Entscheidungsstichwort (Thema)

Höherstufungen nach dem TVöD-Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates

 

Leitsatz (amtlich)

Wendet ein privater Arbeitgeber auf die Arbeitsverhältnisse seiner Beschäftigten den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst – TVöD – an, so steht dem Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht bei der Ein- und Umgruppierung nicht nur bei der Zuordnung zu einer bestimmten Entgeltgruppe, sondern auch bei der Zuordnung zur Entgeltstufe zu, denn auch die Stufenzuordnung regelt die Stellung des Arbeitnehmers innerhalb der Vergütungsordnung. Auf die von den Tarifvertragsparteien gewählte Bezeichnung kommt es dabei nicht an.

Dieses Mitbestimmungsrecht ist nicht auf die erstmalige Stufenzuordnung beschränkt, sondern besteht bei jeder Veränderung der Stufenzuordnung, weil das Erreichen der jeweils nächsten Stufe nach § 16 TVöD die Bewertung voraussetzt, ob die Beschäftigten die maßgeblichen Zeiten in einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber zurückgelegt haben.

Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Voraussetzungen offenkundig vorliegen, denn der Betriebsrat hat auch bei offensichtlich zutreffender Ein- oder Umgruppierungsentscheidung des Arbeitgebers das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG.

Das Mitbestimmungsrecht besteht auch dann, wenn die Stufenzuordnung auf einer Leistungsbeurteilung des Arbeitgebers nach § 17 TVöD beruht. Auch hier hat der Betriebsrat Normenvollzug zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die Beschäftigten nur nach ihrer Arbeitsleistung und der persönlichen Eignung für ihre beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten im Betrieb beurteilt werden.

Zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Umstufungen nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmer der Stiftung W..

 

Normenkette

BetrVG § 99; TVöD-Bund §§ 16-17

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 26.02.2009; Aktenzeichen 33 BV 16874/08)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 06.04.2011; Aktenzeichen 7 ABR 136/09)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 26.02.2009 – 33 BV 16874/08 – teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2. verpflichtet ist, vor Umgruppierungen, die zwar keine Veränderung der Entgeltgruppe entsprechend § 5 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer der Stiftung W. vom 12./19. September 2006, wohl aber eine Veränderung der Entgeltstufe gem. § 6 des Tarifvertrages beinhalten, die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Betriebsrat (Antragsteller, Beteiligter zu 1.) und Beschwerdeführer) verlangt von der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2.) und Beschwerdegegnerin) zuletzt noch die gerichtliche Feststellung seines Mitbestimmungsrechts vor Höherstufungen innerhalb derselben Entgeltgruppe nach dem bei der Arbeitgeberin geltenden Haustarifvertrag.

Die Arbeitgeberin ist eine von der Bundesrepublik Deutschland gegründete Stiftung des privaten Rechts mit Sitz in Berlin. Sie beschäftigt ca. 250 Mitarbeiter und führt zu gemeinnützigen Zwecken unabhängige Wartentests nach wissenschaftlichen Methoden durch. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhält sie jährliche Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt. Sie unterliegt der Prüfung durch die Stifterin und den Bundesrechnungshof. Auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Arbeitnehmer wendet sie unabhängig von deren Tarifbindung grundsätzlich den mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft abgeschlossenen Haustarifvertrag an, der sich an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst anlehnt. Der zuletzt abgeschlossene, am 1. Oktober 2006 in Kraft getretene Haustarifvertrag lautet auszugsweise, soweit hier von Bedeutung:

§ 5 Eingruppierung der Arbeitnehmer

(1) 1Neu eingestellte Arbeitnehmer sind bis zur Vereinbarung einer neuen Entgeltordnung entsprechend der Regelung in § 17 TVÜ-Bund eingruppiert. … 3Die Eingruppierung erfolgt grundsätzlich gemäß Anlage 4 zum TVÜ-Bund. …

(3) Sobald die Tarifparteien die neue Entgeltordnung zum TVöD-Bund verabschiedet haben, gilt diese auch für die Stiftung, ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf.

§ 6 Einstufung der Arbeitnehmer

(1) 1Die Einstufung wird grundsätzlich gemäß § 16 TVöD-Bund vorgenommen. 2Darüber hinausgehend erfolgt sie in Stufe 2 bzw. in Stufe 3, wenn eine entsprechend lange, hauptberuflich erworbene, einschlägige und gleichwertige Berufserfahrung nachgewiesen wird. 3Noch längere Berufserfahrung kann im Einzelfall auch für eine Einstufung in Stufe 4 angerechnet werden. 4Einschlägige und gleichwertige Berufserfahrung, die über die für das Erreichen einer Stufe notwendige Dauer hinausgeht, führt in den Stufen 2 und 3 zu einer entsprechenden Verkürzung der Dauer der Stufenlaufzeit. 5Bei einer Entscheidung über die Höherstufung in eine noch höhere Stufe wird sie frühestens nach einem Jahr bei entsprechender Leistung nach § 17 Absatz 2 TVöD-Bund berücksichtigt.

(2) Für die Beurteilung anzuerkennender Berufserfahrung werden ansonsten die Regelungen des TVöD-Bund und die von den zuständigen Bundesministerie...

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