Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis bzw Glaubhaftmachung von Fremdrentenzeiten. Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 der Anl 13 SGB 6 eines in der ehemaligen Sowjetunion tätigen Kraftfahrers

 

Orientierungssatz

1. Zum Nachweis bzw zur Glaubhaftmachung von Fremdrentenzeiten.

2. Im Verwaltungsverfahren kann ein Fremdrentenberechtigter mit einer eidesstattlichen Versicherung lediglich eine Glaubhaftmachung seiner Angaben erreichen. Könnte er im nachfolgenden sozialgerichtlichen Klageverfahren, in dem die formale Parteieinvernahme mit und ohne Eid wegen der fehlenden Bezugnahme des § 118 Abs 1 SGG auch auf die §§ 445ff ZPO ausgeschlossen ist, mit der gleichen Aussage dann den Nachweis führen, wäre hierin ein Wertungswiderspruch zu sehen. Dieser lässt sich letztlich nur dadurch vermeiden, dass der für das Fremdrentenrecht ausnahmsweise notwendige Vollbeweis für die ungekürzte Anrechnung gem § 22 Abs 3 FRG nicht allein durch den Vortrag des Fremdrentenberechtigten geführt werden kann.

3. Ein in der ehemaligen Sowjetunion tätiger Kraftfahrer ist kein Facharbeiter iS der Qualifikationsgruppe 4 der Anl 13 SGB 6 (Festhaltung an LSG Darmstadt vom 5.11.2010 - L 5 R 395/09).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 27.06.2018; Aktenzeichen B 13 R 277/16 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 13. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen des Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) um die Gewährung einer höheren Altersrente. Umstritten ist dabei zwischen ihnen die ungekürzte Anrechnung der vom Kläger in der ehemaligen Sowjetunion bzw. Kasachstan zurückgelegten Zeiten zu 6/6 und außerdem die Zuordnung der vom Kläger ausgeübten Kraftfahrertätigkeiten in die Qualifikationsgruppe 4 nach der Anlage 13 zum Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI).

Der 1943 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger kasachischer Herkunft, reiste am 17. Februar 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er ist als Spätaussiedler im Sinne von § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) anerkannt.

Ausweislich der Eintragungen in seinem Arbeitsbuch, der Bescheinigung der Agro- Vereinigung “D.„ vom 27. Dezember 1993 und seiner eigenen Angaben war der Kläger im Herkunftsland wie folgt beschäftigt:

15.08.1961 bis 10.10.1962

Traktorist in einer Kolchose

05.11.1962 bis 04.11.1965

Dienst in der Armee

17.01.1966 bis 06.09.1966

Kraftfahrer eines Notarztwagens

14.10.1966 bis 07.12.1966

Kraftfahrer für die Auslieferung von Kinofilmen

07.01.1967 bis 31.12.1968

Kraftfahrer für die Beförderung von Elektrikern

01.01.1969 bis 31.10.1969

Kraftfahrer der Klasse 1

01.11.1969 bis 26.04.1971

Kraftfahrer in der Verwaltung

30.04.1971 bis 30.11.1973

Elektromonteur

01.12.1973 bis 30.03.1976

Meister für Reparaturen und Betrieb PS

31.03.1976 bis 20.05.1979

Ingenieur-Technologe für Betrieb und Reparatur

21.05.1979 bis 31.03.1988

Oberingenieur-Technologe in Unterstation

01.04.1988 bis 31.05.1991

Ingenieur d. 1. Kategorie im Betriebsdienst

01.06.1991 bis 05.01.1993

Führender Ingenieur des PS-Dienstes

Mit Bescheid vom 1. Februar 1999 stellte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Hessen die im Versicherungsverlauf (Anlage 2) enthaltenen Daten bis zum 31. Dezember 1992 verbindlich fest. Der ebenfalls beigefügten Anlage 10 ist zu entnehmen, dass nach dem Fremdrentengesetz (FRG) die Zeiten des Klägers in der ehemaligen Sowjetunion vom 15. August 1961 bis 10. Oktober 1962, vom 5. November 1962 bis 4. November 1965, vom 17. Januar 1966 bis 6. September 1966, vom 14. Oktober 1966 bis 7. Dezember 1966, vom 7. Januar 1967 bis 26. April 1971 und vom 30. April 1971 bis 5. Januar 1993 als Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter berücksichtigt und zu 5/6 angerechnet werden. Diese Zeiten seien nur glaubhaft gemacht, nicht jedoch nachgewiesen. Darüber hinaus wurden die Zeiten bis zum 26. April 1971 der Qualifikationsgruppe 5, ab dem 30. April 1971 der Qualifikationsgruppe 4, ab dem 1. Dezember 1973 der Qualifikationsgruppe 3 und ab dem 1. April 1976 der Qualifikationsgruppe 2 zugeordnet.

Mit Bescheid vom 10. August 2006 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 1. September 2006 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Arbeitsteilzeitarbeit, wobei sie die in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Zeiten des Klägers entsprechend ihres Feststellungsbescheides vom 1. Februar 1999 (Anlage 10) anrechnete.

Mit Schriftsatz vom 15. März 2010 beantragte der Kläger die Überprüfung des Rentenbescheides vom 10. August 2006, weil die von ihm in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Zeiten als nachgewiesen zu 6/6 hätten berücksichtigt werden müssen. Hierzu legte er die Archivbescheinigung Nr. F-x.1 vom 3. Dezember 2009 vor und erläuterte, weshalb ihm für einige Jahre eine erhöhte Anzahl von Urlaubstagen bescheinigt worden sei. Außerdem machte er g...

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