Wildunfälle: Wie Autofahrer sich richtig verhalten

Wildunfälle häufen sich gerade in der kalten Jahreszeit. Aber auch während des Rests des Jahres ist das Risiko für Autofahrer groß: Alle zweieinhalb Minuten passiert auf Deutschlands Straßen ein Wildunfall, über 2.500 Menschen werden dadurch jährlich verletzt oder sogar getötet. Wie kann man auf Arbeitsfahrten Wildunfälle vermeiden? Und wenn sie doch passieren: Was ist nach einem Unfall zu tun?

2020 gab es rund 270.000 Wildtierunfälle in Deutschland. Die meisten Unfälle passierten dabei mit einem Reh (ca. 200.000) oder einem Wildschwein (ca. 35.000). Insgesamt liegt die Zahl an Wildunfällen (wenn Unfälle mit Federwild wie Fasanen, Kranichen oder Rebhühnern mit einberechnet werden) nach Statistiken der Versicherungsträger bei fast 300.000. Der Deutsche Jagdverband (DJV) geht sogar von einer viel höheren Dunkelziffer aus und schätzt, dass jährlich über eine Million Wildtiere bei Autounfällen sterben.

Was genau ist ein Wildunfall?

Nicht bei jedem Unfall mit einem „wilden Tier“ handelt es sich um einen Wildunfall. Denn der Gesetzgeber unterscheidet zwischen Wildtieren bzw. Wild einerseits und wildlebenden Tieren andererseits. Als Wild gelten alle Landwirbeltiere, also Säugetiere und Vögel, die bejagt werden können. Dazu gehören bei den Säugetieren (auch Haarwild genannt) Reh-, Rot-, Muffel-, Dam- und Schwarzwild. Aber auch Hasen, Dachse, Marder, Waschbären oder Füchse sind in diesem Sinne Wild. Bei den Vögeln (Federwild) sind das vor allem Fasane, Reb- und Haselhühner, Gänse oder Enten.

Alle anderen Tiere, die nicht bejagt werden und damit nicht dem Jagdrecht unterliegen, sind lediglich „wild lebende Tiere“. Ein Unfall mit ihnen (beispielsweise ein überfahrener Igel) wird vom Gesetzgeber daher nicht als Wildunfall betrachtet. Dies gilt auch für alle Haus- und Nutztiere wie Hunde, Katzen, Schafe oder Kühe.

Wann und wo ist die Gefahr am größten?

Die gefährlichste Zeit für Autofahrer ist zwischen Oktober und März, wenn es früher dunkel ist als im Rest des Jahres. Insbesondere in den Morgen- und Abendstunden haben die Autofahrer dann schlechte Sicht und erkennen die Tiere daher zumeist erst im letzten Augenblick. Im Herbst und Winter kommt hinzu, dass dann Rotwild, Damwild und Wildschweine gleichzeitig ihre Paarungszeit haben und „im Liebesrausch“ für den Autofahrer noch unberechenbarer werden. Alle Wildarten, vor allem aber Rehe und Wildschweine, nutzen während des ganzen Jahres die Morgen- und Abendstunden, um zur Äsung vom Wald in die umliegenden Felder zu ziehen. Diese Übergangsbereiche zwischen Wald und Feld sind daher  ganz besonders gefährliche Zonen für Autofahrer.

Wie man Wildunfälle vermeiden kann

Die wichtigste Regel ist natürlich: Auf Straßen, die entlang oder durch Wälder und Felder verlaufen, immer wachsam sein, vom Gas gehen und stets bremsbereit sein. Da alle Tiere, egal ob wild oder domestiziert, die Geschwindigkeit von Autos nicht abschätzen können, sollten Autofahrer schon in dem Moment abbremsen, wenn ein Tier auch nur in der Nähe des Straßenrandes zu sehen ist.

Viele Autofahrer denken, dass das Licht des Fernlichts die Wildtiere warnt. Dies ist ein Irrtum: Die Tiere werden vielmehr davon geblendet und bleiben wie angewurzelt stehen. Daher sollte, wenn es die Lichtverhältnisse zulassen, das Fernlicht ausgeschaltet werden und stattdessen die Hupe betätigt werden, denn Tiere werden insbesondere durch Lärm verscheucht.

Wie man schwere Kollisionen vermeidet

Wenn es für das Bremsen schon zu spät ist, sollte der Autofahrer im Zweifelsfall sein eigenes Leben und das seiner Beifahrer schützen und den Tod des Tieres in Kauf nehmen. Daher sollte er auf keinen Fall versuchen, auf den letzten Metern noch dem Tier auszuweichen, sondern das Lenkrad mit aller Kraft festhalten und in das Tier hineinfahren.

Ein Ausweichen würde das Auto nur zum Schleudern bringen und es gegen einen Baum prallen oder mit einem entgegenkommenden Auto kollidieren lassen. Zusätzlich könnte das getroffene Tier durch die Windschutzscheibe in das Wageninnere geschleudert werden und den Wageninsassen weiteren Schaden zufügen. Beim direkten Draufhalten dagegen werden selbst größere Tiere in der Regel unter das Auto gezogen oder aber vom Wagen weggeschleudert.

So verhält man sich nach einem Wildunfall

Ist es doch zu einem Wildunfall gekommen, dann gilt es, erst einmal die Ruhe zu bewahren und danach folgendermaßen vorzugehen:

  • Sofort die Warnblinkanlage einschalten, eine Warnweste anziehen und die Unfallstelle absichern. 
  • Ist das Tier tot, sollte es zur Vermeidung weiterer Unfälle an den Straßenrand gezogen werden. Das Tier darf aber nur mit Handschuhen angefasst werden, da die Gefahr einer Krankheitsübertragung sehr groß ist.
  • Die Unfallstelle muss auch dann abgesichert werden, wenn das Tier verletzt geflüchtet ist.
  • Liegt das Tier verletzt am Boden, darf man es auf keinen Fall anfassen und muss warten, bis die Polizei oder der bestellte Jäger am Unfallort erscheinen. Dies gilt besonders bei größeren Tierarten wie Wildschweinen, die für den Menschen gerade im verletzten Zustand besonders gefährlich werden können.
  • Die Polizei muss über den Unfall unverzüglich verständigt werden. In den meisten Bundesländern muss zusätzlich noch ein Jäger, der für das Revier verantwortliche Jagdausübungsberechtigte, gerufen werden.
  • Die Unfallstelle darf vor Ankunft der Polizei und des Jägers nicht verlassen werden.
  • Während der Beweis- und Spurensicherung unbedingt darauf achten, dass von der Polizei wirklich alle Schäden und Unfallspuren protokolliert werden.
  • Empfehlenswert ist es, vom verunfallten Wagen und der Unfallstelle eigene Fotos zu machen, um sie später der Versicherung einzureichen.
  • Von der Polizei oder dem Jäger erhält man nach der Beweis- und Spurensicherung vor Ort eine Wildschadenbescheinigung bzw. Wildunfallbescheinigung, die unbedingt der Versicherung übergeben werden muss. Ohne sie kann die Versicherung den Wildschaden am Wagen nicht überprüfen.
  • Der Unfallwagen sollte erst wieder gewaschen werden, nachdem die Versicherung den Fall abgeschlossen hat. Denn es kann zuvor immer der Fall sein, dass die Versicherung einen Gutachter schickt, um sich das Fahrzeug noch einmal gründlich anzusehen.
Schlagworte zum Thema:  Wegeunfall, Verkehrsunfall, Arbeitsschutz