Rz. 3

Die Beitragsbemessungsgrenze bezeichnet den Betrag, bis zu dem die Beitragsbemessungsgrundlage (§ 161) der Beitragsberechnung zugrunde gelegt wird (§ 157). Nur für die Höhe der Beiträge, nicht aber für die Frage, ob Versicherungspflicht besteht, hat sie Bedeutung. Denn anders als die gesetzliche Krankenversicherung (§ 6 Abs. 1 SGB V) kennt die gesetzliche Rentenversicherung keine Versicherungspflichtgrenze (§ 1). Ein Arbeitnehmer, dessen Einkünfte die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, bleibt daher in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig, der oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegende Teil der Einkünfte führt aber nicht zu einer Erhöhung der Beiträge (vgl. dazu auch die Komm. zu § 157 Rz. 2 und § 70 Abs. 2 Satz 2 zum Zusammentreffen von Kindererziehungszeiten mit Beitragszeiten) und auch entsprechend nicht zur Erhöhung von Leistungen.

 

Rz. 4

Die Beitragsbemessungsgrenze stellt eine für das System der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland "signifikante Größe" dar (vgl. BSG, SozR 3-2600 § 256a Nr. 5, 8) bzw. das Kernstück, das u. a. in dem System als Belastbarkeits-, Versicherungsschutz- und Leistungsgrenze ein Mindestmaß an Chancen- und Lastengleichheit zwischen den "aktiv Versicherten" (Beitragszahlern), den "passiv Versicherten" (Rentenempfängern) und zwischen den ("drei") Generationen sowie – zusammen mit dem Durchschnittsentgelt – die Vergleichbarkeit der Werte ihrer Vorleistungen sichert (vgl. BSG, Urteil v. 10.4.2003, B 4 RA 41/02 R). Die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt die Beitragslasten, die von den aktiv Versicherten für die jeweiligen Rentner (fremdnützig) getragen werden müssen (Belastbarkeitsgrenze), und legt zugleich den Umfang des möglichen eigenen rentenversicherungsrechtlichen Schutzes fest (Versicherungsschutzgrenze). Darüber hinaus limitiert sie die Leistungen an die jeweilige Rentnergeneration (Leistungsgrenze). Schließlich stellt sie durch ihre jeweilige Relation zum Durchschnittsentgelt maßstäblich die intertemporäre und relationale Vergleichbarkeit der Vorleistungen der "Generationen" her. Die auf versicherungsrechtlichen Vorleistungen beruhenden Rechte und Ansprüche können nur in diesen Grenzen bestehen und entstehen. Verdienste oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze sind schlechthin versicherungsrechtlich nicht relevant (vgl. hierzu und zur Verfassungsmäßigkeit der Beitragsbemessungsgrenze ausführlich: BSG, Urteil v. 10.4.2003, B 4 RA 41/02 R, und BSG, Urteil v. 30.1.2003, B 4 RA 47/02 R.

Die Begrenzung der Bewertung zeitgleich zurückgelegter Kindererziehungszeiten und sonstiger Beitragszeiten auf die der Beitragsbemessungsgrenze entsprechenden Höchstwerte nach § 70 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. der Anlage 2b zum SGB VI ist systemimmanent und daher verfassungsgemäß (BSG, Urteile v. 16.10.2019, B 13 R 14/18 R und B 13 R 18/18 R).

 

Rz. 5

Nach dem Inkrafttreten des § 159 wurde die Beitragsbemessungsgrenze zunächst entsprechend der Übergangsvorschrift des § 287 (aufgehoben zum 1.1.2012) bestimmt. Grundlage für die Beitragsbemessungsgrenze des Jahres 1992 waren (im alten Bundesgebiet) die Werte des Jahres 1991.

 

Rz. 5a

Die Beitragsbemessungsgrundlage wird gemäß Satz 1 entsprechend dem Verhältnis fortgeschrieben, in dem die Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer im vergangenen Kalenderjahr zu derjenigen des vorvergangenen Kalenderjahres steht. Ausgehend von der Beitragsbemessungsgrundlage 1992 erfolgte entsprechend Satz 1 seitdem durch Rechtsverordnung (§ 160) die Berechnung der Beitragsbemessungsgrenze. Dabei ist seit dem 1.1.2002 das Ergebnis nach der Fortschreibung auf das nächsthöhere Vielfache von 600 aufzurunden (vor Einführung des Euro bis zum 31.12.2001 auf das nächsthöhere durch 1200 teilbare Vielfache).

 

Rz. 5b

Von diesem Verfahren abweichend wurde die Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2003 nicht durch Verordnung, sondern durch das Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) v. 23.12.2002 (BGBl. I S. 4637) festgelegt und von dem ungefähr 1,8fachen auf das Doppelte des Durchschnittsentgelts erhöht (vgl. dazu auch die Komm. zu § 275c, BT-Drs. 15/28 bzw. BR-Drs. 833/02 und BVerfG, Beschluss v. 13.9.2005, 2 BvF 2/03, sowie Gallon, Die Sozialversicherung 2003, 141; zu Auswirkungen auf Versorgungszusagen vgl. BAG, Urteile v. 23.4.2013, AZR 475/11 und 3 AZR 531/11, mit denen das BAG seine bisherige Rechtsprechung in den Urteilen v. 21.4.2009, 3 AZR 471/07 und 3 AZR 695/08, aufgegeben hat, sowie Urteile v. 20.5.2014, 3 AZR 936/11, 3 AZR 1071/12, 3AZR 952/11, 3 AZR 435/12). Für die anschließenden Jahre wurde die Beitragsbemessungsgrenze wieder nach dem in § 159 beschriebenen Verfahren bestimmt. Auf diese Weise ist die Beitragsbemessungsgrenze dauerhaft angehoben worden, was zunächst zu einem höheren Beitragsaufkommen bzw. einem Entlastungseffekt, langfristig aber auch zu höheren Leistungsansprüchen führt.

 

Rz. 5c

Mit Wirkung zum 12.12.2006 sind die "Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz ...

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