Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersetzung eines ausscheidenden Gesamtbetriebsausschussmitglied. Analoge Anwendung von § 25 Abs. 1 Satz 1 BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Frage, wie ein ausscheidendes Gesamtbetriebsausschussmitglied zu ersetzen ist, enthält das BetrVG eine Regelungslücke.

2. Diese ist über eine entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 1 S.1 BetrVG zu schließen, solange auf der fraglichen Liste noch ein weiterer Kandidat vorhanden ist: Scheidet ein weiteres Ausschussmitglied des Gesamtbetriebsausschusses aus und war zur Bestimmung der weiteren Mitglieder eine Listenwahl durchgeführt, so rückt damit ein Mitglied derjenigen Liste in den Gesamtbetriebsausschuss nach, der das ausgeschiedene Mitglied angehörte.

3. Ein Ausscheiden in diesem Sinne liegt auch vor, wenn eine bisher als weiteres Ausschussmitglied gewählte Person zum (stellvertretenden) Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats gewählt wird und damit kraft Amtes ein Mandat im Gesamtbetriebsausschuss wahrnimmt.

 

Normenkette

BetrVG § 25 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 26.10.2011; Aktenzeichen 7 BV 28/11)

 

Tenor

I.

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 26.10.2011 - 7 BV 28/11 - wird zurückgewiesen.

II.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Besetzung des Gesamtbetriebsausschusses nach Rücktritt des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden.

Die in O. ansässige Beteiligte zu 6) ("Arbeitgeberin") unterhält u.a. einen bundesweiten Paketdienst. Bei ihr ist der Beteiligte zu 5) als Gesamtbetriebsrat mit 38 Mitgliedern errichtet.

Dieser wählte am 20.05.2010 - für den Ablauf der Sitzung wird auf das Protokoll, Blatt 20 ff. der Gerichtsakte verwiesen - zu seinem Vorsitzenden Herrn B. I.. Im Anschluss wählte er den stellvertretenden Vorsitzenden und neun weitere Ausschussmitglieder für den Gesamtbetriebsausschuss. Diese Wahl fand als Listenwahl zwischen drei Listen statt. Die Beteiligten zu 1) bis 4) ("Antragsteller") kandidierten auf der Vorschlagsliste 2. Bei der Wahl entfielen auf den "Wahlvorschlag 1" sechs der neun weiteren Mitglieder und auf den "Wahlvorschlag 2" drei Mitglieder. Bei den drei Mitgliedern von der Vorschlagsliste 2 handelt es sich um die Beteiligten zu 2) bis 4). Der Beteiligte zu 1) war der erste nicht mehr berücksichtigte Bewerber dieser Liste, der Beteiligte zu 7) der erste nicht mehr berücksichtigte Bewerber des "Wahlvorschlags 1". Nach dem Höchstzahlverfahren hätte bei der Besetzung von mehr als neun weiteren Mitgliedern der "Wahlvorschlag 2" gemäß dem Stimmenergebnis den nächsten zu besetzenden Platz erhalten.

Herr I. trat von seinem Amt als Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats zurück, dieser wählte am 23.03.2011 als neuen Vorsitzenden Herrn B. L. - für den Verlauf der Sitzung wird auf das Protokoll, Blatt 28 ff. der Gerichtsakte verwiesen. Herr L. war zuvor über die Vorschlagsliste 1 weiteres Gesamtbetriebsausschussmitglied gewesen.

Mit E-Mail vom 28.03.2011 - für deren Inhalt auf Blatt 33 der Gerichtsakte verwiesen wird - teilte der neue Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats mit, er komme zu dem Ergebnis, dass infolge seiner Wahl zum Vorsitzenden der Beteiligte zu 7) in den Gesamtbetriebsausschuss nachrücke. Diesem habe er mitgeteilt, dass er Mitglied des Gesamtbetriebsausschusses sei.

Die Antragsteller haben die Ansicht vertreten, tatsächlich sei der Beteiligte zu 1) in den Gesamtbetriebsausschuss nachgerückt. Dies ergebe sich daraus, dass nicht der neue Gesamtbetriebsratsvorsitzende L. zu ersetzen sei, der schon bisher im Gesamtbetriebsausschuss vertreten gewesen sei, sondern der ausgeschiedene Gesamtbetriebsratsvorsitzende I.. Der Gesamtbetriebsrat habe den Beteiligten zu 7) nicht als Ersatzmitglied gewählt. Herr I. habe keiner der drei Listen bei der Wahl vom 20.05.2010 angehört, so dass der Nachrücker gemäß § 25 Abs. 2 S. 2 BetrVG nach dem Höchstzahlverfahren zu bestimmen sei.

Für den Fall, dass § 25 Abs. 2 S. 2 BetrVG nicht herangezogen werden sollte, könne die erforderliche Vollständigkeit nur durch Wahl eines weiteren Mitgliedes erfolgen. Dies gelte insbesondere, weil der Gesamtbetriebsrat hier keine abweichende Regelung getroffen habe.

Sie haben beantragt, zu erkennen:

1.Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 1) in den am 20.05.2010 gewählten Gesamtbetriebsausschuss infolge des Ausscheidens des bisherigen Vorsitzenden des Gesamtbetriebsausschusses B. I. aus dem Gesamtbetriebsausschuss aufgrund dessen Rücktritts vom Vorsitz des Gesamtbetriebsrat als Mitglied des Gesamtbetriebsausschusses nachgerückt ist.

Hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag zu 1. nicht stattgegeben wird:

2.Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 7) nicht in den am 20.05.2010 gewählten Gesamtbetriebsausschuss infolge des Ausscheidens des bisherigen Vorsitzenden des Gesamtbetriebsausschusses B. I. aus dem Gesamtbetriebsausschuss aufgrund dessen Rücktritts vom Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats als Mitglied des Gesamtbetriebsausschusses nachgerück...

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