Rz. 59

Aufgrund Abs. 2 Satz 3 soll (nicht muss) eine stationäre medizinische Rehabilitationsleistung längstens 3 Wochen dauern. Zur sachlichen Begründung dieser Befristung wird darauf verwiesen, dass bei dem heutigen Qualitätsstandard der medizinischen Rehabilitationsleistungen "im Regelfall" 3 Wochen ausreichen, um das Rehabilitationsziel zu erreichen.

In der Praxis ist eine stationäre Rehabilitation von längstens 3 Wochen allerdings nicht immer die Regel. Das liegt daran, dass es oft nicht möglich ist, den Behinderten durch eine lediglich 3-wöchige Rehabilitationsleistung in den Beruf und die Gesellschaft zurückzuführen. So beträgt die Rehabilitationsdauer z. B.

  • bei neurologischen Erkrankungen unter Umständen mehrere Monate,
  • bei psychisch Erkrankten meist zwischen 5 bis 7 Wochen, bei bestimmten psychischen Indikationen sogar wesentlich länger,
  • bei stationären Entwöhnungen von Abhängigkeitskranken mehrere Monate (bei Alkoholabhängigen bis zu 16 Wochen, bei Drogenabhängigen bis zu 26 Wochen).

Deshalb enthält Abs. 2 Satz 4 nicht unbegründet den Hinweis, dass stationäre Rehabilitationsleistungen für einen längeren Zeitraum als 3 Wochen bewilligt werden können, wenn sich das Rehabilitationsziel (dauerhafte Wiedereingliederung in Beruf und Gesellschaft) nicht eher erreichen lässt.

Ein kürzerer Rehabilitationszeitraum als 3 Wochen ist in der Regel aus medizinischer Sicht nicht sinnvoll.

 

Rz. 60

Da die ambulant durchgeführten Rehabilitationsleistungen bis auf die Unterkunft und (ggf.) Verpflegung i. d. R. die gleichen Inhalte wie die stationären haben, ist die Regelung des Abs. 3 ohne weiteres auf ambulante Rehabilitationsleistungen anzuwenden. Anstelle der 3 Wochen treten dann (3 × 5 =) 15 Therapietage. Auch hier gilt der Grundsatz, dass die Dauer der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation verlängert werden kann, wenn sozialmedizinische Gründe dafür sprechen, dass das geplante Rehabilitationsziel nach Ende der 3 Wochen noch nicht erreicht wird.

In der Regel bewilligt der Rentenversicherungsträger eine Rehabilitationsleistung für die Dauer von 3 Wochen bzw. für die aus medizinischer Sicht notwendige Mindestdauer. Hält die Rehabilitationsklinik eine längere Rehabilitationsdauer für notwendig, hat sie dieses dem Rentenversicherungsträger rechtzeitig mit einem Zwischenbericht (über inzwischen erreichte und noch nicht erreichte Rehabilitationsziele) anzuzeigen. Die Kosten der notwendigen Verlängerung sind dann vom Rentenversicherungsträger zu bewilligen.

 

Rz. 61

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wann der Rentenversicherungsträger durch seine Leistungen bei dem jeweiligen Versicherten das Rehabilitationsziel erreicht hat.

Nach § 4 Abs. 1 SGB IX i. V. m. § 7 SGB IX und § 9 Abs. 1 SGB IV haben die Leistungen der Rentenversicherung das Ziel,

  • den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten entgegenzuwirken

und

  • dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit des Versicherten oder sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern – also den Versicherten möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wieder einzugliedern.

Für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten ist entscheidend, wie sich aus sozialmedizinischer Sicht die Leistungsfähigkeit des Versicherten im Erwerbsleben darstellt. Dies ist die noch aktivierbare Restleistungsfähigkeit unter Berücksichtigung der vorhandenen Behinderungen. Ziel ist nicht nur die Erreichung einer (für das Rentenrecht maßgebenden) Erwerbsfähigkeit von mindestens 6 Stunden täglich; das Rehabilitationsziel ist vielmehr erst erreicht, wenn der Versicherte den berufstypischen Anforderungen der von ihm bisher ausgeübten Tätigkeit gesundheitlich (wieder) im vollen Umfang gewachsen ist (BSG, Urteile v. 29.1.2008, B 5a/5 R 26/07 R, und v. 20.10.2009, B 5 R 44/08 R; vgl. auch LSG München, Urteil v. 25.4.2018, L 13 R 64/15).

 

Rz. 62

Nach Auffassung des Autors darf der Rentenversicherungsträger den Versicherten nach Ablauf der dreiwöchigen medizinischen Rehabilitationsleistungen nicht auf die Leistungen der Krankenversicherung (z. B. ärztliche Behandlung, Heilmittelversorgung) verweisen und die Rehabilitation beenden, wenn zur schnelleren Zielerreichung (= Erreichung der berufstypischen Anforderungen) noch rehabilitative Komplexleistungen i. S. d. § 15 SGB VI notwendig sind. Eine Verkürzung der Rehabilitationsdauer mit dem Hinweis, dass das Leistungsspektrum der Krankenkasse ebenfalls im Rahmen der Krankenbehandlung (§§ 27 ff. SGB V) Heilmittel/Therapien usw. vorsieht, darf wegen § 4 Abs. 2 Satz 2 SGB IX nicht erfolgen.

Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 SGB IX hat der Rentenversicherungsträger die Leistungen im Rahmen der für ihn geltenden Rechtsvorschriften nach Lage des Einzelfalls so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität zu erbringen, dass Leistungen eines anderen Trägers möglichst nicht erforderlich werden. Dadurch ergibt sich für den Rentenversicherungsträger die Verpflichtung, im ...

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