Rz. 41

Satz 2 bestimmt, dass die Vollendung des 62. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend bleibt, auch wenn die dort jeweils benannte Rente vor Vollendung des 62. Lebensjahres – Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente – beginnt oder der Versicherte vor Vollendung des 62. Lebensjahr verstorben ist (Hinterbliebenenrente). Hierbei ist die Übergangsvorschrift des § 264d zu berücksichtigen, der bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Renten wegen Todes in einem Übergangszeitraum bis einschließlich 31.12.2023 die maßgebende Altersgrenze für die Bestimmung des Zugangsfaktors stufenweise (in Monatssprüngen) anhebt; diese Anhebungsregel betrifft sowohl die Altersgrenze des 62. Lebensjahres, als auch die Altersgrenze des 65. Lebensjahres.

 

Rz. 42

§ 77 Abs. 2 Satz 2 (ggf. i. V. m. § 264c und der Anl. 23 zum SGB VI – hier in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung) ist als Berechnungsregel zur Umsetzung der allgemeinen Grundsätze zur Rentenhöhe i. S. d. § 63 Abs. 5 i. V. m. § 64 Nr. 1 zu verstehen (BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 5 R 18/11 R; BSG, Urteil v. 14.8.2008, B 5 R 32/07 R; BSG, Beschluss v. 25.2.2010, B 13 R 345/09 B, Rz. 10; BSG, Urteil v. 25.11.2008, B 5 R 112/08 R).

 

Rz. 43

Bei der in § 77 Abs. 2 Satz 2 enthaltenen Bezugnahme auf das 60. Lebensjahr (heute das 62. Lebensjahr) des Versicherten handelt es sich daher um eine Fiktion für die Bemessung des Zugangsfaktors und nicht etwa um die Festlegung des Beginns der Rentenminderung (BSG, Beschluss v. 25.2.2010, B 13 R 345/09 B, Rz. 10). Der Rentenbeginn wird insoweit fiktiv zur Bestimmung des Zugangsfaktors auf die Vollendung seines 62. Lebensjahres "verschoben" mit der Folge, dass der Abschlag vom Zugangsfaktor nur für den Zeitraum bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres, mithin für 36 Monate, erfolgt.

 

Rz. 44

Die Regelung in § 77 Abs. 2 Satz 2 enthält daher auch kein Abschlagsverbot für Hinterbliebenenrenten, wenn der Versicherte – fiktiv im Erlebensfalle – ab dem Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres Altersrente mit ungekürztem Zugangsfaktor 1,0 hätte erhalten können. Vielmehr bleibt auch für diese Fallkonstellation maßgebend, dass bei einem frühzeitigen Versterben des Versicherten die Hinterbliebenenrente typischerweise für einen längeren Zeitraum zu zahlen ist und damit einen versicherungsmathematischen Abschlag rechtfertigt (BSG, Beschluss v. 25.2.2010, B 13 R 345/09 B, Rz. 11).

 

Rz. 45

Satz 2 hat damit die Funktion der Festlegung eines Höchstabschlages (BSG, Urteil v. 14.8.2008, B 5 R 140/07 R; vorgehend bereits SG Schleswig, Urteil v. 21.11.2007, S 6 R 64/07; BSG, Urteil v. 25.11.2008, B 5 R 112/08 R). Ein sehr früher Rentenbeginn würde bei isolierter Anwendung des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 zu einer Absenkung des Zugangsfaktors auf null führen; bei jüngeren erwerbsgeminderten Versicherten wird hinsichtlich des Zugangsfaktors daher so getan, als habe der Versicherte das 60. Lebensjahr bereits vollendet (BSG, Urteil v. 25.11.2008, B 5 R 112/08 R, Rz. 20). Die Rentenminderung beträgt bei Erwerbsminderungs-, Erziehungs- und Hinterbliebenenrenten daher höchstens 10,8 %, (= 36 Monate x 0,3 %), sodass der Zugangsfaktor für diese Renten im Minimalfall 0,892 beträgt (vgl. BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 5 R 18/11 R; im Anschluss an BSG, Urteil v. 14.8.2008, B 5 R 32/07 R, sowie BSG, Urteile v. 26.6.2008, B 13 R 9/08 S und B 13 R 11/08 S).

 

Rz. 46

Damit ist ein einheitlicher Zugangsfaktor für die gesamte Zeit des Rentenbezugs festgelegt (BSG, Urteil v. 25.11.2008, B 5 R 112/08 R, Rz. 21, damit verwarf das BSG auch eine Entscheidung des 4. Senats, vgl. BSG, Urteil v. 16.5.2006, B 4 RA 22/05 R, Rz. 23, der 4. Senat ging noch von einem variablen Zugangsfaktor in Abhängigkeit von verschiedenen Bezugszeiträumen aus; das Konzept der Vorzeitigkeit ist damit verworfen).

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