Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung des Arbeitsverhältnisses eines Wachmanns wegen sexueller Belästigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die sexuelle Belästigung einer Mitarbeiterin eines Reinigungsunternehmens rechtfertigt eine verhaltensbedingte Änderungskündigung des Arbeitsverhältnisses eines Wachmanns.

 

Normenkette

AGG § 12 Abs. 1, § 3 Abs. 4, § 7 Abs. 3; KSchG §§ 2, 1 Abs. 2; BGB § 241 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 06.02.2019; Aktenzeichen 5 Ca 497/18)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 06.02.2019, Az.: 5 Ca 497/18 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

Der 1958 geborene verheiratete Kläger ist seit dem 01.12.1997 bei der Beklagten, die ständig weitaus mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, als Wachmann zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt durchschnittlich 3.302,19 EUR beschäftigt. Der Kläger war zuletzt in der militärischen Luftverteidigungsanlage Z. in der Objektüberwachung der Radarstation der Bundeswehr am Y. eingesetzt. Er war Konsolenbediener im Sinne der Lohngruppe des § 4 III Nr. 2 des Tarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen in den Bundesländern N. und M. (Bl. 497 ff. d.A.). Bei seiner Tätigkeit trug der Kläger eine Waffe und ihm oblag die Führung der jeweiligen Schicht einschließlich der Waffen- und Munitionsausgabe an seine Kollegen. Ihm oblag im Alarmfall die Leitung der Koordinierung der Mitarbeiter der Schicht. Ein für den Kläger zuständiger Betriebsrat existiert nicht. Nach § 10 des genannten, zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung allgemeinverbindlichen Tarifvertrags beträgt die Kündigungsfrist ab dem 6. Beschäftigungsjahr 35 Tage zum Schichtschluss.

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 1.12.1997 (Bl. 9 ff. d.A.) sieht u.a. vor:

"2. Einsatzort/Tätigkeit/Vergütung

Es wird zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart, daß auf Weisung der Firma der Mitarbeiter jederzeit an einem anderen Ort und/oder mit einer anderen Tätigkeit eingesetzt werden kann. Auf die besonderen betrieblichen Notwendigkeiten eines Bewachungsunternehmens wurde ausdrücklich hingewiesen.

Der Mitarbeiter hat keinen Anspruch auf einen bestimmten Dienstposten.

Ab dem Tag der Versetzung ist die Vergütung gültig, die nach dem Tarifvertrag für die neue Tätigkeit bzw. den neuen Einsatzort maßgebend ist, sofern nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen oder andere Vereinbarungen zwischen den Parteien entgegenstehen."

......

"4. Kündigung/Beendigung des Arbeitsverhältnisses

4.1 Die Kündigungsfristen für das Arbeitsverhältnis bestimmen sich nach den Vorschriften des für den Erfüllungsort geltenden Tarifvertrages.

Sofern keine diesbezügliche tarifvertragliche Bestimmung besteht, gelten die gesetzlichen Bestimmungen."

Die Beklagte erbringt die Bewachungsleistungen als Unterauftragsnehmerin in der genannten Liegenschaft aufgrund eines Vertrages mit der Fa. X-GmbH, die im sog. Betreibermodell aufgrund eines Vertrages mit der Bundesrepublik (BMVg) die Absicherung des Objekts übernommen hat.

Im Vertrag der Fa. X-GmbH mit der Bundesrepublik ist in § 3 geregelt, dass "der Auftraggeber (Anm. Bundeswehr) auf Antrag des Nutzers berechtigt ist, bei Vorliegen wesentlicher Gründe jederzeit zu verlangen, dassWachpersonal von der Beschäftigung im Rahmen dieses Vertrages ausgeschlossen und durch anderes ersetzt wird."Ferner heißt es: "Der Auftragnehmer muss der Ablöseforderung nachkommen. Er verpflichtet sich, die aufgrund einer Ablöseforderung abgelösten Personen nicht im Rahmen anderer Verträge über die Bewachung von Liegenschaften in der Bundeswehr einzusetzen."

Korrespondierend hierzu heißt es in § 2 Ziff 7 des Bewachungsvertrages zwischen der Beklagten und der Fa. X-GmbH:

"Der AG ist berechtigt, jederzeit zu verlangen, dass Wachpersonal sofort von der Beschäftigung im Rahmen dieses Vertrages ausgeschlossen und durch anderes ersetzt wird. Der Hauptauftraggeber ist in der Regel verpflichtet, dem AN auf Verlangen die Gründe für die Ablöseforderung mitzuteilen.

Der AN muss der Ablöseforderung nachkommen. Er verpflichtet sich, die aufgrund einer Ablöseforderung abgelösten Personen nicht im Rahmen anderer Verträge über die Bewachung von Liegenschaften der Bw einzusetzen, sofern der Hauptaufraggeber die Ablöseforderung gestellt hat."

Mit Schreiben vom 4. Mai 2018 (Bl. 50 f. d.A.) der Fa. X-GmbH forderte diese die Beklagte unter Bezugnahme auf ein am 13. April 2018 geführtes Telefonat auf, den Kläger von seiner Beschäftigung auszuschließen. Begründet wird dies im Schreiben zum einen mit einem nicht respektvollen Umgang mit militärischen Vorgesetzten im Jahr 2017, einer nicht ausreichenden Absicherung einer offenen Tür in der Nachtschicht vom 11./12.4.2018 sowie der Behauptung einer sexuellen Belästigung einer Vorarbeiterin eines im Objekt eingesetzten Reinigungsunternehmens, der erstinstanzlich vernommenen Zeugin W....

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