Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung. Verletzung der Meldepflicht. Entfallen der Meldepflicht bei betrieblichem Ausbildungsverhältnis. Begriff. Gleichstellung mit Berufsanerkennungsjahr. Übernahme durch die Ausbildungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

Keine Sperrzeit für Sozialarbeiter/innen im Anerkennungsjahr wegen nicht ausreichend frühzeitiger Arbeitsuchendmeldung.

 

Normenkette

SGB III a.F. § 37b Sätze 1-2, 5, § 144 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 7

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juli 2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen - einschließlich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens (L 7 AL 109/14 NZB) - zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung einer einwöchigen Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung.

Die 1963 geborene Klägerin absolvierte nach Abschluss ihres Fachhochschulstudiums der Sozialpädagogik vom 1. August 2007 bis zum 31. Juli 2008 das hieran anschließende einjährige Anerkennungspraktikum im Bereich des Staatlichen Schulamts für den Landkreis C. und den M.-Kreis. Hierzu wurde ein Praktikantenvertrag mit dem Staatlichen Schulamt am 16. Mai 2007 geschlossen, der in seinem § 3 auf die Regelung des Berufsbildungsgesetzes Bezug nimmt (vgl. Blatt 24 u. 25 der Gerichtsakte).

Am 7. August 2008 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld, ohne sich zuvor arbeitsuchend gemeldet zu haben. Im Rahmen der Anhörung zum Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung erklärte die Klägerin, diese Verpflichtung habe für sie nicht gegolten, weil ihr Berufspraktikumsverhältnis ein "betriebliches Arbeitsverhältnis" gewesen sei und nach § 3 des Ausbildungsvertrages das Berufsbildungsgesetz (BBiG) gelte.

Mit Bescheid vom 18. August 2008 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. August 2008 bis zum 7. August 2008 fest, weil die Klägerin ihrer Verpflichtung nach § 37b Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), sich drei Monate vor Beendigung des Arbeits- beziehungsweise Ausbildungsverhältnisses persönlich oder telefonisch bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, mit der persönlichen Meldung vom 7. August 2008 nicht nachgekommen sei. Gleichzeitig mindere sich damit der Anspruch auf Arbeitslosengeld um sieben Tage. Mit Bewilligungsbescheid vom 18. August 2008 wurde der Klägerin Arbeitslosengeld in Höhe von 17,47 Euro täglich für den Zeitraum vom 8. August 2008 bis 29. Januar 2009 bewilligt, wobei als Anspruchsbeginn der 7. August 2008 festgestellt war.

Gegen den Sperrzeitbescheid legte die Klägerin am 1. September 2008 Widerspruch ein, in dem sie vortrug, dass nach § 37b Satz 5 SGB III die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung für betriebliche Ausbildungsverhältnisse entfalle und als solches auch das Berufspraktikumsverhältnis gelte. Auch in ihrem Vertrag mit dem Land Hessen sei ausdrücklich das BBiG für anwendbar erklärt worden. Außerdem verwies sie auf ein Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. Januar 1999 (17 Ca 8284/98, Blatt 26 ff. Leistungsakte), in dem u. a. ausgeführt worden war, dass auf ein vergleichbares Praktikantenverhältnis gemäß § 19 BBiG das BBiG Anwendung finde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008, zu dessen vollständigem Inhalt auf Blatt 38 ff. der Leistungsakte Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde u. a. unter Darlegung der gesetzlichen Regelungen der §§ 144 und 37b SGB Ill ausgeführt, der Überlegung des Gesetzgebers, die Meldepflicht nach § 37b SGB Ill nicht auf betriebliche Ausbildungsverhältnisse anzuwenden, liege die Annahme zugrunde, dass bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis in der Regel (bei bestandener Abschlussprüfung) eine Übernahme im Ausbildungsbetrieb erfolge. Bei der Ausbildung zur Sozialpädagogin handele es sich jedoch nicht um ein betriebliches Ausbildungsverhältnis. Das so genannte Anerkennungsjahr werde auch nicht zum Zwecke der Übernahme danach eingegangen, sondern sei lediglich zur Vervollständigung der Ausbildung notwendig. Die Klägerin habe daher zu dem Personenkreis gehört, der unter die Meldepflicht des § 37b SGB III falle. Da das Praktikantenverhältnis am 31. Juli 2008 durch Ablauf des auf ein Jahr befristeten Vertrages geendet habe, hätte sie sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung, also am 30. April 2008, bei der Beklagten arbeitsuchend melden müssen.

Hiergegen hat die Klägerin am 17. September 2008 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben und zur Begründung ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft sowie Unterlagen über die ihrer Ausbildung zugrunde liegenden rechtlichen Vors...

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