Laut § 7 Abs. 2 und 3 LkSG werden Unternehmen darin unterstützt, gemeinsam mit betroffenen Zulieferern oder innerhalb der Branche konkrete Lösungen für die Behebung aufgetretener oder unmittelbar bevorstehender Verletzungen menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten zu entwickeln. Ein Rückzug aus der Geschäftsbeziehung soll lediglich die letzte Option darstellen. Es ist stets dem Grundsatz "Befähigung vor Rückzug" zu folgen.

Voraussetzungen für den Abbruch einer Geschäftsbeziehung

Während im eigenen Geschäftsbereich die Beendigung der Geschäftsbeziehung keine sinnvolle Alternative darstellt, unterliegt die Möglichkeit eines Abbruchs der Geschäftsbeziehung als Abhilfemaßnahme bei betroffenen unmittelbaren Zulieferern klaren Voraussetzungen, die in § 7 Abs. 3 LkSG geregelt sind und gemeinschaftlich erfüllt sein müssen:

  1. Der Abbruch einer Geschäftsbeziehung ist nur dann geboten, wenn die Verletzung einer geschützten Rechtsposition bzw. einer umweltbezogenen Pflicht als sehr schwerwiegend bewertet wird[1].
  2. Die Umsetzung der im Konzept – gemeinsam mit dem Zulieferer – erarbeiteten Maßnahmen nach Ablauf der im Konzept festgelegten Zeit keine Abhilfe bewirkt[2].
  3. Dem Unternehmen keine anderen milderen Mittel zur Verfügung stehen und eine Erhöhung des Einflussvermögens nicht aussichtsreich erscheint[3].

Von sehr schwerwiegenden Verletzungen menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten ist nach LkSG grundsätzlich dann auszugehen, wenn sie zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Gesundheit der Betroffenen führen.

 
Praxis-Beispiel

Sehr schwerwiegende Verletzungen gebieten einen Abbruch der Geschäftsbeziehung

Als Beispiele können Zwangsarbeit oder moderne Sklaverei, Kinderarbeit unter gefährlichen Bedingungen, schwere Umweltverschmutzung oder Umweltzerstörung, Gewalt gegenüber Arbeitnehmern in der Lieferkette oder Verletzungen des Rechts auf Gesundheit oder Sicherheit von Arbeitnehmern genannt werden.

Anzumerken ist hierbei allerdings, dass die genaue Definition und Beurteilung der Schwere von Verletzungen im Rahmen des LkSG den zuständigen Behörden und Gerichten obliegt.

Zudem ist zu beachten, dass laut § 7 Abs. 3 Satz 4 LkSG die bloße Tatsache, dass ein Staat eines der in der Anlage zum LkSG aufgelisteten Übereinkommen nicht ratifiziert oder nicht in sein nationales Recht umgesetzt hat, nicht automatisch zu einer Pflicht zum Abbruch der Geschäftsbeziehung führt.

 
Hinweis

Dem LkSG zugrundeliegende Übereinkommen (Anlage zu § 2 Abs. 1, § 7 Abs. 3 Satz 2 LkSG)

  • ILO-Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), einschließlich der Übereinkommen Nr. 29 über Zwangsarbeit, Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts, Nr. 98 über das Recht auf Kollektivverhandlungen, Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit, Nr. 105 über die Abschaffung von Zwangsarbeit, Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, Nr. 138 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung und Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit.
  • Internationaler Pakt vom 19.12.1966 über bürgerliche und politische Rechte.
  • Internationaler Pakt vom 19.12.1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte.
  • Übereinkommen von Minamata vom 10.10.2013 über Quecksilber.
  • Stockholmer Übereinkommen vom 23.5.2001 über persistente organische Schadstoffe, zuletzt geändert durch den Beschluss vom 6.5.2005.
  • Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung vom 22.3.1989, zuletzt geändert durch die Dritte Verordnung zur Änderung von Anlagen zum Basler Übereinkommen vom 6.5.2014.

Die Ratifikation von Abkommen und deren Umsetzung in nationales Recht ist Sache der Staaten und nicht der Unternehmen. Die Nichtratifikation oder Nichtumsetzung in nationales Recht ist daher allein kein Auslöser für die Pflicht, die Geschäftsbeziehung abzubrechen oder erst gar nicht einzugehen.

Staatliche Defizite im Bereich der Umsetzung von Menschenrechten oder staatliche Menschenrechtsverletzungen können allerdings zu einem Anstieg der im Rahmen der unternehmerischen Sorgfaltspflicht relevanten menschenrechtlichen Risiken führen bzw. diese überhaupt erst auslösen. Von den Unternehmen kann somit erwartet werden, den Umstand einer staatlichen Nichtratifizierung oder Nichtumsetzung in die eigene Risikoanalyse zu integrieren und für die Risikolage insgesamt zu bewerten.

Von § 7 Abs. 3 Satz 2 LkSG unberührt bleiben allerdings Einschränkungen des Außenwirtschaftsverkehrs durch oder aufgrund von Bundesrecht, Recht der Europäischen Union oder Völkerrecht[4]. Hier kann eine Pflicht zum Abbruch der Geschäftsbeziehung vollumfänglich integriert sein. Exemplarisch ist hier folgender Fall zu nennen, dass seitens der EU Sanktionen gegen bestimmte Länder oder auch Personen bestehen. Unternehmen sind daher verpflichte...

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