In den letzten Jahren erfreuen sich die Praxis und das Konzept der Achtsamkeit zunehmender Beliebtheit. Verglichen mit der eher ablehnenden und skeptischen Haltung gegenüber der Achtsamkeit in den 1990er-Jahren, scheint diese in der jetzigen Gesellschaft vermehrt präsent zu sein. Die erfolgreiche Anwendung im klinischen Kontext, verstärkt im Bereich der Neurowissenschaften, hat sich auch auf die Anwendungsfelder der Arbeitswelt ausgeweitet.[1]

Achtsamkeit – "mindfulness" ist ursprünglich ein spirituelles Konzept, welches über eine 2.500 Jahre alte Tradition im Buddhismus verfügt, aber auch in anderen spirituellen Lehren bzw. Traditionen, wie z. B. in der christlichen Mysthik eine Rolle spielt.[2]

 
Wichtig

Definition

"Sind wir achtsam, ist unsere Aufmerksamkeit nicht in Vergangenheit oder Zukunft verstrickt, und wir urteilen oder weisen nicht zurück, was im Moment geschieht. Wir sind präsent."[3]

"Der Begriff 'Achtsamkeit' meint die bewusste Lenkung der eigenen Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Augenblick, verbunden mit einer nichtwertenden Grundhaltung und der Bereitschaft, nicht sofort und automatisch auf das Wahrgenommene zu reagieren."[4]

Folgende Komponenten lassen das Konstrukt "Achtsamkeit" besser verstehen:

  • bewusste Aufmerksamkeit,
  • Gegenwärtigkeit oder Präsenz,
  • Akzeptanz,
  • inneres Beobachten und
  • Mitgefühl.
[1] von Au/Seidel (2017): Achtsamkeit als grundlegende Führungskompetenz, in: von Au (Hrsg.): Eigenschaften und Kompetenzen von Führungspersönlichkeiten. Leadership und angewandte Psychologie (S. 1–25), Wiesbaden: Springer.
[2] Kabat-Zinn (1998): Im Alltag Ruhe finden. Das umfassende praktische Meditationsprogramm, 3. Aufl., Freiburg i. Br.: Herder.
[3] Germer (2009): Achtsamkeit. in: Germer/Siegel/Fulton (Hrsg.): Achtsamkeit in der Psychotherapie (S. 15–49), Freiamt im Schwarzwald: Arbor Verlag, S. 17.
[4] Amberg (2016): Führungskompetenz Achtsamkeit, Wiesbaden: Springer essentials, S. 15.

5.1.1 Bewusste Aufmerksamkeitslenkung

Das menschliche Bewusstsein kann aus der umgebenden Wirklichkeit gezielt einzelne Wahrnehmungsinhalte fokussieren. Dabei geht es in der Achtsamkeit darum, dass immer wieder eine Balance zwischen der Konzentration auf den Inhalt und der offenen Aufmerksamkeit für das, was außerdem noch "drum herum" ist und dadurch zum gegenwärtigen Augenblick gehört, hergestellt wird. Herausfordernd ist, das wahrzunehmen, was "außerdem" noch zum gegenwärtigen Augenblick gehört, ohne sich darin mit der Aufmerksamkeit zu verlieren. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen Konzentration und Achtsamkeit.

5.1.2 Gegenwärtigkeit oder Präsenz

Jon Kabat-Zinn hat vor fast 40 Jahren das Konzept MBSR 1 entwickelt, in dem er die Aufgabe "sich mit der Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Augenblick einzufinden" implementiert hat. Er nennt es "einfach, aber nicht leicht".[1] Die Bezeichnung "einfach" begründet er damit, dass weder spezielle Geräte noch Räume oder Techniken benötigt werden, um aufmerksam zu sein für das, was jetzt gerade ist.

"Nicht leicht" meint, dass das Lenken der gedanklichen Aufmerksamkeit meist auf Vergangenes oder Zukünftiges gerichtet ist und dadurch die kleine Zeitspanne, die der gegenwärtige Augenblick umfasst, schnell aus dem Blick gerät.[2]

[1] Kabat-Zinn (2010): Im Alltag Ruhe finden. Das umfassende praktische Meditationsprogramm, 5. Aufl., Freiburg i. Br.: Fischer, S. 21.
[2] Amberg (2016): Führungskompetenz Achtsamkeit, Wiesbaden: Springer essentials.

5.1.3 Akzeptanz

Eine weitere Herausforderung, die Achtsamkeit mit sich bringt, ist, dem, was in den bewussten Wahrnehmungsraum kommt, mit Akzeptanz zu begegnen, ohne es zu bewerten – es neutral aufzunehmen.

5.1.4 Inneres Beobachten

Hinter der Komponente "inneres Beobachten" verbirgt sich die Fähigkeit, die eigenen Aktivitäten in Echtzeit wahrzunehmen und diese zu reflektieren. Ständig produziert das menschliche Bewusstsein Aktivitäten, d. h. Gedanken, Gefühle oder Handlungsimpulse. Im Alltag ist es wichtig, immer wieder "bewusst innezuhalten und aufmerksam und freundlich-interessiert die Aktivitäten des eigenen Bewusstseins wahrzunehmen, ohne sie zu bewerten und ohne sofort 'irgendetwas' damit tun zu wollen".[1]

[1] Amberg (2016): Führungskompetenz Achtsamkeit, Wiesbaden: Springer essentials, S. 20.

5.1.5 Mitgefühl

Das Mitgefühl als weitere Komponente begründet die achtsame Haltung. Schon im menschlichen Bewusstsein wird die Möglichkeit verankert, sich selbst mitfühlend, anteilnehmend und wohlwollend wahrzunehmen. Diese Fähigkeit mit der Komponente "inneres Beobachten" wirken zusammen: "Indem die Aufmerksamkeit freundlich-interessiert und beobachtend auf das eigene innere Geschehen gelenkt wird, kann auch das eigene emotionale Befinden ganz bewusst wahrgenommen werden, ohne darin unterzugehen."[1] Das Mitgefühl spielt im Rahmen der achtsamen Gefühls- und Stress-/Spannungsregulierung eine wichtige Rolle.[2]

[1] Amberg (2016): Führungskompetenz Achtsamkeit, Wiesbaden: Springer essentials, S. 21.
[2] Maex (2009): Mindfulness. Der achtsame Weg durch die Turbulenzen des Lebens, Freiamt im Schwarzwald: Arbor-Verlag, S. 119.

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