Möchte man psychische Belastungen greifbar machen, müssen konkrete Begriffe gefunden werden, die allgemein verständlich sind. Die Bezeichnung "ungenügend gestaltete soziale Bedingungen", wie sie in der Leitlinie Gefährdungsbeurteilung der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) verwendet wird, kann nur als Umschreibung einer Gruppe von Faktoren gesehen werden, die wiederum eine Ausprägung psychischer Belastungen darstellen. Zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung müssen aber klar definier- und messbare Belastungen gefunden werden, die zudem einen wissenschaftlich bereits untersuchten Einfluss auf die Gesundheit der Beschäftigten aufweisen.

Bereits von offizieller Seite veröffentlichte Dokumente, wie die DIN-Norm 10075 "Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung", die "Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation" der GDA und die "Handlungsanleitung für die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder zur Ermittlung der psychischen Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zur Möglichkeit der Prävention LV 31" des LASI, klassifizieren Bereiche für mögliche Fehlbelastungen, wie in Tab. 1 aufgeführt.

 
DIN EN ISO 10075-1 Leitlinie Gefährdungsbeurteilung GDA LASI Handlungsanleitung LV 31
Anforderungen seitens der Aufgabe Arbeitsinhalt/Arbeitsaufgabe Arbeitsinhalt
physikalische Bedingungen Arbeitsorganisation Arbeitsorganisation
soziale und organisationale Faktoren soziale Beziehungen soziale Beziehungen
gesellschaftliche Faktoren Arbeitsumgebung Arbeitsumgebungsfaktoren
  neue Arbeitsformen  

Tab. 1: Klassifizierung der Bereiche für mögliche Fehlbelastungen

Es wird deutlich, dass sämtliche Klassifizierungen vergleichbare Schwerpunktbereiche sehen, was auch nicht verwundert. Schließlich sind diese Klassifizierungen das Ergebnis bisheriger Untersuchungen der Arbeitswissenschaft und der Arbeits- und Organisationspsychologie. Alle Dokumente beanspruchen aber keine Vollständigkeit, die dort genannten Klassifizierungen und nachfolgende Konkretisierungen können noch erweitert werden.

Da die DIN-Norm als 4. Kategorie die gesellschaftlichen Faktoren sieht, eignen sich die Einteilungen der GDA und LASI besser für die Untersuchungsbereiche einer Gefährdungsbeurteilung, da dort nur betriebliche Faktoren berücksichtigt werden müssen. Aber auch die Bereiche der GDA und LASI sind zu konkretisieren. In der Öffentlichkeit oft genannte Stressoren, wie Termin- oder Leistungsdruck, ständige Aufmerksamkeit/Konzentration, können nach obiger Klassifizierung dem Bereich Arbeitsorganisation, speziell dem Arbeitsablauf zugeordnet werden. Genau diese konkreten Faktoren, wie "Arbeiten unter Zeitdruck", sind dann auch messbare psychische Belastungen. Dabei darf aber nicht angenommen werden, dass Arbeiten unter Zeitdruck einer Fehlbelastung gleichzusetzen ist. Erst wenn Häufigkeit und Dauer des Auftretens sowie negative Beanspruchungsfolgen, wie eine psychische Ermüdung, auftreten, wäre eine gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung gegeben.

Für die psychische Gefährdungsbeurteilung ausreichend konkret sind die o. g. Handlungsanleitung der LASI LV 31 und die GDA "Leitlinie Beratung und Überwachung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz". Hier werden die Merkmalsbereiche für die Beurteilung dargestellt.

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