Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der Anzahl der Mitglieder des Betriebsrats

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Wahlvorstand hat für die Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer i.S. von § 9 BetrVG die normale Beschäftigungszahl zugrundezulegen, also diejenige Personalstärke, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Dabei ist nicht auf den Personalbestand in der Vergangenheit zurück zu greifen, sondern auch die künftige, aufgrund konkreter Entscheidungen des Arbeitgebers zu erwartende Entwicklung des Beschäftigungsstandes maßgeblich.

 

Normenkette

BetrVG § 19 Abs. 1, § 9 S. 1; WO § 2 Abs. 2; BetrVG § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 20.09.2018; Aktenzeichen 10 BV 42/18)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20. September 2018, Az. 10 BV 42/18, wird zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Bei der Antragstellerin handelt es sich um ein Unternehmen, dessen Gegenstand die Erbringung von logistischen Dienstleistungen und anderen Vertriebsdienstleistungen ist. Der Beteiligte zu 2) ist der in dem Betrieb der Beklagten in A-Stadt am 23. Mai 2018 gewählte Betriebsrat.

Am 15. Februar 2018 bestellte der damals amtierende Betriebsrat einen Wahlvorstand mit H. als Vorsitzenden.

Am 9. März 2018 übermittelte die Personalabteilung der Antragstellerin dem Wahlvorstand auf dessen Anforderung vom 8. März 2018, wegen deren Inhalts auf Bl 130 f. d. A. Bezug genommen wird, erstmals eine Liste aller ihrer Ansicht nach wahlberechtigten Arbeitnehmer. Hierbei wurden die leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG und die beiden Geschäftsführer der Antragstellerin als solche gekennzeichnet. Die Liste enthielt insgesamt 1.822 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Die Excel-Tabelle enthielt keine Angaben zu den im Betrieb der Antragstellerin tätigen Selbständigen oder Subunternehmern und deren jeweiligen Arbeitnehmern. Nachfolgend erhielt der Wahlvorstand jedenfalls am 29. März 2018, 18. April 2018, 2. Mai 2018 und am 22. Mai 2018 eine Übersicht der nach Auffassung der Antragstellerin wahlberechtigten Arbeitnehmer. Die - letzte aktualisierte - Liste vom 22. Mai 2018 enthielt 1.746 Arbeitnehmer.

Leiharbeitnehmer werden im Betrieb der Antragstellerin nicht eingesetzt.

Mit E-Mail vom 20. März 2018, wegen deren Inhalts auf Bl. 37 ff. d. A. Bezug genommen wird, wandte sich der rechtliche Berater des Wahlvorstands Dr. M. an die Personalleiterin der Antragstellerin und übermittelte einen Fragenkatalog betreffend die Personalentwicklung in der Vergangenheit und der Zukunft. Letztere beantwortete diesen Fragenkatalog mit E-Mail vom 26. März 2018 (Bl. 40, 38 f. d. A.). Mit E-Mail vom 28. März 2018 (Bl. 41 ff. d. A.) zweifelte der Rechtsbeistand des Wahlvorstands die Antworten der Personalleiterin an. Die Antragstellerin antwortete mit E-Mail vom 28. März 2018 (Bl. 44 f. d. A.).

Die Arbeitgeberin gab gegenüber der Agentur für Arbeit für das Jahr 2017 eine jahresdurchschnittliche Arbeitsplatzanzahl von 2.073,08 an (Bl. 134 d. A.). Im Jahr 2015 hatte sie 1.649,25 (Bl. 136 ff. d. A.) und im Jahr 2016 1.894,33 (Bl. 139 ff. d. A.) angegeben. In ihren Geschäftsberichten für die Kalenderjahre 2016 und 2017 teilte die die Arbeitgeberin eine Anzahl von durchschnittlich 2.109 bzw. 2.125 Arbeitnehmern mit.

Am 3. April 2018 erließ der Wahlvorstand das Wahlausschreiben (Bl. 45 ff. d. A.) und erklärte darin:

"Der zu wählende Betriebsrat besteht insgesamt aus 19 Mitgliedern."

Weiterhin wurde festgestellt, dass im Betrieb zum Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens 524 Frauen und 1.293 Männer, also insgesamt 1.817 Mitarbeiter, beschäftigt seien.

In der nachfolgenden Kommunikation zwischen der Antragstellerin und dem Wahlvorstand wies die Antragstellerin darauf hin, dass ihrer Ansicht nach nur 17 Betriebsratsmitglieder zu wählen seien und sie die Betriebsratswahl anfechten werde, wenn keine Korrektur erfolge.

Am 23. Mai 2018 wurde im Betrieb ein 19-köpfiger Betriebsrat gewählt. Die konstituierende Sitzung des neu gewählten Beteiligten zu 2) fand am 30. Mai 2018 statt. Die Wahlbekanntmachung (Bl. 48 d. A.), in der die 19 endgültig gewählten Betriebsratsmitglieder namentlich genannt wurden, wurde am 30. Mai 2018 im Betrieb ausgehängt.

Mit am 6. Juni 2018 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragsschrift vom gleichen Tag leitete die Antragstellerin das arbeitsgerichtliche Wahlanfechtungsverfahren ein.

In einem Artikel der Rheinzeitung vom 17. August 2018 (Bl. 266 d. A.) berichtete der Geschäftsführer und Standortleiter der Antragstellerin, J., von "regulären gut 1.900 Beschäftigten" zu denen dann noch "bis zu 1.500 Weihnachtsaushilfen" hinzu kämen.

Die Wahlvorstandsmitglieder R., H. (Vorsitzender), F. und St. gehören auch dem neu gewählten Beteiligten zu 2) an. Die Wahlvorstandsmitglieder H-J. F., F. und St. waren in der vorangegangenen Wahlperiode Betriebsratsmitglieder.

Die Antragstellerin w...

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