stellt als jene, denen HR mit den bisherigen Instrumenten begegnen konnte. Während in klassischen Umfeldern langfristige Wasserfallplanungen auch den Einsatz längerfristig ausgelegter Personalinstrumente rechtfertigen konnten, sind in den kurzen Planungszyklen der agilen Welt jene typischen HR-Instrumente wie etwa einmal jährlich stattfindende Mitarbeiterjahresgespräche eher kontraproduktiv.

[1] Vgl. Ulrich, Dave; Younger, Jon; Brockbank, Wayne; Ulrich, Mike (2012): HR from the outside in: the next era of human resources transformation. New York, https://en.wikipedia.org/wiki/McGraw-Hill.

2 Personalentwicklung und Karriere

Im agilen Kontext setzt man bewusst auf kurzfristige Planungen, um auf unvorhersehbare Ereignisse schneller reagieren zu können. Hierzu passen langfristig ausgelegte individuelle Zielvereinbarungen aus Mitarbeiterjahresgesprächen nicht mehr. Sie fördern die Ausrichtung auf eine Hierarchie und behindern das Denken und Handeln in Richtung des Kunden[2]. Eine bessere Alternative würde stattdessen der kontinuierliche Mitarbeiterdialog darstellen, der deutlich flexibler an den aktuellen Gegebenheiten ausgerichtet werden kann. Mitarbeitergespräche und sich daraus ergebende Zielvereinbarungen sollten daher im agilen Kontext in einer deutlich höheren Frequenz bzw. mit einem enger gefassten zeitlichen Fokus durchgeführt bzw. vereinbart werden, insbesondere weil sie einen partizipativeren Charakter haben.

Leistungsbeurteilungen, die bisher im Zusammenhang mit Mitarbeiterjahresgesprächen standen, werden davon nahezu komplett entkoppelt und erfahren insgesamt eine Neuausrichtung. In agilen Organisationen werden Mitarbeiter zusätzlich von den Personen beurteilt, die durch tagtägliche Zusammenarbeit das genaueste Bild von der tatsächlichen Leistung haben, nämlich von den Kollegen aus dem Team. Darüber hinaus erfolgen die Leistungsbeurteilungen deutlich häufiger und im Sinne von Feedbackrunden, sodass offen und transparent damit umgegangen werden kann. Die Mitarbeiter sind nicht nur eingeladen, gegenüber ihren Team-Kollegen oder Führungskräften Feedback einzubringen, sondern können auch aktiv Anregungen einbringen.

Status und Hierarchie, 2 für klassische Organisationen charakteristische Aspekte, spielen im agilen Kontext nur noch untergeordnete Rollen. Diese fördern letztlich nur die Fokussierung auf sich selbst, die eigene Organisation und deren strukturelle Ausgestaltung und verlieren die wesentlich wichtigere Ausrichtung am Kunden aus dem Blick. Aus diesem Grund bedarf es der Anpassung der bisherigen Karrieremodelle, die noch einen starken Fokus auf diese beiden Kriterien legen. Anstatt dessen sollten Unternehmen den Versuch unternehmen, Fach- sowie Führungslaufbahnen parallel und gleichberechtigt nebeneinander zu etablieren und den Mitarbeitern auf ihren Karrierewegen Wahlmöglichkeiten einräumen. Nicht jeder Fachexperte kann und möchte auch...

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