Entscheidungsstichwort (Thema)

Festlegung des Streitgegenstands in der Klageschrift. Inhalt und Zweck des Arbeitszeugnisses. Selbstbindung des Arbeitgebers an ein Zwischenzeugnis. Darlegungs- und Beweislast für Bescheinigung unterdurchschnittlicher Leistungen im Zeugnis. Druck der ersten Seite eines Zeugnisses auf Geschäftspapier

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klagepartei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Dazu hat sie den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann.

2. Das Zeugnis dient dem Arbeitnehmer regelmäßig als Bewerbungsunterlage und ist insoweit Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern, Grundlage für ihre Personalauswahl. Dem Arbeitnehmer gibt es zugleich Aufschluss darüber, wie der Arbeitgeber seine Leistung beurteilt. Daraus ergeben sich als inhaltliche Anforderungen der Grundsatz der Zeugniswahrheit und der in § 109 Abs. 2 GewO auch ausdrücklich normierte Grundsatz der Zeugnisklarheit.

3. Unter dem Aspekt der Selbstbindung ist der Arbeitgeber gehalten, von getroffenen Bewertungen - insbesondere in einem Zwischenzeugnis - nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abzuweichen, solange eine geänderte Tatsachengrundlage dies nicht rechtfertigt.

4. Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt, dass der Arbeitgeber darlegen - und notfalls beweisen - muss, wenn er dem Arbeitnehmer nur eine unterdurchschnittliche Leistung bescheinigen möchte.

5. Soweit der Arbeitgeber in seiner externen Kommunikation ausschließlich Firmenpapier verwendet, ist auch ein Arbeitszeugnis hierauf zu erstellen. Dies bezieht sich jedoch nur auf die erste Seite, wenn der Arbeitgeber unbestritten vorträgt, dass er üblicherweise die zweite Seite bei der Korrespondenz mit Dritten nicht auf Firmenpapier ausstellt.

 

Normenkette

GewO § 109; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 308 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 29.11.2022; Aktenzeichen 4 Ca 4218/22)

 

Tenor

  • I)

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.11.2022 - 4 Ca 4218/22 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Zug um Zug gegen Rückgabe des mit Datum vom 24.01.2022 erteilten Zeugnisses ein neues Zeugnis auf Geschäftspapier gedruckt zu erteilen, in welchem folgende Formulierungen ersetzt werden:

      1. Seite 1 (letzter Absatz): "Er hat sich engagiert in den ihm gestellten Aufgabenbereich eingearbeitet und verfolgte die vereinbarten Ziele nachhaltig."

        ändern in:

        "Er hat sich engagiert in den ihm gestellten Aufgabenbereich eingearbeitet und verfolgte die vereinbarten Ziele nachhaltig und erfolgreich."

      2. Seite 2 (Dritter Absatz): "Herr F galt als Führungskraft, die es verstand, seine Mitarbeiter zu fördern, zu informieren und Aufgaben und Verantwortung zu delegieren."

        ändern in:

        "Wir schätzen Herrn F als engagierte Führungskraft, die es verstand, seine Mitarbeiter zu fördern, zu informieren und Aufgaben und Verantwortung in angemessenem Umfang zu delegieren."

    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  • II)

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

  • III)

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berichtigung eines erteilten Arbeitszeugnisses.

Der am 1989 geborene Kläger war bei der Beklagten vom 01.03.2016 bis zum 30.09.2021 zuletzt als operativer Niederlassungsleiter am Standort Fr bei einer durchschnittlichen monatlichen Bruttovergütung von 5.947,00 € beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Eigenkündigung des Klägers.

Bereits mit Datum vom 30.04.2019 erteilte die Beklagte dem Kläger aufgrund einer erfolgten Beförderung vom Business Development Manager zum Niederlassungsleiter ein Zwischenzeugnis. In dem Zwischenzeugnis heißt es zu den Arbeitsleistungen des Klägers wörtlich:

"Er verfügt über ein äußerst umfassendes und hervorragendes Fachwissen, das er zur Bewältigung seiner Aufgaben stets sehr sicher und erfolgreich einsetzte. Herr F hat sich innerhalb kürzester Zeit in den ihm gestellten Aufgabenbereich eingearbeitet und die Vertriebsabteilung unseres Standortes maßgeblich mitgestaltet. Er verfolgte die vereinbarten Ziele nachhaltig und mit höchstem Erfolg, so dass er binnen kürzester Zeit zu unserem besten Vertriebsmitarbeiter aufsteigen konnte. Zudem war er äußerst zuverlässig und sein Arbeitsstil war stets geprägt durch sehr sorgfältige Planung und Systematik. Dabei war er auch höchstem Zeitdruck sowie Arbeitsaufwand stets gewachsen. Herr F beeindruckte uns stets durch qualitativ und quantitativ hervorragende Ergebnisse.

Aufgrund seiner hervorragenden Leistungen für unser Unternehmen sowie se...

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