Entscheidungsstichwort (Thema)

Integrationsvereinbarung. Abschluss. Anspruch. Kontrahierungszwang. Erzwingbarkeit. Schwerbehindertenvertretung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Schwerbehindertenvertretung hat keinen gesetzlichen Anspruch auf Abschluss einer Integrationsvereinbarung nach § 83 SGB IX.

 

Normenkette

SGB IX § 83

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Beschluss vom 10.05.2006; Aktenzeichen 3 BV 8/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 10.05.2006 – 3 BV 8/06 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag abgewiesen wird.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die gerichtliche Erzwingbarkeit einer Integrationsvereinbarung.

In der Niederlassung E1xxxxx B1xxxxxxx der Arbeitgeberin, in der insgesamt rund 1000 Arbeitnehmer beschäftigt sind, haben die dort tätigen schwerbehinderten Menschen eine Schwerbehindertenvertretung gewählt, die das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet hat. Daneben besteht ein Betriebsrat, der Beteiligte zu 3).

Am 22.05./16.06.2003 hat die Arbeitgeberin mit dem im Unternehmen errichteten Gesamtbetriebsrat (Beteiligter zu 4) und der Gesamtschwerbehindertenvertretung (Beteiligte zu 5) „gem. § 50 Abs. 1 BetrVG in Verbindung mit §§ 77, 88 BetrVG auf der Grundlage von § 83 SGB IX” eine „Freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung zur Integration schwerbehinderter Menschen bei der D6xxxxxxx P1xx AG” abgeschlossen. Sie sieht namentlich Maßnahmen zur Förderung der Integration (§ 3), die Beratung von Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen (§ 4), Berichte des Arbeitgebers (§ 5), Regelungen zum Arbeitsumfeld und zur Arbeitsplatzgestaltung (§ 6) sowie die Förderung des beruflichen Fortkommens (§ 7) vor. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die mit Antragsschriftsatz vom 20.02.2006 eingereichte Kopie (Bl. 10 – 14 d. Akten).

In der Niederlassung E1xxxxx B1xxxxxxx wurde in der Vergangenheit auch durch die Schwerbehindertenvertretung und den Betriebsrat mit dem dortigen Abteilungsleiter Personal, G3xxxx, über den Abschluss einer Integrationsvereinbarung verhandelt. Den schließlich abgefassten Entwurf hieß der Abteilungsleiter G3xxxx für gut, stellte den Abschluss aber unter den Vorbehalt einer Rücksprache mit der Zentrale der Arbeitgeberin in B2xx. Mit Schreiben vom 31.10.2005 (Bl. 15 d. Akten) wurde sodann der Abschluss der Integrationsvereinbarung auf örtlicher Ebene abgelehnt.

Der ausformulierte Entwurf sieht nach der Übernahme der Regelungen der freiwilligen Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.5/16.06.2003 (§ 2) Bestimmungen über die Besetzung freier Stellen (§ 3), über die befristete Beschäftigung (§ 4), über die berufliche Förderung (§ 5), über das Beurteilungs-/Beschwerdeverfahren (§ 6) und über die Beteiligung der Integrationsfachdienste (§ 7) vor. Daneben finden sich Regelungen zur Prävention (§ 8), zur Teilnahme der Schwerbehindertenvertretung an Personalgesprächen (§ 9), zum Anspruch auf einen behinderungsgerechten Parkplatz (§ 10), zum Einsatz von Schwerbehinderten in Gruppenmodellen (§ 11), zur Mehrarbeit (§ 12), zum Vorrang im Sozialplanverfahren (§ 13), zur Schulung von Führungskräften (§ 14) sowie zur Informationspolitik der Niederlassung, zur Auftragsvergabe und zu Berufspraktika für behinderte Schüler/Innen (§§ 15 – 17). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auch insoweit verwiesen auf die mit Antragsschriftsatz vom 20.02.2006 eingereichte Kopie (Bl. 4 – 9 der Akte).

Die Schwerbehindertenvertretung hat die Auffassung vertreten, ihr stehe aus § 83 SGB IX ein Anspruch auf Abschluss der im Entwurf vorliegenden Integrationsvereinbarung zu.

Sie hat beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihre Zustimmung zum Abschluss der als Anlage 1 der Antragsschrift beigefügten Integrationsvereinbarung der Niederlassung E1xxxxx B1xxxxxxx (Betrieb B1xxxxxxx) der D6xxxxxxx P1xx AG zu erklären.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Meinung vertreten, die Schwerbehindertenvertretung könne nicht im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens den Abschluss einer ausformulierten Integrationsvereinbarung erzwingen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 10.05.2006 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es fehle für den Fall der Nichteinigung über eine Integrationsvereinbarung an einer gesetzlichen Regelung zu ihrer gerichtlichen Durchsetzung. Im Übrigen seien die Gerichte für Arbeitssachen auch gar nicht in der Lage, den Beteiligten in einer Regelungsstreitigkeit eine „gerechte” Integrationsvereinbarung im Beschlusswege aufzuoktroyieren.

Gegen den ihr am 14.06.2006 zugestellten Beschluss hat die Schwerbehindertenvertretung am 14.07.2006 Beschwerde eingelegt und diese zugleich auch begründet.

Sie streicht heraus, dass bei einer bestehenden gesetzlichen Handlungspflicht wie hier diese auch gerichtlich durchsetzbar sein müsse. Davon sei namentlich dann auszugehen, wenn – wie hier – inhaltlich keine Bedenken gegen den vorhan...

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