Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhinderungspflege im Ausland

 

Orientierungssatz

Zum Anspruch auf Verhinderungspflege im Ausland (hier: Schweiz).

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. April 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte dem Kläger für die Verhinderungspflege vom 02. bis 07. Januar 2005 € 98,98 zu zahlen hat.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger € 98,98 als Kosten einer Verhinderungspflege zu erstatten.

Der am 1966 geborene Kläger ist bei der Beklagten versichert. Er leidet an einer Cerebralparese mit Tetraspastik und an einer Harn- sowie Stuhlinkontinenz. 1990 wurde noch durch die Krankenkasse Schwerpflegebedürftigkeit des Klägers im Sinne der §§ 53 ff. a.F. des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) anerkannt. Auf seinen Antrag wurden ihm von der Beklagten mit Bescheid vom 17. März 1995 ab 01. April 1995 Leistungen nach der Pflegerstufe III i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) zuerkannt. Die Pflegestufe III wurde in der Folge anlässlich mehrerer Nachuntersuchungen bestätigt.

Am 07. Mai 2001 zog der Kläger, der bis dahin zu Hause gepflegt wurde, in ein Heim der vollstationären Behindertenpflege, das Wohnheim “Leben und Wohnen gGmbH„, um. Bis 31. Dezember 2004 erhielt er deshalb vom Landeswohlfahrtsverband Baden und nach Inkrafttreten der Verwaltungsreform ab 01. Januar 2005 vom Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Beklagte erbrachte zusätzlich Leistungen nach § 43a Satz 1 SGB XI und - da der Kläger an den Wochenenden und in Ferien sich bei seiner Familie aufhält - anteiliges Pflegegeld nach § 43a Satz 3 SGB XI.

Der Kläger nahm mehrfach an betreuten Reisen der “Diakonischen Initiative unbehindert miteinander leben„ (im Folgenden: Initiative) teil. Die Beklagte übernahm jeweils die dem Kläger dadurch entstandenen Kosten im Rahmen des § 39 SGB XI.

Am 16. Dezember 2004 beantragte er die Übernahme der Kosten für Verhinderungspflege in der Zeit vom 02. Januar 2005 bis 07. Januar 2005. Die Kosten für die Pflegeperson wurden mit € 450,00 beziffert. Die Verhinderungspflege sollte von der Initiative durchgeführt werden. Auf Nachfrage der Beklagten, wo die Freizeit stattfinde, teilte der Kläger mit, die Freizeit finde in Sornetan im Schweizer Jura statt. Am 29. Dezember 2004 informierte die Beklagte den Vater des Klägers telefonisch, dass Leistungen der Verhinderungspflege nicht erbracht werden könnten. Nach einer “Vereinbarung des Bundesversicherungsamtes und des Bundesausschusses für Pflege„ seien Leistungen der Verhinderungspflege im Ausland nicht zu erbringen. Hiergegen brachte der Verein für Menschen mit Körperbehinderung, Spastikerverein Kreis Lörrach e.V. (im Folgenden: Verein), in dem der Kläger und seine Familie Mitglied sind, mit Schreiben vom 30. Dezember 2004 vor, mit dem Ausschluss von Leistungen im Ausland sei nicht die Durchführung von Ferienreisen gemeint. In der grenznahem Region sei es schwierig, für pflegende Angehörige Plätze für die Kurzzeitpflege bzw. die Kurzzeitunterbringung der behinderten Familienangehörigen zu finden. Für die Anbieter solcher Leistungen bestehe die Schwierigkeit, geeignete Häuser für Gruppen von Menschen mit Körperbehinderung zu finden. Es sei deshalb sinnvoll, für die Durchführung solcher Maßnahmen auch Häuser in der Schweiz anzumieten.

Mit Bescheid vom 03. Januar 2005 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenübernahme mit der Begründung, Leistungen der Verhinderungspflege seien nicht ins Ausland exportierbar, ab. Der Kläger nahm an der Freizeit wie geplant teil und bezahlte den Betrag von insgesamt € 450,00.

Am 08. April 2005 ging bei der Beklagten eine Bestätigung der “Leben und Wohnen gGbmH„ vom 04. April 2005 ein. Darin wurde angegeben, dass der Kläger am 01. und 02. Januar und vom 07. bis 10. Januar 2005 (sechs Tage) zu Hause gepflegt worden sei. Für diese Tage leistete die Beklagte Pflegegeld in Höhe von € 22,17 kalendertäglich (€ 665,00 geteilt durch 30). Ebenso wurde für die vier Tage vom 03. bis 06. Januar 2005 Pflegegeld in Höhe von 4 mal € 22,17 (insgesamt € 88,68) überwiesen. Vom 30. Juli bis 14. August 2005 nahm der Kläger an einer weiteren von der Initiative durchgeführten Freizeit teil, wofür die Beklagte dem Kläger € 1.200,00 im Rahmen des § 39 SGB XI erstattete.

Der Kläger legte gegen den Bescheid vom 03. Januar 2005 am 04. Februar 2005 Widerspruch ein. Der Verein hatte schon mit Schreiben vom 17. Januar 2005 erneut vorgebracht, die Rechtsauffassung des Bundesversicherungsamtes überzeuge nicht. Bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen sei die Pflegesachleistung weiterzugewähren, sofern die Pflegekraft, die die Pflege sonst erbringe,...

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