Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Zahlung von Altersrente ohne Abzug der aufgrund eines Versorgungsausgleichs an den geschiedenen Ehegatten übertragenen Anwartschaften im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs

 

Orientierungssatz

1. Nach § 37 VersAusglG wird ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat. Die Anpassung wirkt ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folgt. Die Änderung des § 37 VersAusglG ist am 1. 9. 2009 in Kraft getreten.

2. Ist der Antrag auf ungekürzte Zahlung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Alterszeit erst nach dem 1. 9. 2009 gestellt worden, so ist der Rentenberechtigte nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe er den Anspruch auf Anpassung nach § 37 VersAusglG bereits zu einem früheren Zeitpunkt gestellt, wenn der Berechtigte ein konkretes Beratungsbegehren über die Rechtslage ab 1. 9. 2009 nicht gestellt hat, vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 39/01 R.

3. Für den Versicherungsträger besteht aufgrund des § 115 Abs. 6 SGB 6 nur dann eine Pflicht, die Versicherten auf Leistungen hinzuweisen, wenn die maßgeblichen Daten in dem bei ihm vorhandenen Datenbestand gespeichert sind. Erforderlich ist insoweit, dass aufgrund der gespeicherten Daten ein Anspruch des Versicherten auf Anpassung nach § 37 VersAusglG ermittelt werden kann. Sind Daten zur Dauer des Rentenbezugs des Ausgleichsberechtigten in dessen Rentenkonto nicht enthalten, so besteht auch keine Hinweispflicht des Versicherungsträgers nach § 115 Abs. 6 SGB 6, vgl. BSG, Urteil vom 09. Dezember 1997 - 8 RKn 1/97.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 17.02.2012 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung seiner Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit (im Folgenden: Altersrente) ohne Abzug der aufgrund eines Versorgungsausgleichs an seine geschiedene Ehefrau (im Folgenden: Ausgleichsberechtigte) übertragenen Anwartschaften ab in Kraft treten des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG) am 01.09.2009.

Der am 00.00.1936 geborene Kläger bezieht seit dem 01.08.1996 Altersrente. Diese wurde zunächst - trotz eines zu seinen Lasten im Jahr 1990 durchgeführten Versorgungsausgleichs (Entscheidung des Familiengerichts vom 18.01.1990, rechtskräftig geworden am 10.03.1990) - ungekürzt geleistet. Mit Bescheid vom 27.07.1999 berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers ab dem 01.10.1999 neu, da diese nunmehr um einen Versorgungsausgleich zu vermindern war. Die Ausgleichberechtigte verstarb am 18.09.2001. Einen Antrag des Klägers vom 28.09.2001 auf Rückübertragung der auf das Konto der Ausgleichsberechtigten übertragenen Anwartschaften nach § 4 Versorgungsausgleichs-Härteregelungsgesetz (VAHRG) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.11.2001 ab.

Mit Schreiben vom 09.06.2010, bei der Beklagten eingegangen am 10.06.2010, beantragte der Kläger bei der Beklagten die ungekürzte Auszahlung seiner Altersrente. In der ZDF-Sendung Frontal 21 am 08.06.2010 habe er erfahren, dass die gesetzlichen Regelungen zum Versorgungsausgleich geändert worden seien. Eine Rückübertragung sei nunmehr erst ausgeschlossen, wenn der Berechtigte für drei Jahre Rente erhalten habe. Mit Bescheid vom 30.06.2010 berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers ab dem 01.07.2010 neu. Der Rentenbetrag wurde nunmehr ohne Abzug der übertragenden Rentenanwartschaften berechnet. Der Zahlbetrag erhöhte sich zum 01.07.2010 um 520,74 EUR monatlich.

Der Kläger legte am 07.07.2010 Widerspruch ein und begehrte die Zahlung der ungekürzten Rente auch für die Zeit vom 01.10.2001 bis zum 30.06.2010. Von der Gesetzesänderung habe er keine Kenntnis gehabt. Er sei sich aber sicher gewesen, dass im Falle einer Änderung der rechtlichen Bestimmungen die Beklagte ihn darüber informieren werde. Im Laufe des Verfahrens machte er eine Nachzahlung nur noch für die Zeit ab September 2009 - ab dem in Kraft treten des VersAusglG - geltend.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die ungekürzte Altersrente sei zu Recht erst ab dem 01.07.2010 zur Auszahlung gebracht worden. Die Anpassung wegen Todes erfolge nur auf Antrag der ausgleichpflichtigen Personen und wirke ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folge. Eine rückwirkende Aussetzung der Kürzung sei nicht möglich. Es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte für einen Beratungsmangel. Zwar habe der Versicherungsträger von Amts wegen auf naheliegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, wenn sie klar zu Tage träten und als offensichtlich zweckmäßig erschienen. Dab...

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