Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsschutz eines Jagdgastes bei der Nachsuche

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Jagdgast steht bei der Nachsuche nach vom ihm selbst angeschossenen Wild auch dann nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn er die Nachsuche auf Verlangen und im Interesse des Pächters eines benachbarten Jagdgebiets wieder aufnimmt.

 

Normenkette

SGB VII § 4 Abs. 2 Nr. 1, § 2 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 Nr. 1; BJagdG § 1 Abs. 4, 3, § 22a Abs. 1; LJagdG Baden-Württemberg § 17 Abs. 2 Nr. 4

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Gerichtsbescheid vom 17.12.2002; Aktenzeichen S 7 U 77/02)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 17.12.2002 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger bei einem Jagdunfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat.

Der 1966 geborene Kläger schoss am 15.11.2000 gegen 21:20 Uhr als Jagdgast der Jagdpächter des Jagdreviers B., den Herren W. B., H. S. und K. H., ein Wildschwein an, ohne es zu erlegen. Noch in der Nacht begab er sich mit dem Jagdhund des Herrn B. auf die Nachsuche, die er aber nach zirka 500 m als erfolglos abbrach. Am nächsten Morgen wurde der Kläger, nachdem er seine übliche Tätigkeit als Betriebswirt wieder aufgenommen hatte, von Herrn B. sowie dem Mitpächter des Nachbarreviers, Herrn O. B., aufgefordert, die Nachsuche erneut aufzunehmen. Diese wurde durch den Kläger, Herrn P. B. sowie den Hundeführer H. F. durchgeführt. Die Nachsuche erstreckte sich auch auf das Nachbarrevier des Herrn B., der seine Genehmigung zur Nachsuche in seinem Revier erteilt hatte. Dort wurde der Kläger gegen 11:00 Uhr von dem angeschossenen Wildschwein angegriffen und am linken Bein schwer verletzt. Der Kläger erlitt eine Fraktur der proximalen Fibula links und eine Lähmung des Nervus peronaeus communis links. Die Fussheberfunktion ist bis heute nicht wieder vorhanden.

Mit Schreiben vom 22.7.2001 teilte Herr B. auf Anfrage der Beklagten mit, der Kläger habe als sein Jagdgast das Schwarzwild beschossen und es am folgenden Vormittag mit einem erfahrenen Hundeführer und einem Jäger des Nachbarreviers nachgesucht.

Mit Bescheid vom 5.9.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen anlässlich des Unfalls vom 16.11.2000 ab, da sich der Kläger am Unfalltag als Jagdgast im Revier des Jagdunternehmers aufgehalten habe und als solcher versicherungsfrei gewesen sei.

Hiergegen legte der Kläger am 24.9.2001 Widerspruch ein, den er damit begründete, für ihn sei die Angelegenheit nach der Nachsuche am 15.11.2000 erledigt gewesen. Eine Verpflichtung zur Nachsuche habe ihn nicht getroffen, zumal er am Unfalltag habe arbeiten müssen. Es sei davon auszugehen, dass er am 16.11.2000 als Jagdhelfer der Jagdpächter tätig geworden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.2.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Das Sozialgericht Koblenz hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 17.12.2002 abgewiesen. Hierzu hat es dargelegt, der Kläger sei gemäß § 4 Absatz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) als Jagdgast versicherungsfrei gewesen. Unter Berücksichtigung des § 1 Absatz 4 Bundesjagdgesetz gehöre die Nachsuche durch den Schützen zur Jagdausübung und sei damit auch der üblichen Tätigkeit eines Jagdgastes zuzurechnen. Auch auf Grund des Tierschutzgesetzes sei der Kläger zur Nachsuche verpflichtet gewesen. Unerheblich sei dabei, ob sich die Nachsuche auf ein Nachbarrevier erstreckt habe und ihn die Jagdpächter mit der Nachsuche beauftragt oder ihn lediglich auf seine eigene Verpflichtung hierzu aufmerksam gemacht hätten. Jedenfalls sei eine eigene Verpflichtung des Klägers zur Nachsuche anzunehmen.

Gegen den am 20.12.2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.1.2003 Berufung eingelegt.

Zu deren Begründung macht er geltend, aus § 1 Absatz 4 Bundesjagdgesetz ergebe sich lediglich die Beschreibung der Jagdausübung, keinesfalls aber die Pflicht zur Durchführung der Nachsuche. Hier könnten allenfalls die allgemein anerkannten Grundsätze der deutschen Waidgerechtigkeit gemäß § 1 Absatz 3 Bundesjagdgesetz herangezogen werden. Der Hinweis des Sozialgerichts, dass die Nachsuchpflicht primär dem Schützen obliege, habe keinerlei rechtliches Fundament. Diese Pflicht ende, wenn der Jagdgast die Nachsuche mit der erforderlichen Intensität betreibe. Bei einer Nachsuche von 500 m müsse davon ausgegangen werden, dass der Jagdgast selbst alles getan habe, um den Grundsätzen der deutschen Waidgerechtigkeit nachzukommen. Mit der Nachsuche am nächsten Tag habe er als Jagdgast nichts mehr zu tun gehabt. Seine Eigenschaft als Jagdgast sei am Vorabend beendet gewesen. Am 16.11.2000 habe er einen eindeutigen Auftrag des Jagdpächters bekommen, wodurch er vom Jagdgast zum Jagdhelfer geworden sei. Auch aus dem Tierschutzgesetz ergäben sich keine weitergehenden...

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