Rz. 48

Im Fall der Ablehnung des Anspruchs durch den Arbeitgeber, darf der Arbeitnehmer den Bildungsurlaub nicht antreten. Ein "Selbstbeurlaubungsrecht" steht dem Arbeitnehmer auch bei berechtigtem Antrag auf Bildungsfreistellung nicht zu (BAG, Urteil v. 25.10.1994, 9 AZR 339/93[1]). Auch wenn in einigen Bildungsurlaubsgesetzen aufgrund der nicht frist- oder formgerechten Reaktion des Arbeitgebers eine "Bewilligungsfiktion" eintritt, berechtigt dies allein den Arbeitnehmer nicht dazu, den Bildungsurlaub ohne Zustimmung des Arbeitgebers anzutreten. Eine unberechtigte Selbstbeurlaubung kann arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zu einer Kündigung auslösen.

 

Rz. 49

Dem Arbeitnehmer stehen im Fall der Ablehnung des Antrags vielmehr 2 Möglichkeiten zu.

  1. Er kann auf den Besuch der Weiterbildungsveranstaltung verzichten und den Bildungsurlaub hierfür nicht in Anspruch nehmen. Er kann den Bildungsurlaub dann zu einem anderen Zeitpunkt im Kalenderjahr erneut beantragen und bei Genehmigung antreten.

    Sieht das Gesetz eine Übertragbarkeit des Bildungsurlaubs ins nächste Kalenderjahr vor, so kann dieser auch noch im darauffolgenden Jahr in Anspruch genommen werden. Schließt das Bildungsurlaubsgesetz dagegen eine Übertragung des Bildungsurlaubs aus, verfällt der nicht genommene Bildungsurlaub zum Ende des Kalenderjahres.

     
    Praxis-Beispiel

    Übertragbarkeit des Bildungsurlaubs

    Arbeitnehmer B aus Freiburg und Arbeitnehmerin H aus Frankfurt beantragen Bildungsurlaub für ein 5-tägiges Seminar vom 6.3. bis 10.3.2023 in Köln zum Thema "Der rheinische Karneval und seine praktische Umsetzung". Die jeweiligen Arbeitgeber lehnen die Anträge berechtigterweise form- und fristgerecht ab. B muss seinen Bildungsurlaub noch im Jahr 2023 nehmen, da in Baden-Württemberg nach § 3 Abs. 5 BzG BW eine Übertragung des Bildungsurlaubs ins nächste Jahr nicht möglich ist. Dagegen kann H ihren nicht genommenen Bildungsurlaub ins Jahr 2024 übertragen, da in Hessen § 5 Abs. 8 HBUG eine Übertragung ins nächste Kalenderjahr gestattet.

  2. Will der Arbeitnehmer dagegen diese bestimmte Weiterbildungsmaßnahme zu dem angebotenen Termin trotzdem wahrnehmen, so muss er seinen Anspruch gerichtlich geltend machen, in Eilfällen auch durch eine einstweilige Verfügung.
 

Rz. 50

Lehnt der Arbeitgeber berechtigterweise eine Freistellung ab, dann steht dem Arbeitnehmer kein Anspruch auf Fortzahlung seiner Vergütung zu, wenn er trotzdem an der Bildungsveranstaltung teilnimmt (BAG, Urteil v. 21.9.1993, 9 AZR 429/91[2]; BAG, Urteil v. 2.12.1997, 9 AZR 686/96[3]). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur eine unbezahlte Freistellung anbietet und der Arbeitnehmer ohne weitere Erklärung die Veranstaltung besucht (BAG, Urteil v. 7.12.1993, 9 AZR 325/92[4]).

 

Rz. 51

Das AWbG NW enthält eine Besonderheit für den Fall der frist- und formgerechten Ablehnung des Antrags des Arbeitnehmers auf Freistellung für die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme durch den Arbeitgeber.

Verweigert der Arbeitgeber die Freistellung schriftlich und in der maßgeblichen Frist von 3 Wochen, weil seiner Meinung nach zwingende betriebliche oder dienstliche Belange oder Urlaubsanträge anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, so gelten keine Besonderheiten. Der Arbeitnehmer darf an der Veranstaltung nicht teilnehmen, es sei denn er klagt sein Recht auf Teilnahme vor dem Arbeitsgericht ein.

Für den Fall, dass der Arbeitgeber die Freistellung für die Bildungsmaßnahme aus anderen Gründen innerhalb der 3 Wochen nach Antragstellung schriftlich ablehnt, er etwa der Auffassung ist, die Voraussetzungen nach dem AWbG NW seien nicht erfüllt oder wenn gar keine Gründe angegeben werden, so kann der Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 4 AWbG NW eine Gleichwohlerklärung abgeben und auf diese Weise seine Teilnahme an der Maßnahme erzwingen. Voraussetzung ist aber, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber binnen einer Woche seit Mitteilung der Verweigerung schriftlich mitteilt, er werde gleichwohl an der Bildungsveranstaltung teilnehmen. Gibt der Arbeitnehmer diese Gleichwohlerklärung fristgerecht ab, so darf er auch ohne Freistellung an der Bildungsmaßnahme teilnehmen. Sein Fernbleiben im Betrieb gilt als entschuldigt, der Arbeitgeber darf gegen ihn keine Sanktionen ergreifen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber vor der Teilnahme an der Maßnahme über eine einstweilige Verfügung eine entsprechende gerichtliche Entscheidung erwirkt. Eine solche Entscheidung wird in der Praxis aber kaum zu erreichen sein.

Die Gleichwohlerklärung führt aber nicht zwingend zu einem Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung für die Dauer der Weiterbildung. Hält der Arbeitgeber an seiner Auffassung fest, die Voraussetzungen des AWbG NW für die Teilnahme des Arbeitnehmers an der Veranstaltung seien nicht gegeben, so darf er die Entgeltfortzahlung zunächst einmal nicht leisten. Der Arbeitnehmer muss dann die Vergütung vor dem Arbeitsgericht einklagen, in diesem Zusammenhang wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Weiterbi...

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