Seit der 2019 weiterentwickelten Ausbildung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit wird ein deutlich ganzheitlicheres Verständnis für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit vermittelt.[1]

Sowohl der Schutzaspekt mit dem Ziel der Vermeidung jeglicher Gesundheitsschäden, als auch die Förderung der Gesundheit durch Stärkung der betrieblichen und individuellen Ressourcen wird gleichrangig gesehen. Das erfordert einen erweiterten Blick auf die vielfältigen Wechselwirkungen, in denen der Mensch innerhalb seines Arbeitslebens steht.

Konkret kann dies bedeuten:

  • Eine systemisch angelegte Beurteilung der möglichen gesundheitlichen Einwirkungen der Arbeitsumgebung und Einsatz entsprechender Schutzmaßnahmen.
  • Die Berücksichtigung der individuellen Leistungsvoraussetzungen des Menschen. Sie entscheiden über den Grad von Belastung und Beanspruchung (körperlich, geistig, emotional) und spiegeln seine persönliche Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft wider.
  • Die Erfassung, Förderung, Weiterentwicklung der zur Verfügung stehenden individuellen Ressourcen (betriebsintern/extern) des Einzelnen. Je passgenauer Anforderungen und Ressourcen in Übereinstimmung gebracht werden können, desto menschengerechter und gesünder kann Arbeit gestaltet werden. Die Beurteilung psychischer Belastungsfaktoren bei der Gefährdungsbeurteilung ist dabei unerlässlich. Abb. 5 skizziert ohne Anspruch auf Vollständigkeit Maßnahmen, die Mitarbeiterbindung und zugleich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit fördern.

    Abb. 5: Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung sowie Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

In jedem dieser Felder finden die Akteure für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Fachkraft für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte, Betriebspsychologen, Betriebsrat, Gesundheitsmanager, Personalabteilung etc.) Ansätze, Mitarbeiter-Commitment und Beschäftigungsfähigkeit zu sichern. Wie die Zahl der zu beteiligenden Akteure signalisiert, ist dabei ein interdisziplinäres Vorgehen notwendig.

Die Praxis zeigt, ohne einen Moderator oder eine Steuerungsfunktion gelingen solche ressortübergreifenden Vorgehensweisen nur bedingt. Diese Schnittstelle einzunehmen wäre eine lohnende, herausfordernde Aufgabe der Fachkraft für Arbeitssicherheit. Sie hat Expertise z. B. in der Bewertung des gesamten gesundheitsschädigenden Einwirkungsspektrums der Arbeit auf den Menschen (physisch wie psychisch), der Beurteilung seiner individuellen Ressourcen oder bei der Berücksichtigung der Einflussfaktoren seines außerbetrieblichen Umfelds. Durch den Ansatz einer ganzheitlichen Beurteilung der Arbeitsbedingungen sowie die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen beeinflusst die Fachkraft für Arbeitssicherheit automatisch viele Entscheidungen bzgl. der Arbeitsplatzgestaltung/-ausstattung, arbeits- und vertragsrechtlicher Gestaltungsformen, der Personalentwicklung, der Organisationsentwicklung, der Führungskultur etc.

Zugleich verlangt das hier Skizzierte einen erweiterten Blick auf das eigene Rollenverständnis der Fachkraft. Sie bleibt nicht mehr nur auf ihre angestammte Expertenrolle beschränkt, sondern wird Förderer und Mitgestalter einer für alle Beteiligten attraktiven, gesundheits- und motivationsfördernden Unternehmenskultur.

Viele der kleinen und mittleren Unternehmen setzen heute externe Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder Sicherheitsingenieure ein. Je nach dem eigenen Selbstverständnis kann man in dieser Beratungsfunktion nur ein Pflichtprogramm abspulen oder aber aufgrund der Einblicke in die verschiedensten Bereiche des Betriebs, der notwendigen Prozessanalysen sowie einer zielgerichteten Mitarbeiterkommunikation auf eher verdeckte Mängel, Problemstellungen oder Konflikte aufmerksam machen und Lösungen anbieten. Damit wird nicht nur das eigene Expertentum den Auftraggebern gegenüber sichtbarer, je nach Lösungsmaßnahmen können so auch zusätzliche Leistungsangebote generiert werden.

[1] Vgl.: Weiterentwickelter Ausbildungslehrgang für Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Sifa: Weiterentwicklung (dguv.de).

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