Rz. 176

Durch G. v. 25.6.2021[1] ist in § 50d Abs. 9 S. 1 EStG ein neuer Tatbestand als Nr. 3 eingefügt worden. Zweck der Regelung ist, Steuergestaltungen zu bekämpfen, durch die steuerfreie Einkünfte durch unterschiedliche Zuordnung von Einkünften zu Betriebsstätten generiert werden. Durch die Vorschrift wurde die Empfehlung 1.1 des Hybrid branch-Berichts 2017 der OECD umgesetzt. Die Vorschrift hat einen weiteren Anwendungsbereich als Art. 9 Abs. 5 ATAD, da sie keine "unberücksichtigte Betriebsstätte" voraussetzt, sondern anwendbar ist, wenn die Betriebsstätten von allen Staaten anerkannt werden. Zur Umsetzung von Art. 9 Abs. 5 ATAD vgl. Rz. 147. Die Vorschrift ist nach § 52 Abs. 1 EStG ab Vz 2021 anzuwenden und entfaltet daher unechte Rückwirkung.

 

Rz. 177

Der Tatbestand setzt in Alternative 1 voraus, dass die Einkünfte einer ausl. Betriebsstätte in dem Betriebsstättenstaat nur deshalb nicht besteuert werden, weil die Einkünfte nach dem Recht dieses Staates einer in einem anderen Staat belegenen Betriebsstätte zugeordnet werden. Der Tatbestand enthält keine Einschränkung auf Einnahmen von verbundenen Unternehmen. Es werden daher auch Einkünfte erfasst, die auf Zahlungen von Dritten beruhen.

 

Rz. 178

Es gilt auf für diesen Tatbestand der Einleitungssatz des Abs. 9. Voraussetzung ist also, dass unbeschränkte Steuerpflicht in der Bundesrepublik vorliegt. Besteht in der Bundesrepublik nur eine Betriebsstätte im Rahmen der beschr. Steuerpflicht ist diese Vorschrift nicht anwendbar, auch wenn durch Zuordnung der Einkünfte zu einer anderen Betriebsstätte im Ergebnis unbesteuerte Einkünfte entstehen. Es ist dann Sache des Staates des Stammhauses im Rahmen der dort bestehenden unbeschränkten Steuerpflicht, die Nichtbesteuerung zu vermeiden. Weitere Voraussetzung ist, dass mindestens zwei Betriebsstätten in unterschiedlichen Staaten bestehen, und zwar in dem Staat, der aus Sicht der Bundesrepublik der Quellenstaat ist, dem die Einkünfte zuzurechnen wären, und in einem anderen Staat, der auch die Bundesrepublik sein kann. Es kann sich um das Verhältnis zweier Betriebsstätten zueinander oder auch um das des Stammhauses zu einer Betriebsstätte handeln. Da die Vorschrift nur im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht anwendbar ist, muss das Stammhaus in der Bundesrepublik belegen sein. Der andere Staat kann ein dritter Staat sein oder auch die Bundesrepublik. Geregelt wird der Fall, dass die Bundesrepublik die Einkünfte der Betriebsstätte in dem Quellenstaat zuordnet und sie daher freistellen müsste, der Quellenstaat die Einkünfte aber nicht der auf seinem Gebiet belegenen Betriebsstätte, sondern einer Betriebsstätte in einem anderen Staat, der auch die Bundesrepublik sein kann, zuordnet. Durch eine solche unterschiedliche Qualifikation würden unbesteuerte Einkünfte entstehen. Durch das Wort "nur" ist ausgedrückt, dass die Steuerfreistellung ausschließlich auf dieser unterschiedlichen Zuordnung der Einkünfte zu einer der beiden Betriebsstätten beruht. Soweit für die Steuerfreistellung auch andere Gründe maßgeblich sind, greift die Vorschrift nicht ein. Im Unterschied zu dem Tatbestand der Nr. 1 regelt Nr. 3 den Fall, dass die Einkünfte nach dem Recht des Betriebsstättenstaates nicht steuerbar sind, also gar nicht seinem Steuerrecht unterliegen, weil sie aus Sicht dieses Staates nicht aus Quellen dieses Staates stammen. Nr. 1 behandelt dagegen den Fall, dass der Quellenstaat die Einkünfte zwar nach seinem Steuerrecht der Steuer unterwerfen will, sich aber durch das DBA an der Besteuerung gehindert sieht oder nur einen Quellensteuersatz anwenden darf.

 

Rz. 179

Die zweite Alternative des Tatbestands regelt den Fall, dass unbesteuerte Einkünfte dadurch entstehen, dass aufgrund anzunehmender schuldrechtlicher Beziehungen die steuerliche Bemessungsgrundlage in dem Betriebsstättenstaat gemindert wird. Dieser Tatbestand setzt nur das inländische Stammhaus und eine einzige ausl. Betriebsstätte voraus. Zu unbesteuerten Einkünften kann es bei unterschiedlicher Anwendung des AOA (authorized OECD-approach) kommen.[2] So kann der eine Staat Aufwendungen der Betriebsstätte zuordnen, z. B. Zinsen auf Darlehen des Stammhauses, während der andere Staat diese Zinsen nicht als Darlehenszinsen, sondern Gewinne aus dem Dotationskapital ansieht, die nach seiner Ansicht im Staat des Stammhauses freizustellen sind. Ähnliche Effekte sind auch bei anderen Leistungsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte möglich, bei denen der Betriebsstättenstaat über eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung einen Betriebsausgabenabzug in der Betriebsstätte zulässt, während der Staat des Stammhauses die Leistung als nicht entgeltpflichtige Beistellung ansieht. Nach § 31 Abs. 2 BsGAV kann diese Konstellation insbesondere bei Bau- und Montagebetriebsstätten vorkommen. Auch bei dieser Alternative ist der Tatbestand nur dann anwendbar, wenn die Minderung der Bemessungsgrundlage in dem Betriebsstättenstaaten "nur" auf den anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehu...

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