Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen des Anspruchs auf Annahmeverzugslohn und von Schadensersatzansprüchen wegen Unterbleibens einer leidensgerechten Beschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

Annahmeverzugsansprüche sowie Schadenersatzansprüche wegen nicht erfolgter Zuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitgeber befindet sich mit der Annahme der Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers nicht im Annahmeverzug, wenn dieser in dem betreffenden Zeitraum aus gesundheitlichen Gründen außerstande war, seine Arbeitsleistung entsprechend der vertraglichen Vereinbarung bzw. deren Konkretisierung kraft Weisung nach § 106 S. 1 GewO anzubieten.

2. Dem Arbeitnehmer steht auch kein Schadensersatzanspruch wegen des Unterbleibens der Zuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung zu, wenn die vom Arbeitnehmer angebotenen leidensgerechten Tätigkeiten nicht gleichwertig zu den arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten waren.

 

Normenkette

BGB § 615

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 06.11.2017; Aktenzeichen 6 Ca 5008/16)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.2017 - 6 Ca 5008/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsansprüche sowie Schadensersatzansprüche wegen nicht erfolgter Zuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung.

Die Beklagte ist ein Wartungs- und Instandhaltungsunternehmen der L -Gruppe und betreibt mehrere Wartungsstationen am Standort großer Flughäfen, u.a. am Flughafen K , wo zuletzt ca. 90 Arbeitnehmer beschäftigt wurden. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet.

Der am 19 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.10.1986 beschäftigt. Die bei der Beklagten jeweils geltenden Tarifverträge finden auf das Arbeitsverhältnis kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 08.09.1986 verwiesen.

Der Kläger ist gelernter Energieanlagenelektroniker und wurde zunächst als Mitarbeiter ohne spezifische luftfahrttechnische oder artverwandte Ausbildung beschäftigt und in die Lohngruppe 5 Stufe 1 - heute entspricht dies Lohngruppe 1B - eingruppiert. Seit vielen Jahren wird der Kläger als Flugzeugmechaniker bzw. Flugzeugelektroniker "MM2" eingesetzt und seit dem 14.08.1996 in die Vergütungsgruppe 10 und seit dem 03.02.2009 in der (entsprechenden) Vergütungsgruppe 3 B eingruppiert.

Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50, festgestellt am 17.08.2012, rückwirkend zum 02.07.2012. Die Schwerbehinderung beruht laut Bescheid auf psychischen Störungen.

Der Kläger war seit dem 07.10.2010 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Seitdem ist er unstreitig gesundheitlich nicht mehr in der Lage seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Flugzeugmechaniker bzw. Flugzeugelektroniker MM 2 auszuüben. Im 2.Halbjahr 2011 nahm der Kläger an einer Reha-Maßnahme des Rentenversicherungsträgers teil. In dem "Entlassungsbericht" vom 17.01.2012 heißt es auszugsweise:

"10. Sozialmedizinische Epikrise

Der Patient befand sich wegen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode nichttoxischer Struma, nicht näher bezeichnet zur medizinischen Rehabilitation in unserem Hause. Die Entlassung erfolgte regulär und arbeitsunfähig.

10.1 qualitative und quantitative Beurteilung zur letzten beruflichen Tätigkeit

Herr W hat eine Ausbildung als Energieanlagenelektroniker und war zuletzt als Flugzeugelektroniker tätig. Er kann diese Tätigkeit mit einem zeitlichen Umfang von sechs und mehr Stunden ausüben.

10.2 qualitative und quantitative Beurteilung des positiven und negativen Leistungsbildes

Es können schwere Arbeiten, ständig im Stehen, ständig im Gehen und ständig im Sitzen, in Tagesschicht und Früh-/Spätschicht verrichtet werden. Bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt besteht keine quantitative Leistungsminderung. Folgende qualitative Leistungseinschränkungen liegen vor: Nachtarbeit und regelmäßige Überstunden sollten wegen der rez. Depressiven Störung vermieden werden.

...

11.2 weitere Therapie

Vor dem Hintergrund des weiterhin instabilen Zustandes empfehlen wir dringend möglichst zeitnah die Aufnahme einer teilstationären Weiterbehandlung. Der Kontakt zu einer wohnortnahen Tagesklinik wurde bereits aufgenommen.

(...)"

Am 03.06.2012 wurde der Kläger von der Krankenkasse ausgesteuert und erhielt seitdem Leistungen von der Agentur für Arbeit. Die Beklagte erteilte dem Kläger am 14.06.2012 eine Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III.

Die Beklagte lud den Kläger mit Schreiben vom 10.07.2012 und 18.07.2012 zu einem BEM-Gespräch ein und machte dazu mehrere Terminsvorschläge. Mit Schreiben vom 16.08.2012 erwiderte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte:

"Der Einladung zu einem persönlichen Gespräch konnte bzw. kann mein Mandant derzeit leider wegen einer seit einigen Wochen bestehenden zusätzlichen anderweitigen Erkrankung nicht Folge leisten. Aus selbige...

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