4.1 Begriff des Assistenzhundes

Ein Assistenzhund ist ein unter Beachtung des Tierschutzes speziell für einen Menschen mit Behinderung ausgebildeter Hund. Er ist aufgrund seiner Fähigkeiten und erlernten Assistenzleistungen dazu bestimmt, diesem Menschen die selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, zu erleichtern oder dessen behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen (früher sog. Behindertenbegleithund).[1]

 
Hinweis

Abgrenzung von Assistenz- und Therapiehund

Therapiehunde sind hingegen nicht für die Unterstützung einer bestimmten Person ausgebildet, sondern helfen etwa im Rahmen der Ergotherapie oder werden als Besuchshunde in Kindergärten, Schulen oder Altersheimen eingesetzt (sog. "emotional support dog").

Assistenzhunde lassen sich anhand ihrer Hilfeleistung in folgende Arten einteilen:[2]

  • Blindenführhunde[3],
  • Mobilitätsassistenzhunde,
  • Signalhunde,
  • medizinische Warnhunde/Anzeigehunde,
  • Hunde für Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen (PSB-Hund).

Der Assistenzhund muss (im Ausland) zertifiziert sein oder als Hilfsmittel zur Teilhabe oder zum Behinderungsausgleich anerkannt und als solcher gekennzeichnet sein.[4]

[2] Vgl. § 3 Abs. 1 der Assistenzhundeverordnung (AHundV) v. 19.12.2022, mit Wirkung vom 1.3.2023, BGBl. I, 2022, Nr. 53, S. 2436 ff.
[3] Hilfsmittel i. S. d. § 33 SGB V. Noch gegen eine Einstufung von Assistenzhunden als Hilfsmittel i. S. d. § 33 SGB V vor Erlass der §§ 12e ff. BGG VG Karlsruhe, Urteil v. 27.5.2020, 2 K 7367/18; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 18.2.2020, L 16 KR 253/18.

4.2 Grundsatz: Gesetzliches Zutrittsrecht

Das zum 1.7.2021 im Wege des Teilhabestärkungsgesetzes in Kraft getretene Behindertengleichstellunggesetz (BGG) schafft erstmals eine Rechtsgrundlage für die Begleitung durch einen Assistenzhund. Seitdem darf der Zutritt zu Anlagen, die für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglichen sind, nicht wegen der Begleitung durch einen Assistenzhund verweigert werden – soweit öffentlicher Träger, Besitzer oder Betreiber nicht nachweisen können, dass der Zutritt mit Assistenzhund eine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellt.[1]

Eine Anlage ist dem Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglich, sofern der Zutritt in einer Vielzahl von Fällen zu vergleichbaren Bedingungen zustande kommt und ohne Ansehen der Person gewährt wird bzw. das Ansehen der Person nachrangige Bedeutung hat.[2] Dies gilt für feste bauliche Anlagen sowie für bewegliche Anlagen.

 
Praxis-Beispiel

Gesetzliches Zutrittsrecht

Ein Zutrittsrecht besteht etwa für Transportmittel, Friseurgeschäfte, Arztpraxen und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens, für Museen, Kinos und Theater, Bankgebäude, Kindergärten und Schulen, für den Einzelhandel und die Gastronomie.[3]

Alle Bereiche, die Menschen in Straßenkleidung offenstehen, dürfen grds. auch mit Assistenzhund betreten werden.[4]

Unverhältnismäßig ist aber etwa (aus hygienischen Gründen) der Zutritt des Hundes zu Intensiv- und Isolierstationen, zu einem Operationssaal oder zu einem sterilen Arbeitsplatz in der Lebensmittelherstellung. Unbillig ist der Zutritt, sofern dem Betreiber der Anlage durch diesen mit Blick auf seine persönlichen Verhältnisse unzumutbare Kosten entstehen oder unzumutbar Einnahmen entgehen, die der Hundehalter nicht zu tragen bereit ist.[5] Interessen Dritter, etwa Allergien oder Phobien, sind dabei nicht zwingend vorrangig, sondern der Betreiber hat dem Menschen mit Behinderung den Zutritt etwa durch zeitliche Staffelung oder räumliche Trennung zu ermöglichen. Die Beweislast hierfür liegt beim Betreiber der Anlage.

Befindet sich der Arbeitsplatz in einer Anlage, zu welcher nach § 12e Abs. 1 BGG ein Zutrittsrecht besteht und ist dieses weder unverhältnismäßig noch unbillig, ist die Begleitung durch den Assistenzhund grundsätzlich zu dulden[6] – sonst liegt nach § 12e Abs. 2 BGG für Träger öffentlicher Gewalt eine Benachteiligung nach § 7 Abs. 1 BGG vor bzw. verletzt der private Arbeitgeber seine vertraglichen bzw. vorvertraglichen Nebenpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB.[7] Erreicht der Grad der Behinderung des Menschen eine Schwerbehinderung, ist die unberechtigte Zutrittsverweigerung eine Benachteiligung i. S. d. §§ 1, 7 Abs. 1 AGG.[8]

Besteht kein Zutrittsrecht nach § 12e Abs. 1 BGG und ist dem Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung ohne Assistenzhund nicht (mehr) möglich, ist der Arbeitnehmer auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu versetzen – auf einen Arbeitsplatz, zu welchem der Hund mitgeführt werden darf. Kommt dies nicht in Betracht, kann eine personenbedingte Kündigung wirksam sein.

[2] Massengeschäft oder sog. massengeschäftsähnliches Rechtsgeschäft, § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG.
[3] BT-Drucks. 19/27400, S. 67.
[4] Zu diesem Kri...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge