Entscheidungsstichwort (Thema)

Wartezeit. Rente. Nachversungerung. Dienstunfähigkeit. Vorzeitiger Ruhestand. Beamter

 

Orientierungssatz

Nicht nachversicherte Zeiten einer Dienstunfähigkeit und eines entsprechenden Bezugs von Versorgungsleistungen sind bei einem vorzeitig in den Ruhestand getretenen Beamten im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (hier: Altersrente für besonders langjährig Versicherte) bei der Berechnung der Wartezeit weder nach den allgemeinen Vorschriften des SGB 6 direkt noch in analoger Anwendung zu berücksichtigen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Nachversicherungszeitraum i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ist der Zeitraum, in welchem eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne vorlag, der Nachzuversichernde also Beschäftigter war.

2. Nicht nachversicherte Zeiten einer Dienstunfähigkeit und eines entsprechenden Bezugs von Versorgungsleistungen sind bei einem vorzeitig in den Ruhestand getretenen Beamten im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (hier: Altersrente für besonders langjährig Versicherte) bei der Berechnung der Wartezeit weder nach den allgemeinen Vorschriften des SGB VI direkt noch in analoger Anwendung zu berücksichtigen.

 

Normenkette

SGB IV § 7 Abs. 1 Sätze 1-2; SGB VI § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, §§ 38, 51 Abs. 3a, § 55 Abs. 1, § 185 Abs. 2 S. 1, § 236b Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.05.2023; Aktenzeichen B 5 R 190/22 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der am 00.00.1952 geborene Kläger trat zum 01.10.1970 als Beamter in den Polizeidienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein; mit Ablauf des 31.08.1988 wurde er wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

Nachdem der Kläger durch das Urteil des Landgerichts Aachen vom 05.08.2013 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt worden war, stellte das Landesamt für Besoldung und Versorgung die Zahlung der Versorgungsbezüge ab der am 09.10.2013 eingetretenen Rechtskraft des Urteils ein. Für die Zeit seiner aktiven Dienstzeit, das heißt für die Zeit vom 01.10.1970 bis zum 31.08.1988, wurde der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert.

Am 09.12.2015 beantragte der Kläger eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 01.01.2016. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab und führte zur Begründung aus, er habe die Voraussetzungen nicht erfüllt, denn sein Versicherungskonto weise statt der für eine solche Rente erforderlichen 540 nur 239 Monate aus.

Mit seinem unter dem 30.06.2016 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, der Zeitraum, in welchem er als Ruhestandsbeamter Versorgungsbezüge wegen Dienstunfähigkeit bezogen habe, dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dieser sei zu Unrecht nicht nachversichert worden. Sofern eine Nachversicherung nicht möglich sei, müsse jedenfalls eine Berücksichtigung als beitragsfreie Zeit wegen Berücksichtigung einer Zurechnungszeit bei der Berechnung der Wartezeit für den Bezug der beantragten Altersrente erfolgen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 24.02.2017 zurück und führte aus, eine Nachversicherung erfolge nur für Beschäftigungszeiten, die in der gesetzlichen Rentenversicherung an sich versicherungspflichtig gewesen seien. Ab der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand sei der Kläger nicht mehr beschäftigt gewesen, so dass die Zeit im Ruhestand auch nicht nachversichert werden könne. Unabhängig davon, dass Zurechnungszeiten bei der Erfüllung der für die Gewährung einer Rente für besonders langjährig Versicherte notwendigen Wartezeit nicht berücksichtigt werden könnten, seien Zeiten des Erhalts von Versorgungsbezügen nach beamtenrechtlichen Vorschriften keine Zurechnungszeiten und begründeten auch keine Anrechnungszeiten.

Daraufhin hat der Kläger am 27.03.2017 Klage erhoben. Er meint, auch in der Zeit als Ruhestandsbeamter habe er sich in einem Dienstverhältnis als Polizist befunden; diese Zeit sei genauso wie die aktive Dienstzeit zu berücksichtigen. Die erhaltenen Versorgungsleistungen hätten einen Ersatz für das wegen Dienstunfähigkeit entgangene Arbeitsentgelt dargestellt. Personen, die Entgeltersatzleistungen erhielten, seien nach den Bestimmungen des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) regelmäßig versicherungspflichtig. Der Zeitraum vom 01.09.1988 bis zum 09.10.2013 sei daher nachzuversichern, jedenfalls aber bei der Wartezeit zu berücksichtigen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 04.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.01.2016 eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten und ergänzend vorgetragen, während des Bezugs der beamtenrechtlichen ...

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