(1) Auch bei Wohnort bzw. gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen EU-/EWR-Staat oder der Schweiz kommt die Zahlung von Geldleistungen bei Pflegebedürftigkeit in Betracht. Als Geldleistung sind in der sozialen Pflegeversicherung das Pflegegeld nach § 37 SGB XI, die Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI und das Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a SGB XI sowie die Beiträge zur Rentenversicherung nach § 44 Abs. 1 SGB XI und zur Arbeitslosenversicherung nach § 44 Abs. 2b SGB XI zu verstehen. Kriterien für die Bestimmung des Wohnortes enthält Artikel 11 VO (EG) Nr. 987/09. Danach besteht der Wohnort in dem Staat, in dem der gewöhnliche Mittelpunkt der Interessen des Versicherten liegt. Abzustellen ist jeweils auf die Umstände des Einzelfalles. Maßgebende Kriterien können die Dauer und die Kontinuität des bisherigen Wohnortes, die Dauer und der Zweck des beabsichtigten Aufenthaltes im anderen Mitgliedstaat sein. Ggf. haben sich die beteiligten Träger im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit auf den Wohnort zu verständigen. Nur wenn auch dies nicht gelingen sollte, gilt der Wille der betroffenen Person. Es bestehen keine Bedenken, auch im Verhältnis zu den EWR-Staaten bereits entsprechend zu verfahren.

(2) Hat die Krankenkasse eine der folgenden Bescheinigungen zum Nachweis des Anspruchs auf Sachleistungen ausgestellt und wurde hierauf die Einschreibung vom Träger des anderen Staates bestätigt, ist von einem gewöhnlichen Aufenthalt im anderen EU-/EWR-Staat oder der Schweiz auszugehen.

1. Vordruck E 106: Grenzgänger und deren Familienangehörige
2. Vordruck E 109: Familienangehörige von Arbeitnehmern, die ohne den Arbeitnehmer in einem anderen EU-/EWR-Staat oder der Schweiz wohnen
3. Vordruck E 120: Rentenantragsteller und deren Familienangehörige
4. Vordruck E 121: Rentner und deren Familienangehörige
5. Vordruck E 121: Familienangehörige von Rentnern, die ohne den Rentner in einem anderen EU-/EWR-Staat oder der Schweiz wohnen
6. Portables Dokument S1[1]: Versicherter mit Wohnort in einem anderen Staat (ersetzt alle vorstehenden Vordrucke)
7. SED S072[2]: Anspruchsnachweis Wohnort (für die Bestätigung der Eintragung ist das SED S073 vorgesehen)

(3) Der Kreis der anspruchsberechtigten Angehörigen richtet sich hinsichtlich des Sachleistungsanspruchs nach dem Recht des ausländischen Trägers. Bei der Zahlung von Pflegegeld ist der Anspruch allerdings davon abhängig, dass es sich um familienversicherte Angehörige i.S.d. § 25 SGB XI handelt.

(4) Aufgrund dieser Anspruchsbescheinigungen können die nach dem Recht des Wohnstaates vorgesehenen Sachleistungen beansprucht werden. Dies gilt auch für ggf. vorgesehene Pflegesachleistungen.

(5) Nach Artikel 5 VO (EG) Nr. 883/04 wird eine

  • vollstationäre Krankenhausbehandlung,
  • häusliche Krankenpflege oder
  • Aufnahme in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen

in einem EU-/EWR-Staat oder in der Schweiz mit entsprechenden Ereignissen im Inland gleichgestellt.

Wenn die Pflege auf diesem Wege sichergestellt ist, ruht demzufolge das Pflegegeld nach § 37 SGB XI auch in grenzüberschreitenden Sachverhalten auf der Grundlage von § 34 Abs. 2 SGB XI. In diesem Zusammenhang sollte der Pflegebedürftige auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen werden. Bei Staaten, die nach dem tatsächlichen Aufwand abrechnen, ist es möglich, diese Information ggf. nachgelagert über die entsprechenden Vordrucke (E-125 bzw. SED S080) zu erlangen. Bei den Ländern, die pauschal abrechnen, besteht diese Möglichkeit allerdings nicht. Diese Staaten werden im Anhang 3 VO (EG) Nr. 987/09 aufgelistet. Dabei handelt es sich derzeit um die Staaten Irland, Spanien, Niederlande, Portugal, Finnland, Schweden, Vereinigtes Königreich, Norwegen und Zypern. Bei Pflegebedürftigen, die in einem dieser Staaten wohnen, ist es besonders wichtig, dass sie ihre Pflegekasse über die o. g. Ereignisse in Kenntnis setzen.

(6) Bei Pflegebedürftigen, die ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen und bei denen § 63b Abs. 6 Satz 1 SGB XII Anwendung findet, wird das Pflegegeld nach § 37 SGB XI auch über die ersten vier Wochen hinaus weiter gezahlt.

[1] Nur im Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 883/04.
[2] Nur im Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 883/04.

2.3.1 Verfahren bei Wohnort in einem anderen EU-/EWR-Staat oder der Schweiz

(1) Die Initiative für die Anrechnung einer Sachleistung bei Pflegebedürftigkeit geht vom zuständigen Träger aus, d. h. von demjenigen, der die Geldleistung zahlt bzw. bei dem eine solche beantragt wurde. Wohnt ein Versicherter einer deutschen Kranken-/Pflegekasse im EU-/EWR-Ausland oder der Schweiz, ist diese Kasse der zuständige Träger. Sie ist gemäß Artikel 31 VO (EG) Nr. 987/09 zum Einen verpflichtet, den Versicherten über die Regelung des Artikel 34 VO (EG) Nr. 883/2 004 zu informieren. Zum Anderen muss sie den Träger des Wohn- oder Aufenthaltsortes über die Zahlung der Geldleistungen bei Pflegebedürftigkeit unterrichten, wenn die von dem Träger des Wohn- oder Aufenthaltsorts angewendeten Rechtsvorschriften Sachleistungen bei Pflegebedürftigkeit vorsehen (vgl. Anla...

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