0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist am 1.7.1977 in Kraft getreten. Sie hat die bis dahin geltenden Vorschriften in § 3 Abs. 4, § 7 Abs. 2 und 3 sowie § 5 des Selbstverwaltungsgesetzes (SVwG) ersetzt. Wie folgt wurde die Vorschrift geändert.

  • Das Gesetz zur Verbesserung des Wahlrechts für die Sozialversicherungswahlen v. 27.7.1984 (BGBl. I S. 1029) hat mit Wirkung vom 3.8.1984 die Abs. 1 sowie 3 bis 5 geändert oder ergänzt.
  • Das Dritte Wahlrechtsverbesserungsgesetz (3. WRVG) v. 29.4.1997 (BGBl. I S. 968) hat die Abs. 1 und 4 geändert bzw. neu gefasst, und zwar teilweise ab 7.5.1997, teilweise ab 1.1.1997 (vgl. hierzu Art. 1 Nr. 7 und Art. 18 Abs. 3 und 5).
  • Das Zweite SGB IV-ÄndG v. 10.8.2003 (BGBl. I S. 1600) hat ab 15.8.2003 dem Abs. 2 den Satz 2 angefügt und ferner in Abs. 3 Satz 1 anstelle der Wahlankündigung auf die Wahlausschreibung abgestellt und in Abs. 4 den Satz 3 angefügt.
  • Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz – UVMG) v. 30.10.2008 (BGBl. I S. 2130) ist Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 mit Wirkung zum 5.11.2008 redaktionell angepasst worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

§ 48 regelt die Fragen, welche Personen oder Personenvereinigungen das Recht zur Einreichung der Vorschlagslisten haben und welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Dem Charakter der Listenwahl – nicht einer Persönlichkeitswahl – entsprechend haben die Wähler selbst nicht mehr die Möglichkeit unter den vorgeschlagenen Personen eine Auswahl zu treffen. Für die Wähler ist vielmehr in verbindlicher Weise schon vorher eine gewisse Vorauswahl getroffen worden, die zu einer Liste geführt hat, die der Wähler nur als Ganzes wählen oder ablehnen kann. Sinn der Regelung in § 48 ist es, für diese Vorauswahl bindende Grundsätze festzulegen, die im Vorfeld ein transparentes Verfahren gewährleisten.

 

Rz. 3

Dazu gehört es, wenn in § 48 die zur Einreichung von Vorschlagslisten berechtigten Personen oder Personenvereinigungen präzise bestimmt werden (insbesondere nach Abs. 1), wenn ein sog. Unterschriftenquorum – je nach Größe der Versicherungsträger – festgelegt wird (Abs. 2) und weitere Erfordernisse aufgestellt werden. Die Vorschrift wird durch die Regelungen der Wahlordnung für die Sozialversicherung (SVWO, vgl. § 56) ergänzt. Form und Inhalt der Vorschlagslisten sind in § 15 SVWO festgelegt.

2 Rechtspraxis

2.1 Träger des Vorschlagsrechts (Abs. 1)

2.1.1 Gewerkschaften und andere Arbeitnehmervereinigungen (Nr. 1)

 

Rz. 4

Neben Gewerkschaften sind auch andere selbständige Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) sowie deren Verbände berechtigt, Vorschlagslisten einzureichen. Die Regelung, die den Begriff der Gewerkschaft offen lässt, ist im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 48a (Vorschlagsrecht der Arbeitnehmervereinigungen) zu sehen. Diese lässt erkennen, dass der herkömmliche und auch dem Art. 9 Abs. 3 GG zu Grunde liegende Gewerkschaftsbegriff gemeint ist (so ausdrücklich BSG, Urteil v. 8.9.2015, B 1 KR 28/14 R). Wesentlich ist die Tariffähigkeit. Beispiele für Gewerkschaften sind daher etwa die Einzelgewerkschaften des DGB und des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands (CGB), ebenso die bis 1979 unter dem Namen "Bund der Sozialversicherungs-Beamten und -Angestellten" und seither als "Gewerkschaft der Sozialversicherung" (GdS) auftretende Vereinigung (BSG, Urteil v. 8.9.2015, B 1 KR 28/14 R), ferner der Deutsche Handels- und Industrieangestellten-Verband (DHV).

 

Rz. 5

Als andere selbständige Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) sind nach § 48a jedenfalls dem Gewerkschaftsbegriff entsprechende Vereinigungen anzusehen, darüber hinaus aber auch Vereinigungen, die bestimmte Nachhaltigkeitsanforderungen (nach § 48a Abs. 1) erfüllen. In jedem Falle ist Selbständigkeit und eine sozial- oder berufspolitische Zwecksetzung erforderlich (Nr. 1), so dass beispielsweise Vereine von Hausfrauen, Schülern, Studenten oder Selbständigen nicht als "sonstige Arbeitnehmervereinigung" anzusehen wären. Den Anforderungen genügen andererseits auch Vereinigungen von Rentnern, die im aktiven Berufsleben Arbeitnehmer waren (vgl. Freund, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 48 Rz. 6 m. w. N.). Vereine, deren Zweck lediglich in der Teilnahme an den Sozialversicherungswahlen bestände, würden die Anforderungen nicht erfüllen.

2.1.2 Arbeitgebervereinigungen (Nr. 2)

 

Rz. 6

Wie die Arbeitnehmervereinigungen sozial- oder berufspolitische Zwecke verfolgen müssen (hier in Nr. 1 ausdrücklich gefordert), muss man auch für Vereinigungen der Arbeitgeber eine bestimmte sachbezogene, nämlich arbeitsrechtliche oder sozialpolitische Zwecksetzung fordern müssen, insbesondere muss Tariffähigkeit vorliegen. Rein wirtschaftliche Zwecke des Zusammenschlusses reichen nicht aus. Innungen sind – da tariffähig – Arbeitgebervereinigungen, ebenso Kreishandwerkerschaften. Für den Hessischen Bauernverband liegen die Voraussetzungen nicht vor, da sein Mitgliederkreis über Arbeitgeber hinaus auch andere Personen aus dem bäuerlichen Bereich umfasst (BSGE 16 S. 281).

2.1.3 Berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft und Landesfeuerwehrverbände (Nr. 3)

 

Rz. 7

Das Recht, Vorschlagslisten ...

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