Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld Plus nach dem 14. Lebensmonat. durchgehender Bezug ab dem 15. Lebensmonat. Inobhutnahme des Kindes durch das Jugendamt. § 4 Abs 1 S 2 BEEG aF. keine teleologische Reduktion. keine analoge Anwendung der Regelung zu Adoptivkindern. Anspruchserhalt nach § 1 Abs 5 BEEG. keine vorübergehende Unterbrechung bei mehr als 3 Monaten. wichtiger Grund. Verantwortung der Eltern für unklare Verletzungen des Kindes. Härtefall. Verfassungsrecht. Gleichheitssatz. Schutz der Familie

 

Leitsatz (amtlich)

Elterngeld Plus steht Eltern nach dem 14. Lebensmonat des Kindes nur zu, wenn es ab dem 15. Lebensmonat in aufeinander folgenden Lebensmonaten von zumindest einem Elternteil in Anspruch genommen wird. Gelangt ein leibliches Kind erst nach dem 15. Lebensmonat zurück in den Haushalt der Eltern und war der Elterngeldbezug zuvor längere Zeit unterbrochen, kann daher kein Elterngeld Plus mehr beansprucht werden. Das BEEG enthält für eine solche Konstellation keine Härtefallregelung. Auch eine Gleichsetzung mit Adoptiv- oder Adoptionspflegeeltern, welche ab Aufnahme des Kindes in den Haushalt Elterngeld beanspruchen können, ist in dieser Konstellation nicht angezeigt.

 

Orientierungssatz

1. Die mit der Anwendung des § 4 Abs 1 S 2 BEEG aF (jetzt: § 4 Abs 1 S 4 BEEG) im Einzelfall verbundenen Härten führen nicht zu einem Verfassungsverstoß.

2. Ein Anspruchserhalt nach § 1 Abs 5 BEEG setzt eine vorübergehende Unterbrechung der Betreuung und Erziehung aus einem wichtigen Grund voraus. Eine Inobhutnahme des Kindes durch das Jugendamt wegen Verletzungen mit unklarem Verursacher liegt allerdings im Verantwortungsbereich der Eltern und stellt keinen wichtigen Grund dar.

3. Zudem kann eine zu erwartende Unterbrechung von mehr als 3 Monaten nicht mehr als vorübergehend iS des § 1 Abs 5 BEEG gewertet werden.

4. Die Unterschrift des anderen Elternteils im Elterngeldantrag mit bundeseinheitlichen Formularen dient nur dem Zweck der Kenntnisnahme vom Antragsinhalt (§ 7 Abs 3 S 1 BEEG) und kann nicht als eigener Elterngeldantrag ausgelegt werden.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger und Berufungskläger (im Folgenden nur: Kläger) begehrt Elterngeld für den 17. bis 20. Lebensmonat seines Kindes.

Der am ... 1984 geborene Kläger ist der leibliche Vater des am ... 2015 geborenen Kindes L. Er und die Kindesmutter haben das gemeinsame Sorgerecht. Sie lebten nach der Geburt des Kindes in einem Haushalt in W.. Das Kind befand sich nur bis zum 26. Oktober 2015 im gemeinsamen Haushalt.

Die Kindesmutter beantragte Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes. Der Kläger unterschrieb diesen Antrag mit. Die beklagte Elterngeldstelle (im Folgenden: Beklagte) gewährte der Kindesmutter Elterngeld, stellte die Zahlung aber nach dem 3. Lebensmonat des Kindes ein, weil das Kind nur bis zum 26. Oktober 2015 mit dem Kläger und der Kindesmutter in einem Haushalt lebte. Ab dem 26. Oktober 2015 befand sich das Kind im Krankenhaus und gelangte, nachdem das Jugendamt es ab dem 6. November 2015 rechtlich in seiner Obhut hatte, zunächst in eine Pflegefamilie. Das Amtsgericht W. entzog der Kindesmutter mit Beschluss vom 19. November 2015 vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht und übertrug es dem Kläger, gab ihm aber gleichzeitig auf, das Kind in die Obhut seiner Eltern zu geben. In einem Termin bei dem Amtsgericht W. am 29. November 2016 einigten sich das Jugendamt sowie die Eltern des Kindes darauf, dass das Kind zukünftig in der Obhut des Klägers leben und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben solle. Das Amtsgericht genehmigte die Vereinbarung. Der Kläger nahm das Kind ab dem 1. Dezember 2016 in seinen Haushalt auf. Am 6. Dezember 2016 hat er es als seit dem 1. Dezember 2016 bei ihm wohnend gemeldet.

Sein Arbeitgeber gewährte dem Kläger ab dem 1. Dezember 2016 Elternzeit ab dem 7. Dezember 2016 bis 6. April 2017 und stellte ihn entsprechend frei.

Am 1. Dezember 2016 beantragte der Kläger, zunächst ohne die Unterschrift der Kindesmutter beizubringen, bei der Beklagten einkommensabhängiges Elterngeld für den Zeitraum vom 7. Dezember 2016 bis zum 6. April 2017, d.h. den 17. bis 20. Lebensmonat seines Kindes. Er habe sein Kind in seinen Haushalt aufgenommen und werde in dem Leistungszeitraum Elternzeit nehmen. Er werde keine Erwerbstätigkeit ausüben und keine Einkünfte erzielen. Die Unterschrift der Kindesmutter reichte er später nach.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von Elterngeld ab (Bescheid vom 29. Dezember 2016). Eine Zahlung von Elterngeld nach dem 14. Lebensmonat sei nur dann möglich, wenn das Elterngeld zumindest von einem Elternteil ab dem 15. Lebensmonat in aufeinanderfolgenden Lebensmonaten in Anspruch genommen werde. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Elterngeld sei durch die Kindesmutter lediglich bis zum 3. Lebensmonat des Kindes bezogen worden. Daher sei ein durchgängiger Bezug bis zum 17. Lebensmonat des Kindes nicht gegeben.

H...

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