Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten und Anrechnungszeiten nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit bzw vollen Erwerbsminderung. Beitrittsgebiet. Invalidenrentenbezug. Weiterbeschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei Renten, die nach § 302a SGB 6 als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze als Rente wegen Berufsunfähigkeit geleistet werden, setzt die Ermittlung von Entgeltpunkten für Zeiten nach Rentenbeginn gemäß § 75 Abs 3 SGB 6 voraus, dass seit dem Eintritt von Erwerbsunfähigkeit bzw voller Erwerbsminderung 20 Jahre Beitragszeiten vorhanden sind.

 

Orientierungssatz

Die tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung in gewisser Regelmäßigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hat überragenden Beweiswert für das Nichtvorliegen von Erwerbsunfähigkeit und führt dazu, dass vom Versicherten besondere Gründe für seine abweichende Auffassung anzuführen sind (vgl BSG vom 25.4.1990 - 5 RJ 68/88 = BSGE 67, 1 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 3).

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Dezember 2001 eine höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der 1942 geborene Kläger bezog im Beitrittsgebiet vom 29. April 1971 an eine Invalidenrente, weil er eine Querschnittlähmung erlitten hatte. Von Oktober 1971 bis Dezember 1996 war er als Biologe beschäftigt.

Zum 1. Januar 1992 wurde die bis dahin bezogene Invalidenrente gemäß § 302 a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit umgewandelt und wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze als Rente wegen Berufsunfähigkeit geleistet.

Mit Bescheid vom 10. April 1997 stellte die Beklagte die Rente unter Berücksichtigung der Vorschriften des SGB VI für die Zeit ab 1. Juli 1990 neu fest. Da die bisher gezahlte Summe aus Rente und Leistung aus der Zusatzversorgung - ab 1. Januar 1992 erhöht um 6,84 % - höher war als die monatliche Rente, wurde dieser Betrag weiter gewährt. Ausweislich des dem Bescheid als Anlage 2 beigefügten Versicherungsverlaufs wurden von April 1971 bis August 1998 329 Monat Zurechnungszeit angerechnet. Gegen den Rentenbescheid erhob der Kläger unter anderem mit der Begründung, es seien nicht alle Versicherungszeiten angerechnet worden, Widerspruch. Dem Widerspruchsvorbringen entsprach die Beklagte teilweise und erließ einen Rentenbescheid vom 11. November 1997. Zudem erging unter dem 22. Januar 1998 ein Bescheid über anerkannte Versicherungszeiten im Beitrittsgebiet. Im Folgenden wurde die Rente mit Bescheiden vom 26. Mai und 4. Dezember 1998 im Wesentlichen wegen geändertem Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis neu berechnet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 1999 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch im Übrigen zurück. Die Anrechnung der Zeit vom Eintritt der Invalidität 1971 bis Dezember 1991 als Beitragszeit nach § 248 Abs. 2 SGB VI könne nicht erfolgen, weil der Kläger nicht erwerbsunfähig im Sinne von § 44 Abs. 2 SGB VI - alter Fassung - sei. Von Oktober 1971 an sei er zunächst ununterbrochen in Vollzeit und seit 1984 im Umfang von 35 Stunden in der Woche berufstätig gewesen. Damit liege keine Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Gesetzes vor.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 29. April 1999 Klage erhoben. Während des Verfahrens hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 29. November 1999 nach Erschöpfung seines Anspruches auf Arbeitslosengeld ab 1. September 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit - als Vorschuss - bewilligt. Nach der diesem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung konnte dieser mittels Widerspruchs angefochten werden. Von der Beklagten wurde er aber mit dem Hinweis verlautbart, dass der Bescheid entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits geworden sei. Vom Kläger wurde gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt.

Während des Gerichtsverfahrens hat die Beklagte die dem Kläger vom 1. Juli 1990 bis 31. August 1999 gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit mit Bescheiden vom 23. Februar und 6. Dezember 2001 sowie die ab 1. September 1999 gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Bescheiden vom 9. Februar 2001 und 20. August 2002 neu festgestellt. Ausweislich des den Bescheiden beigefügten Versicherungsverlaufs wurde unverändert im Zeitraum von April 1971 bis August 1998 eine Zurechnungszeit angerechnet. Seit 1. Januar 2002 erhält der Kläger Altersrente für schwer behinderte Menschen, deren Berechnung auch unter Zugrundelegung von Pflichtbeiträgen im vorgenannten Zeitraum erfolgte.

Der Kläger hat sich im Folgenden nur noch gegen die Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente gewandt und geltend gemacht, die Beklagte habe lediglich die Berufsunfähigkeitsrente umge...

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