Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Verfügung, Arbeitszeitreduzierung nach dem TzBfG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Arbeitszeitreduzierung nach dem TzBfG ist mit Rücksicht auf die gebotene Planungssicherheit für die betriebliche Disposition und die von der Arbeitszeitreduzierung betroffenen Arbeitnehmer auf Ausnahmefälle zu beschränken.

2. Ein solcher Ausnahmefall kann dann vorliegen, wenn die sofortige Umsetzung der beantragten Vertragsänderung zur Abwendung wesentlicher Nachteile des Arbeitnehmers dringend geboten ist und betriebliche Ablehnungsgründe i. S. d. § 8 IV 2 TzBfG nicht ersichtlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen sind.

 

Normenkette

ZPO § 940; TzBfG § 8

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 18.01.2002; Aktenzeichen 5 Ga 3/02)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 18.01.2002 – 5 Ga 3/02 EU – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Beschwerdewert: 5.646,66 EUR

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde, mit der die Antragstellerin, eine Kindergartenergänzungskraft, eine Arbeitszeitreduzierung von 32 auf 22 Stunden wöchentlich nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen will, ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass bereits der erforderliche Verfügungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht ist. Die Ausführungen in der Beschwerde rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

Nach § 940 ZPO kann eine einstweilige Verfügung zur Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur ergehen, wenn die Regelung insbesondere bei Dauerrechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Vorliegen eines solchen Verfügungsgrundes ist zwingende Voraussetzung für den einstweiligen Rechtsschutz. Dies gilt erst recht und besonders dann, wenn die Antragstellerin wie hier den Erlass einer sog. Leistungsverfügung begehrt, die im Fall des Erfolges zu einer Befriedigung des geltend gemachten Anspruchs führen würde. Die auf Erfüllung gerichtete einstweilige Verfügung setzt voraus, dass der Gläubiger auf die sofortige Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs dringend angewiesen ist (LAG Rheinland-Pfalz, LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 19; LAG Köln, LAGE § 935 ZPO Nr. 3).

Die Antragstellerin hat zwar auf eine schwierige familiäre Situation hingewiesen und zur Glaubhaftmachung u.a. eine ärztliche Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin D. W. vom 25.01.2002 vorgelegt, der aus hausärztlicher Sicht eine Reduzierung der beruflichen Belastungen unter Einbeziehung der Arbeitszeit „für sehr wichtig” hält. Daraus ergibt sich aber noch nicht die Notwendigkeit der sofortigen Arbeitszeitreduzierung zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Hinzu kommt, dass auch der Verfügungsanspruch keineswegs offensichtlich ist, was bei der Frage des Erlasses einer einstweiligen Verfügung im Falle der Offensichtlichkeit zu Gunsten der antragstellenden Partei mit zu berücksichtigen wäre. Aus den von der Antragstellerin selbst eingereichten Unterlagen über den Schriftverkehr zwischen den Parteien und den „Parallelfall” P. ergibt sich, dass der Antragsgegner die Stundenreduzierung aus pädagogischen Gründen abgelehnt hat. Betriebliche Gründe, die nach § 8 Abs. 4 S. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes einer Stundenreduzierung entgegenstehen, können bei einer Kindergartenergänzungskraft wie der Klägerin gerade auch aus pädagogischen Gesichtspunkten herrühren. Die persönliche Ansprechbarkeit bestimmter Arbeitnehmer kann nachweisbar erforderlich sein. Der Arbeitgeber kann somit grundsätzlich geltend machen, dass bestimmte Aufgaben an die Kontinuität der Person des Arbeitnehmers gebunden sind bzw. dass die volle Verfügbarkeit eines Mitarbeiters erforderlich ist, damit ein ständiger Ansprechpartner vorhanden ist. Ein häufiger Wechsel der Bezugsperson und die damit verbundene fehlende Ansprechbarkeit für Kinder und Eltern kann sich durchaus pädagogisch nachteilig auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Gerade bei Kindergartenkindern können konstant vorhandene Bezugspersonen zur gedeihlichen Entwicklung der Kindergartenkinder beitragen. Für die Erziehung des Kindes ist oftmals eine dauerhafte, auf einen längeren Zeitraum angelegte Beobachtung seiner Entwicklung und Verhaltensweise erforderlich (LAG Köln, Urteil vom 04.12.2001 – 9 Sa 726/01 –). Zwar hat die Arbeitnehmerin im „Parallelfall”, einem Hauptverfahren, obsiegt, das LAG hat aber die Revision zugelassen.

Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist vorliegend auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem durchzusetzenden Anspruch um einen Anspruch auf Änderung des bestehenden Vertrages handelt. § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes gibt dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zustimmung des Arbeitgebers zu einer Vertragsänderung entsprechend seinem Teilzeitwunsch. Die Vollstreckung dieses Anspruchs richtet sich nach § 894 Abs. 1 S. 1 ZPO. Danach gilt die ...

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