Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug. partielle Arbeitsunfähigkeit. Unzumutbarkeit der Beschäftigung. Gefährdung Dritter

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Arbeitgeber gerät nur dann in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer leistungsbereit und leistungsfähig ist. Am notwendigen Leistungsvermögen des Arbeitnehmers fehlt es, wenn er lediglich in zeitlich geringerem Umfang als vertraglich vereinbart oder nur zu anderen als den festgelegten Arbeitszeiten oder nur auf bestimmte Tätigkeiten beschränkt leistungsfähig ist (Anschluss an BAG, Urteil vom 29.01.1992 – 5 AZR 37/91).

Die Beschäftigung eines Arbeitnehmers ist einem Arbeitgeber unzumutbar und verhindert dessen Annahmeverzug, wenn durch die Annahme der Arbeitsleistung elementare Interessen Dritter durch die Beschäftigung in schwerwiegender Weise gefährdet wären (Kinder eines städtischen Kindergartens).

 

Normenkette

BGB §§ 615, 297

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 07.12.2004; Aktenzeichen 3 Ca 448/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.07.2006; Aktenzeichen 5 AZR 646/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 07.12.2004, Az. 3 Ca 448/04, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsansprüche der Klägerin.

Die am 17.06.1952 geborene Klägerin steht seit 02.09.1991 bei der beklagten Stadt als Erzieherin im Anstellungsverhältnis. Sie war zuletzt, und zwar bis Dezember 2000, in der Kernzeitbetreuung an der A-Schule eingesetzt. Dabei erzielte sie als Vergütung nach Vergütungsgruppe V c Stufe 4 zuzüglich Vergütungsgruppenzulage von 5 Prozent bei einer vereinbarten Wochenstundenzahl von 14,67 Stunden währungsangepasst etwa EUR 1.100,00 brutto monatlich.

Ab 29.12.2000 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Für die Zeit vom 12.12.2001 bis einschließlich 30.11.2003 erhielt die Klägerin zeitbefristet eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Mit Bescheid vom 29.10.2003 wurde deren Verlängerung abgelehnt. In ihrem Widerspruch vom 16.11.2003 führte die Klägerin aus, sie leide an plötzlich und ohne Vorboten in Abständen von ca. 6 bis 8 Wochen auftretenden Ohnmachtsanfällen, deren Ursache bislang ungeklärt sei. Die Verantwortung gegenüber den mehr als 30 Kindern in der Grundschule könne sie gegenwärtig nicht mehr gewährleisten. Der betriebsärztliche Dienst, den die Beklagte am 28.01.2004 einschaltete, kam am 05.05.2004 zu dem Ergebnis, die Klägerin sei momentan nur bedingt arbeitsfähig, einer Kernzeitbetreuung mit alleiniger Verantwortung für 30 und mehr Kinder sei sie zur Zeit nicht gewachsen.

Mit Schreiben vom 01.05.2004 bot die Klägerin ihre Arbeitsleistung zum 10.05.2004 wieder an und wiederholte das Arbeitsangebot am 10.05.2004. Die beklagte Stadt lehnte die Entgegennahme der Arbeitsleistung jedoch unter Hinweis auf das betriebsärztliche Gutachten vom 05.05.2004 ab. Im Rahmen der Überprüfung einer anderen Einsatzmöglichkeit wurde der betriebsärztliche Dienst unter dem 17.06.2004 um eine ergänzende Untersuchung im Hinblick auf eine beim Kulturamt der Beklagten zu besetzende Stelle im Aufsichtsdienst der Museen gebeten. Mit Bericht vom 06.07.2004 stellte der Gutachter fest, dass weitere Sturzvorfälle nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten, da deren genaue Ursache noch nicht gefunden sei. Eine sichere und eindeutige Prognose bezogen auf den Krankheitsverlauf für die Arbeitsfähigkeit der Klägerin zu stellen, sei nur schwer möglich.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sich in Annahmeverzug befunden, weil sie die angebotene Arbeitsleistung nicht angenommen habe. Die Klägerin sei seit 09.05.2004 arbeitsfähig und in der Lage, die Kernzeitbetreuung verantwortungsvoll zu leisten.

Das Phänomen des sogenannten Sekundenschlafs führe nicht zur Arbeitsunfähigkeit am bisherigen Arbeitsplatz. Dies habe ihr Arzt Dr. K mit Attest vom 19.11.2004 bestätigt.

Die Klägerin

hat die Anträge gestellt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin kalendermonatliche Abrechnungen über ihr Gehalt für den Zeitraum ab einschließlich 10.05.2004 bis 30.11.2004 zu erteilen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin den sich aus der Abrechnung für Mai 2004 ergebenden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 17.05.2004 bis zum 15.06.2004 sowie den sich aus der Abrechnung für Juni 2004 ergebenden Betrag nebst weiteren Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum ab einschließlich 16.06.2004 bis zum 15.07.2004 und den sich aus der Abrechnung für Juli 2004 ergebenden Betrag nebst weiteren Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten für den Zeitraum ab einschließlich 16.07.2004 bis zum 15.08.2004 sowie den sich aus der Abrechnung für August 2004 ergebenden Betrag nebst weiteren Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten für den Zeitraum ab einschließlich 16.08.2004 bis zum 15.09.2004 und den sich aus der Abrechnung für September 2004 ergebenden Betrag nebst weiteren Zinsen hie...

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