0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift trat mit dem SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) ab 1981 in Kraft und gilt in der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) mit Wirkung zum 1.1.2001.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

§ 2 regelt im Rahmen der örtlichen Zuständigkeit die Zuständigkeitskonkurrenz, den negativen und positiven Kompetenzkonflikt sowie die Zuständigkeitsänderung während eines laufenden Verwaltungsverfahrens und den Erlass unaufschiebbarer Maßnahmen. Die Zuständigkeitsregelungen sind zwingend, soweit nicht durch Gesetz abweichende Vereinbarungen zugelassen sind. Unter die Vorschrift fallen alle Tätigkeiten einer Behörde (vgl. § 1 Abs. 2) im Bereich des öffentlichen Rechts zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, nicht nur das Verwaltungsverfahren i. S. d. §§ 8ff. Die örtliche Zuständigkeit einer Behörde ist nur im Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit (vgl. §§ 18 bis 29 SGB I) gegeben und muss gesetzlich festgelegt sein.

Abs. 1, 2 und 4 entsprechen § 3 Abs. 2 bis 4 VwVfG. Abs. 3 stellt sicher, dass während des Zuständigkeitswechsels eine Unterbrechung der Leistungen nicht eintritt. Angesichts der organisatorischen Vielgestaltigkeit auf dem Gebiet der im SGB zusammengefassten Rechtsgebiete hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Behörden im SGB X unmittelbar zu regeln. Allgemein gilt: Im Anwendungsbereich des SGB steht die sachliche Zuständigkeit im Vordergrund; eine Übersicht hierüber geben die §§ 18 bis 29 SGB I. Die örtliche Zuständigkeit grenzt den räumlichen Bereich ab, innerhalb dessen die Behörden die ihnen zugewiesenen sachlichen und funktionellen Zuständigkeiten bzw. Kompetenzen ausüben und bedeutet, dass die Behörde in einem bestimmten räumlichen Wirkungskreis die ihr zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen hat. Dabei legt § 2 – ausgenommen Abs. 4 – die örtliche Zuständigkeit der Behörde nicht fest, sondern setzt sie voraus.

Beispiele für die Regelung der örtlichen Zuständigkeit im Sozialrecht finden sich in § 36 SGB II, § 327 SGB III, § 93 Abs. 3 SGB IV, § 128 SGB VI, § 130 SGB VII, §§ 86ff. SGB VIII, § 98 SGB XII, § 13 BKKG.

Die örtliche Zuständigkeit einer Behörde kann sich bei Versicherten bzw. Leistungsberechtigten aus dem Wohnsitz, dem gewöhnlichen oder tatsächlichen Aufenthalt, dem Beschäftigungs- oder Tätigkeitsort, der Ausbildungsstätte sowie bei Unternehmen aus dem Betriebssitz ergeben.

2 Rechtspraxis

2.1 Prioritätsprinzip und Kompetenzkonflikt

 

Rz. 3

Abs. 1 Satz 1 geht vom Prioritätsprinzip aus, d. h., bei örtlicher Zuständigkeit mehrerer Behörden ist die zuerst mit der Sache befasste Behörde zur Entscheidung zuständig. Das Einvernehmen der anderen ebenfalls zuständigen Behörde(n) ist nicht erforderlich. Damit soll vor allem eine Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden, da der Leistungsberechtigte sonst bis zum endgültig verbindlichen Abschluss eines Zuständigkeitsstreits warten müsste. Die Regelung gilt sowohl für auf Antrag als auch für von Amts wegen eingeleitete öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1. Die Befassung mit der Sache ist bereits bei einer internen Auseinandersetzung mit der Angelegenheit gegeben. Keine Befassung mit der Sache liegt dagegen in der Erteilung einer Auskunft außerhalb eines Verwaltungsverfahrens. § 2 erfasst nicht die Fälle, in denen sich nach Einleitung eines Verwaltungsverfahrens die örtliche Unzuständigkeit herausstellt und deshalb die Abgabe an die zuständige Behörde erfolgt.

Die Behörde hat ihre örtliche Zuständigkeit in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen; eine fehlende örtliche Zuständigkeit zieht die Rechtswidrigkeit, aber nicht die Nichtigkeit eines von der unzuständigen Behörde erlassenen Verwaltungsaktes nach sich (§ 40 Abs. 3 Nr. 1). Für die Sozialversicherung ist die Regelung wegen § 16 SGB I von geringer Bedeutung. Danach sind Anträge auf Sozialleistungen beim zuständigen Leistungsträger zu stellen; allerdings haben nicht zuständige Leistungsträger Anträge entgegenzunehmen und unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten.

Kommt die Zuständigkeit eines Sozialleistungsträgers grundsätzlich in Betracht, hat er den Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes zu bescheiden, auch wenn er der Auffassung ist, im Einzelfall sachlich oder örtlich nicht zuständig zu sein (BSG, Urteil v. 11.11.2003, B 2 U 36/02 R, SozR 4-1500, § 88 Nr. 1).

Abs. 1 Satz 2 behandelt die Fälle des positiven und negativen Kompetenzkonflikts und der zweifelhaften Zuständigkeit. Halten sich mehrere Behörden für zuständig oder hält sich keine Behörde für zuständig, so handelt es sich um einen Kompetenzkonflikt im positiven oder negativen Sinn. Ein Kompetenzzweifel liegt vor, wenn die örtliche Zuständigkeit aus anderen Gründen rechtlicher oder tatsächlicher Art zweifelhaft ist.

Dabei hat die gemeinsame Aufsichtsbehörde jedoch von Amts wegen oder auch auf Anregung von Beteiligten die Befugnis zu entscheiden, dass sich in Durchbrechung des Prioritätsprinzips eine andere örtlich zuständige Behörde mit der Sache befassen soll bzw. welche Behörde bei Zuständigkeitsstreit oder...

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