Das BAG entschied im Dezember 2019 einen Fall, der polemische Aussagen einer Arbeitnehmerin über ihren Vorgesetzten zum Gegenstand hatte. Es stellte zwar heraus, dass eine Schmähkritik aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG herausfällt.[1] Das Gericht kam dennoch zu dem Ergebnis, dass die Bezeichnung "unterbelichteter Frauen- und Ausländerhasser" keine Schmähkritik sei, weil noch ein Sachbezug bestehe. Für diese Sichtweise bezog sich das BAG auf den Kontext der Äußerung.

Die Arbeitnehmerin äußerte sich, nachdem sie sich per E-Mail an den Vorstandsvorsitzenden wandte und unter anderem davon sprach, dass "kein Jude in diesem Land jemals solche seelischen Qualen erleiden musste" wie sie; das Unternehmen sei voll mit Intrigen. Ferner wandte sie sich in einer anderen E-Mail an ihren Vorgesetzten und warf ihm Mobbing, Bossing, unberechtigte Kritik und unsachliche und leere Bemerkungen vor, die nur den Zweck hätten, ihr das Leben zur Hölle zu machen. Diese E-Mail schickte sie an 12 weitere Mitarbeiter. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis.

Das BAG entschied, dass die Kündigung sich mit der Begründung des vorinstanzlichen LAG nicht sozial rechtfertigen lasse gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG.Die soziale Rechtfertigung verlange, dass der Arbeitnehmer mit seinem Verhalten seine vertraglichen Pflichten so stark verletzt hat, dass eine dauerhafte störungsfreie Vertragserfüllung nicht mehr zu erwarten sei.[2] Zwar müsse der Arbeitgeber grob unsachliche Angriffe, die die Position eines Vorgesetzten untergraben können, nicht hinnehmen.[3] Dennoch seien die Aussagen der Arbeitnehmerin nicht als Schmähkritik aufzufassen, weil sie nicht allein darauf abzielten, die adressierte Person zu diffamieren. Im Kern gehe es darum, wahrgenommene Missstände anzuprangern.[4] Eine Kündigung lasse sich nicht rechtfertigen, wenn für den Arbeitnehmer günstigere Deutungen der Äußerung ohne Begründung unberücksichtigt blieben.[5] Angesichts der Schärfe der Wortwahl ließe sich indes auch die Ansicht vertreten, der Sachbezug gehe in der herabwürdigenden Diffamierung der Person unter.

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