Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilzeitbegehren. Streitwertfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Streitwert einer beantragten einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung des Teilzeitbegehrens gemäß § 8 Abs. 1 TzBfG ist in analoger Anwendung des § 12 Abs. 7 Satz 2 und Satz 1 ArbGG zu ermitteln. Wegen der vergleichbaren Interessenlage können Parallelen zur sog. Änderungsschutzklage gezogen werden.

2. Ein prozentualer Abschlag kann bei einer sog. Leistungs- und Befriedigungsverfügung unterbleiben.

 

Normenkette

BRAGO § 9 Abs. 2; GKG § 25; ArbGG § 12 Abs. 7; TzBfG § 8

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Beschluss vom 28.07.2003; Aktenzeichen 9 Ga 42/03)

ArbG Nürnberg (Beschluss vom 05.05.2003; Aktenzeichen 9 Ga 42/03)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 05.05.2003 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 28.07.2003 – Az.: 9 GA 42/03 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin seit dem 01.07.1996 beschäftigt und bezog zuletzt eine Bruttomonatsvergütung von EUR 2.034,00. Sie begehrte im Wege der einstweiligen Verfügung die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Verringerung der Wochenarbeitszeit von bislang 38,5 auf 20 Stunden und ihre tatsächliche Beschäftigung im Rahmen der reduzierten Wochenarbeitszeit. In der mündlichen Verhandlung vom 05.05.2003 sind die Anträge wieder zurückgenommen worden.

Auf Antrag der Parteivertreter ist vom Erstgericht mit Beschluss vom 05.05.2003 der Streitwert auf EUR 6.102,00 festgesetzt worden.

Mit Schriftsatz vom 22.05.2003 haben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Streitwertbeschluss vom 05.05.2003 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf EUR 35.185,68 festzusetzen.

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 28.07.2003 der Beschwerde teilweise abgeholfen und unter Berücksichtigung des Antrags auf tatsächliche Beschäftigung den Streitwert auf EUR 8.136,00 angehoben. Im Übrigen ist der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt worden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß §§ 78 ArbGG, 9 Abs. 2 BRAGO, 25 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht Nürnberg hat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens den Streitwert zutreffend in dem Teilabhilfebeschluss vom 28.07.2003 auf EUR 8.136,00 (vier Bruttomonatsverdienste) festgesetzt.

1. Das Arbeitsgericht hat sein bei der Streitwertfestsetzung gegebenes Ermessen nachvollziehbar ausgeübt und die hierbei gegebenen Grenzen nicht überschritten. Das Beschwerdegericht hat nach ständiger Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg (Beschluss vom 05.05.1986 – 1 Ta 3/85 – LAGE Nr. 53 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; Beschluss vom 01.07.2003 – 6 Ta 85/03 – zur Veröffentlichung vorgesehen) die Ermessensentscheidung des Erstgerichts zwar auf Ermessensfehler zu überprüfen aber keine eigene, hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen.

2. Das Erstgericht folgt in seiner Teilabhilfeentscheidung der ganz überwiegenden Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte, die bei einem Streit über das Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers die Regeln über die Bemessung des Streitwertes bei einer Änderungsschutzklage heranziehen. Hierbei ist zunächst im Rahmen des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG von der 36-fachen Vergütungsdifferenz der streitigen Arbeitszeitreduzierung auszugehen, der sich hieraus ergebende Betrag ist jedoch auf den Vierteljahresverdienst nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG zu begrenzen (vgl. LAG Hamburg vom 08.11.2001 – 6 Ta 24/01 – LAGE Nr. 4 zu § 8 TzBfG; LAG Berlin vom 04.09.2001 – 17 Ta 6121/01 – LAGE Nr. 13 zu § 3 ZPO; Hessisches LAG vom 28.11.2001 – 15 Sa 361/01 – LAGE Nr. 15 zu § 3 ZPO; LAG Niedersachsen vom 14.12.2001 – 17 Ta 396/01 – NZA-RR 2002, 550; vgl. hierzu Annuß/Thüsing, Teilzeit- und Befristungsgesetz, § 8 Rz. 231, m.w.N.).

Der Streitwert eines Verfahrens auf Reduzierung der bisherigen regelmäßigen Arbeitszeit gemäß § 8 Abs. 1 TzBfG bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der klagenden Partei an der Arbeitszeitreduzierung.

In Ermangelung einschlägiger besonderer gesetzlicher Bestimmungen sind hierbei die Regelungen in § 12 Abs. 7 Satz 2 und Satz 1 ArbGG entsprechend heranzuziehen.

Eine direkte Anwendung des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG scheidet aus, da Streitgegenstand bei einem Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers weder dessen Eingruppierung noch wiederkehrende Leistungen sind. Streitgegenstand ist vielmehr die Verurteilung des Arbeitgebers zur Abgabe einer auf die Vertragsänderung abzielenden Willenserklärung. Zwischen den Parteien in Streit ist, ob das Arbeitsverhältnis auf der Basis der bisherigen Arbeitsvertragsbedingungen oder zu den neuen vom Arbeitnehmer gewünschten Arbeitszeitbestimmungen fortzusetzen ist. Insoweit ist die rechtliche und wirtschaftliche Situation vergleichbar mit der einer Änderungsschutzklage nach Annahme des Änderungsangebotes unter Vorbehalt. A...

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