[1] Aufgrund der Anhebung der Entgeltgrenze für geringfügig entlohnte Beschäftigungen von 450,00 EUR auf 520,00 EUR zum 1.10.2022 (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1a SGB IV) besteht für die Arbeitnehmer mit einem regelmäßigen Arbeitsentgelt in Höhe von 450,01 EUR bis 520,00 EUR im Monat ab dem 1.10.2022 dem Grunde nach in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung Versicherungsfreiheit sowie keine Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung im Rahmen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung. Aufgrund von Bestandsschutzregelungen bleibt jedoch die Versicherungspflicht für mehr als geringfügig Beschäftigte in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung über den 30.9.2022 hinaus längstens bis zum 31.12.2023 erhalten (§ 7 Abs. 2 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, § 454 Abs. 2 SGB III).

[2] Der Fortbestand der Versicherungspflicht im Rahmen der Bestandsschutzregelungen ist daran geknüpft, dass das regelmäßige Arbeitsentgelt die bis zum 30.9.2022 geltende Entgeltgrenze für geringfügig entlohnte Beschäftigungen von 450,00 EUR weiterhin übersteigt. In der Kranken- und Pflegeversicherung wird für den Fortbestand der Versicherungspflicht darüber hinaus gefordert, dass keine Familienversicherung nach § 10 SGB V und § 25 SGB XI besteht.

[3] Sofern sich das regelmäßige Arbeitsentgelt im Laufe derselben Beschäftigung ändert und dadurch nicht mehr weiterhin regelmäßig 450,01 EUR bis 520,00 EUR beträgt, endet die Bestandsschutzregelung dauerhaft bereits vor dem 31.12.2023. Anschließend sind die versicherungs- und beitragsrechtlichen Regelungen anzuwenden, die für nach dem 30.9.2022 aufgenommene – je nach der Höhe des regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelts geringfügig entlohnte oder mehr als geringfügig entlohnte – Beschäftigungen gelten.

[4] Den aufgrund der Bestandsschutzregelungen über den 30.9.2022 hinaus versicherungspflichtig Beschäftigten wird ein Optionsrecht auf Befreiung von der Versicherungspflicht eingeräumt. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht bewirkt, dass in dem betreffenden Versicherungszweig die versicherungs-, beitrags- und melderechtlichen Regelungen für geringfügig entlohnte Beschäftigungen anzuwenden sind.

[5] Der Antrag braucht nicht bei dem jeweils zuständigen Versicherungsträger (Krankenkasse oder Arbeitsagentur) gestellt zu werden. Die Befreiung von der Versicherungspflicht in einem oder mehreren Versicherungszweigen sollte der Arbeitnehmer – aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der sofortigen Rechtsklarheit für den Arbeitgeber – vielmehr schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erklären. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zu den Entgeltunterlagen zu nehmen. Bei einer Mehrfachbeschäftigung wirkt der einem Arbeitgeber gegenüber abgegebene Befreiungsantrag zugleich für alle anderen Beschäftigungen. Der Arbeitnehmer hat alle weiteren Arbeitgeber über den Befreiungsantrag zu informieren.

[6] Der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung (und damit auch in der Pflegeversicherung) wirkt nach § 7 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 SGB V vom 1.10.2022 an, vorausgesetzt er wird bis zum 2.1.2023 (Fristverlängerung wegen des Wochenendes) beim Arbeitgeber gestellt. Voraussetzung für die Befreiung ist, dass der Arbeitnehmer das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Der Arbeitgeber hat diesen Nachweis ebenfalls zu den Entgeltunterlagen zu nehmen. Sofern nach dem 30.9.2022 Leistungen in Anspruch genommen wurden, wirkt die Befreiung vom Beginn des Kalendermonats an, der auf die Antragstellung folgt. Nach dem 2.1.2023 kann in der Krankenversicherung (und damit auch in der Pflegeversicherung) keine Befreiung von der Versicherungspflicht mehr beantragt werden.

[7] Der Befreiungsantrag in der Arbeitslosenversicherung wirkt nach § 454 Abs. 2 Satz 4 SGB III ebenfalls ab 1.10.2022, wenn er bis zum 2.1.2023 beim Arbeitgeber gestellt wird. Eine später beantragte Befreiung wirkt vom Beginn des Kalendermonats an, der auf den Kalendermonat der Antragstellung folgt.

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