Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Entgeltfortzahlung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu.

2. Der Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird nicht dadurch erschüttert, dass die Krankschreibung nach Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung ausgestellt wurde.

3. Die mehrstündige Teilnahme des Arbeitnehmers an einer Hochzeitsfeier erschüttert den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht, da Arbeitsunfähigkeit nicht mit Bettlägerigkeit gleichzusetzen ist.

 

Normenkette

EntgeltFzG § 3; EntgeltFZG § 4; EFZG §§ 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 15.12.2004; Aktenzeichen 2 Ca 1971/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 15.12.2004, Az.: 2 Ca 1971/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Leistung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 15.12.2004 (dort S. 3 bis 5 = Bl. 64 bis 66 d.A.) Bezug genommen. Dem dort festgestellten unstreitigen Tatbestand ist lediglich hinzuzufügen, dass die Mutter der Klägerin Arbeitnehmerin bei jenem Arzt ist, welcher der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 07.06.2004 bis 18.06.2004 attestiert hat.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass der Vergleich vom 18.08.2004 rechtswirksam geworden ist,
  2. hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.280,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2004 zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Urteil vom 15.12.2004 (Bl. 62 ff. d.A.) den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 1.280,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 01.07.2004 zu zahlen; im Übrigen hat das Gericht die Klage abgewiesen. Den klagezusprechenden Teil seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen damit begründet, dass der Klägerin für die Zeit vom 01.06. bis 06.06.2004 ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung nach § 611 BGB zustehe.

Für die Zeit vom 07.06. bis 18.06.2004 könne die Klägerin Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG verlangen. Die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ergebe sich aus den für diesen Zeitraum vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Die dreistündige Teilnahme der Klägerin an der Hochzeitsfeier vom 12.06.2004 sei kein Umstand, der geeignet sei, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erschüttern. Aus der Teilnahme an einer Hochzeitsfeier ergebe sich nämlich keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht sei. Eine Arbeitsunfähigkeit gehe nicht zwingend mit Bettlägerigkeit einher. Dies sei insbesondere im Hinblick auf das von der Klägerin geschilderte Krankheitsbild (Magenprobleme, Erbrechen, Durchfall, Reizmagen) zu beachten. Soweit der Beklagte des Weiteren behaupte, die Klägerin habe den behandelnden Arzt, Dr. X persönlich oder über ihre Mutter gebeten, sie für die Zeit ab dem 07.06.2004 „krankzuschreiben”, liege kein hinreichend substantiierter Vortrag vor, der geeignet sei, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erschüttern. Die Klägerin habe nämlich keine näheren Umstände dargelegt, die auf eine „Gefälligkeitsbescheinigung” hindeuten würden.

Für die Zeit vom 21.06. bis 30.06.2004 habe die Klägerin einen Anspruch auf Urlaubsentgelt gemäß § 11 Abs. 1 BUrlG.

Mithin schulde der Beklagte die Arbeitsvergütung für den gesamten Monat Juni 2004 in Höhe von 1.280,00 EUR brutto nebst Verzugszinsen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 6 ff. des Urteils vom 15.12.2004 (Bl. 67 ff. d.A.) verwiesen.

Der Beklagte, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 14.04.2005 zugestellt worden ist, hat am 19.04.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und gleichzeitig sein Rechtsmittel begründet.

Der Beklagte macht geltend,

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen komme dann kein hoher Beweiswert mehr zu, wenn sie in einem bereits gekündigten Arbeitsverhältnis vorgelegt würden. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin darüber hinaus ihren Urlaub sowie den Abbau von Überstunden geschickt in die Zeit vom 21.06. bis 30.06.2004 gelegt, so dass lediglich die Zeit vom 01.06. bis 18.06. noch zu „überbrücken” gewesen sei. Die 24. und 25. Kalenderwoche habe sie für ihre angebliche Krankheit reserviert. Die für diese Zeit vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien nicht aussagekräftig, da die Klägerin am 12.06.2004 an einer Hochzeitsfeier teilgenommen habe, ohne irgendwelche Ausfallerscheinungen erkennen zu la...

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