Auch in diesen extremen Fällen kommt KUG in Betracht. Die kritischen Voraussetzungen werden im Folgenden aufgegriffen.[1]

Unabwendbares Ereignis

Der Arbeitsausfall muss grundsätzlich unmittelbar auf einem unabwendbaren Ereignis beruhen.

Führt ein im konkreten Einzelfall vorliegendes unabwendbares Ereignis nur mittelbar zu einem Arbeitsausfall, ist somit der Arbeitsausfall nur über die Auslösung weiterer Ursachen wesentlich bedingt, kann KUG aufgrund dieses unabwendbaren Ereignisses gewährt werden.[2]

Eine nur mittelbare Abhängigkeit – außerhalb des konkreten Einzelfalls – genügt in diesem Zusammenhang nicht.

 
Praxis-Beispiel

Mittelbarkeit der Ursache

Ist z. B. bei einem Zuliefererbetrieb der Autoindustrie, der vorwiegend für einen Großbetrieb arbeitet, ein Auftragsmangel eingetreten, der darauf beruht, dass der Großkunde infolge eines durch Blitzschlag verursachten Fabrikbrandes keine oder weniger Aufträge an den Zuliefererbetrieb erteilt, so beruht der daraus resultierende Arbeitsausfall (beim Zuliefererbetrieb) nicht auf einem unabwendbaren Ereignis. Er ist vielmehr durch wirtschaftliche Ursachen (Auftragsmangel) ausgelöst worden, wobei u. a. zu prüfen ist, inwieweit er vermeidbar ist.

Zu den Witterungsverhältnissen, die kein unabwendbares Ereignis darstellen[3], gehören vor allem solche Arbeitsausfälle, die in den Wintermonaten eintreten und unmittelbar oder mittelbar durch normalen Witterungsverlauf verursacht sind (z. B. Arbeitsausfälle in Sägewerken, in der Land- und Forstwirtschaft).

 
Wichtig

Wegerisiko des Arbeitnehmers

Wenn Arbeitnehmer z. B. infolge ungünstiger Witterung, Straßensperren oder Fahrverboten bei Smogalarm ihren Arbeitsplatz nicht erreichen, die Fortführung der Arbeit im Betrieb aber möglich ist, fällt die Arbeit nicht aus den in § 96 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen aus. Kurzarbeitergeld kann hier selbst dann nicht gewährt werden, wenn aus dem "objektiven Leistungshindernis" heraus die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers gemäß § 616 BGB entfällt und für die Ausfallstunden deshalb kein Arbeitsentgelt gezahlt wird.[4]

Vorübergehender Arbeitsausfall

Kurzarbeitergeld gibt es nur, wenn der Arbeitsausfall "vorübergehend" ist. Ein vorübergehender Arbeitsausfall liegt nur vor, wenn sich aus den Gesamtumständen des Einzelfalls (z. B. Art der Produktion, Rohstofflage, Rentabilität und Liquidität des Betriebs) ergibt, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit zu rechnen ist. In Anlehnung an die Regelung in § 104 Abs. 1 SGB III kann davon ausgegangen werden, dass in der Regel ein Zeitraum, der 6 Monate[5] nicht überschreitet, noch als vorübergehend anzusehen ist.[6]

Die Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit sind klar: Die vorübergehende Natur des Arbeitsausfalls muss, ebenso wie die Unvermeidbarkeit[7], während der gesamten Dauer des KUG-Bezugs gegeben sein. Ist von vornherein erkennbar, dass die Wiederaufnahme der Vollarbeit innerhalb der nach § 96 Abs. 1 SGB III in Betracht kommenden Zeiträume nicht möglich ist, so kann KUG nicht gewährt werden. Wird während des Bezugs von KUG festgestellt, dass keine Aussicht auf Beendigung der Kurzarbeit mehr besteht, so ist die Entscheidung über die Gewährung von KUG[8] von diesem Zeitpunkt an aufzuheben.[9]

Unvermeidbarkeit

Der Arbeitsausfall muss, um KUG beziehen zu können, unvermeidbar sein.[10] Um die Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls sicherzustellen, hat der Betrieb vor Beginn und während des Arbeitsausfalls alles in seiner Kraft Stehende zu unternehmen, um den Arbeitsausfall zu vermindern oder zu beheben. Unterlässt es der Betrieb, geeignete und wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen durchzuführen, die den Arbeitsausfall mit Wahrscheinlichkeit abgewendet hätten, so entfällt die Gewährung von KUG.[11] Die darin zum Ausdruck kommende Schadensminderungspflicht trifft nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch die Betriebsvertretung und den einzelnen Arbeitnehmer. Es können auch präventive Maßnahmen zur Schadensminderungspflicht des Betriebs gehören. Sind rechtzeitig alternative Beschaffungen geprüft worden, ist die Lage an einem Fluss oder in einem Hochwassergefahrenbereich, ist die Architektur mit Sonneneinwirkung auf die Arbeitsplätze wirklich unvermeidbar – all diese Fragen werden zu stellen sein, bevor die Kurzarbeiterkasse zur Zahlung schreitet.

Dies gilt auch in Fällen, in denen der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis beruht. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist Frage des Einzelfalls. Einem Arbeitgeber darf aber nicht mehr abverlangt werden, was die betrieblichen Strukturen wirtschaftlich zulassen.

[1] Zu allen Voraussetzungen von KUG s. Beitrag Voraussetzungen für den Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
[5] Nach Erlass einer Rechtsverordnung durch das BMAS gem. § 109 Abs. 1 Nr. 2 SGB III auch einen längeren Zeitraum, höchstens jedoch 24 Monate.

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