Die Versicherungspflicht wird über den Zeitpunkt der Vollendung des 30. Lebensjahres dann fortgeführt, wenn

  • die Art der Ausbildung
  • familiäre Gründe
  • persönliche Gründe

die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigt (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 9 2. Halbsatz SGB V). Auch bei der Auswahl der Verlängerungstatbestände hat sich der Gesetzgeber an den Vorschriften des BAföG orientiert (vgl. § 10 Abs. 3 BAföG). Die Weitergewährung von Leistungen nach dem BAföG über das 30. Lebensjahr hinaus führt jedoch nicht zwangsläufig zu einer Verlängerung der Versicherungspflicht (vgl. Abschnitt 1.1.4).

Hinderungsgründe im Sinne der Rechtsprechung des BSG

[1] In diesem Zusammenhang müssen die familiären und persönlichen Gründe im Allgemeinen von solcher Art und solchem Gewicht sein, dass sie nicht nur aus der Sicht des Einzelnen, sondern auch bei objektiver Betrachtungsweise die Aufnahme des Studiums oder seinen Abschluss verhindern oder als unzumutbar erscheinen lassen (sog. Hinderungsgründe). Dabei ist zu bewerten, ob und inwieweit die vorgebrachten Gründe eine Verlängerung des Studiums unumgänglich gemacht haben (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.1992, 12 RK 40/91, USK 92114).

[2] Die Begründung, dass die Eltern gegen die Aufnahme eines Studiums gewesen seien und auch aus finanziellen Erwägungen heraus dem Drängen der Eltern, zunächst eine Berufstätigkeit aufzunehmen, gefolgt worden sei, rechtfertigt kein Hinausschieben der Altersgrenze für die KVdS um die Zeit einer Berufstätigkeit von vielen Jahren. Die gebotene konkrete Untersuchung der Ursächlichkeit ergibt bei Sachverhalten wie dem vorliegenden, in dem nach dem Abitur allenfalls eine gewisse Hinderungszeit vorliegt, der jedoch eine weit längere Zeit der Nichtverhinderung folgt, dass für die Überschreitung der Altersgrenze nicht der Hinderungsgrund, sondern die lange Berufstätigkeit maßgebend gewesen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.1992, 12 RK 52/92, USK 92129).

[3] Eine nach dem Abitur aufgenommene Berufsausbildung mit anschließender mehrjähriger Berufstätigkeit rechtfertigt auch dann kein Hinausschieben der Altersgrenze für die KVdS, wenn der Eintritt ins Berufsleben Erfahrungen vermittelt, die in einem Studium nützlich sein und später die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt verbessern können (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.1992, 12 RK 40/91, USK 92114).

[4] Die Aufnahme eines Studiums nach Vollendung des 30. Lebensjahres führt nicht zu einem Hinausschieben der Altersgrenze, wenn eine zuvor ausgeübte Beschäftigung und nicht der Zweite Bildungsweg für den späten Studienbeginn kausal war (vgl. BSG, Urteil vom 23.6.1994, 12 RK 71/93, USK 9419).

[5] Im Gegensatz dazu kommt die KVdS bei Studienaufnahme nach dem 30. Lebensjahr ausnahmsweise dann noch in Betracht, wenn bis zum Beginn des Studiums Hinderungsgründe bestanden haben, die für einen so späten Studienbeginn ursächlich waren (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.1992, 12 RK 3/91, USK 92118).

[6] In der KVdS ist die Überschreitung der Altersgrenze von 30 Jahren nicht durch die Art der Ausbildung gerechtfertigt, wenn ein Studium erst mit 29 Jahren begonnen wurde, weil der betreffende Studiengang vorher nicht bestand (vgl. BSG, Urteil vom 30.1.1997, 12 RK 39/96, USK 9708).

[7] Als Hinderungsgründe kommen nur Sachverhalte aus der Zeit zwischen dem regelmäßigen Erwerb einer (Fach-)Hochschulzugangsberechtigung durch den Betroffenen im Alter von etwa 17 bis 19 Jahren einerseits und der Vollendung des 30. Lebensjahres andererseits in Betracht. Diese Hinderungsgründe können nur vor der Aufnahme des Studiums sowie im Studienablauf in der Zeit bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres eingetretene Verzögerungen sein; nur solche Hinderungsgründe, die ursächlich dafür waren, dass ein Studium bis zum Erreichen der Altersgrenze nicht abgeschlossen werden konnte, können überhaupt das Überschreiten dieser Grenze rechtfertigen (vgl. BSG, Urteil vom 15.10.2014, B 12 KR 17/12 R, USK 2014-113). An der durch dieses Urteil gleichzeitig geprägten absoluten Höchstgrenze für die Versicherungspflicht als Student (37. Lebensjahr) lässt sich angesichts des Wegfalls der Begrenzung der Fachsemesteranzahl (14 Fachsemester = 7 Jahre) seit dem 1.1.2020 allerdings nicht weiter festhalten.

Feststellung durch die Krankenkasse

[1] Ob die Versicherungspflicht als Student über die Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus gerechtfertigt ist, hat die Krankenkasse jeweils im Einzelfall festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.1992, 12 RK 40/91, USK 92114).

[2] Die Entscheidung der Krankenkasse, dass es sich um einen Ausnahmefall handelt, der eine Verlängerung der studentischen Krankenversicherung rechtfertigt, ist auf ein Semester bzw. ein Trimester zu beziehen. Das bedeutet, dass die Krankenkasse jeweils unter Vorlage eines entsprechenden Nachweises entscheiden muss, ob die angeführten Gründe zum Verlust von einem oder mehreren Semestern bzw. Trimestern geführt haben und dementsprechend die Verlängerung der Krankenversicherung für ein oder mehrere Semester (nach Ablauf des Semesters, in dem das 30. Lebensj...

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