Rz. 17

Abs. 1 regelt allgemein die Anspruchsvoraussetzungen für den Zuschlag; allerdings erschöpfen sich die Voraussetzungen nicht in Abs. 1, sondern werden flankiert von der Einkommensanrechnung nach § 97a und den Regelungen in Abs. 4. Eine Vermögensanrechnung nach dem Vorbild der grundsicherungsrechtlichen Regelung des § 12 SGB II findet hingegen nicht statt.

2.1.1 Voraussetzungen im Überblick

 

Rz. 18

Voraussetzungen (zu den Voraussetzungen im Überblick vgl. auch: BT-Drs. 19/18473 S. 33, BR-Drs. 85/20 S. 36; vgl. auch: GRA der DRV zu § 76g SGB VI, Stand: 25.1.2022, Anm. 2.) für den Anspruch auf Grundrentenzuschlag sind daher:

  • 33 Jahre (= 396 Kalendermonate) belegt mit Grundrentenzeiten nach Abs. 2,
  • Unterschreitung des maßgebenden Höchstwerts nach Abs. 4,
  • negative Einkommensprüfung nach § 97a – Einkommensanrechnung (vgl. weitergehend die Komm. zu § 97a).

Die Voraussetzungen müssen bei einer Altersrente oder einer Erziehungsrente bis zum Vormonat des Rentenbeginns erfüllt sein. Bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit müssen die Voraussetzungen bis zum Eintritt des Leistungsfalls vorliegen; Ausnahme ist § 43 Abs. 6. Später zurückgelegte Grundrentenzeiten können sich allenfalls bei einer späteren Rente anspruchsbegründend bzw. ggf. rentenerhöhend auswirken, z. B. bei einem Wechsel von einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in eine Altersrente (GRA der DRV zu § 76g SGB VI, Stand: 25.1.2022, Anm. 2.).

2.1.2 Voraussetzung 33 Jahre Grundrentenzeiten – sog. Türöffnerzeiten

 

Rz. 19

Wesentliche materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung ist nach Abs. 1 die Erfüllung von 33 Jahre Grundrentenzeiten (= 396 Kalendermonate); vgl. Komm. zu Abs. 2. Die Grundrentenzeiten werden in Abs. 2 Satz 1 bis 3 näher definiert. Diese Zeiten werden auch "Türöffnerzeiten" genannt.

 

Rz. 20

Es gilt das Monatsprinzip nach § 122 Abs. 1. Auch nur zum Teil belegte Zeiten gelten als voller Monat.

 

Rz. 21

Der Anspruch ist durch die Verknüpfung mit dieser Voraussetzung nicht vollständig losgelöst vom Äquivalenzprinzip oder dem Prinzip der Lebensleistung nach § 63 Abs. 1. Die Grundrente in Form des Zuschlags ist nicht bedingungslos, sondern setzt auf die Vorleistung einer langen Beitragszahlung des Versicherten (BT-Drs. 19/18473 S. 1, BR-Drs. 85/20 S. 1; so ausdrücklich das Gesetzesmotiv, vgl. BT-Drs. 19/18473 S. 2, BR-Drs. 85/20 S. 2, BT-Drs. 19/20711 – Beschlussempfehlung und Bericht S. 2), auch wenn diese Beitragszahlung gerade deutlich niedriger ausfällt als der Durchschnitt.

 

Rz. 22

Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass Erwerbsbiografien mit Blick auf die Regelaltersgrenze und je nachdem, ab welchem Zeitpunkt eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen wurde, unter Umständen bis zu 50 Jahre umfassen können (BT-Drs. 19/18473 S. 36, BR-Drs. 85/20 S. 33). Ausgehend von dieser Überlegung ist eine Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung von 33 Jahren Grundrentenzeiten für einen großen Personenkreis denkbar.

2.1.3 Zuschlagsberechtigte Bezugsrente

 

Rz. 23

Der Zuschlag ist an keinen bestimmten Rentenbezug geknüpft; mögliche Bezugsrenten sind daher alle Rentenarten (so sieht das auch die DRV, vgl. DRV-Rundschreiben 3/2020 v. 8.7.2020 S. 2):

  • Altersrenten,
  • Erwerbsminderungsrenten und
  • Hinterbliebenenrenten.

2.1.4 Anspruchsberechtigter Personenkreis

 

Rz. 24

Der anspruchsberechtigte Personenkreis ist nicht auf Neurentner beschränkt, sondern erfasst alle Rentner, also auch solche Rentner, die bereits vor dem 1.1.2021 im Rentenbezug standen; für Bestandsrentner gelten je nach deren Rentenbeginn die Sonderregelungen des § 307e (bei einem Rentenbeginn nach dem 31.12.1991) oder des § 307f (bei einem Rentenbeginn vor dem 1.1.1992).

2.1.5 Verfassungsrechtliche Implikationen

 

Rz. 25

An der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Grundrente sind insbesondere vor dem Hintergrund von Art. 3 GG Zweifel angemeldet worden (vgl.: Ruland, Die Verfassungswidrigkeit der Grundrente – Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit bzw. -widrigkeit des Entwurfs eines Grundrentengesetzes (BR-Drs. 85/20; BT-Drs. 19/18473), April 2020; das Gutachten ist online abrufbar unter der Adresse: https://www.insm.de/fileadmin/insm-dms/text/kampagne/nachhaltige-rente/Ruland_Gutachten__INSM.pdf; zuletzt abgerufen am 4.3.2024). Die Grundrente führe dazu, dass Versicherte trotz gleicher Beitragsleistung unterschiedlich hohe Renten oder auch Versicherte trotz unterschiedlicher Beitragsleistung gleich hohe Renten erhalten (vgl. auch Ruland, NZS 2019, 881). Soweit der Höchstwert nach Abs. 4 Satz 5 bei 35 Jahren und bei einem versicherten Entgelt im Durchschnitt bei 0,8004 festgesetzt wird und damit den Anspruch auf Grundrentenzuschlag oberhalb dieser Grenze kappt, ist dies nach der hier vertretenen Auffassung nicht zu beanstanden, weil Rentner mit einem Einkommen oberhalb dieses Grenzwerts regelmäßig nicht auf die Grundrente angewiesen sein werden (vgl. auch Komm. unter Rz. 79 ff. – Voller Rentenaufschlag – Höchstwert 0,0667 Entgeltpunkte bei 35 Jahre Grundbewertungszeiten und mehr – nach Satz 5).

 

Rz. 25a

Nach bisheriger Instanzrechtsprechung begegnet das Erfordernis von 33 Jahren an Grundrentenzeiten für den Grundrentenzuschlag nach § 76g Abs. 1 keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (LSG Baden-Württemberg, Urteil ...

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