Rz. 167

Der Tatbestand des Abs. 9 S. 1 Nr. 2 erfasst in der Form einer Subject-to-tax-Klausel die Fälle, in denen die Einkünfte einer im Inland unbeschränkt stpfl. Person nur deshalb nicht im Ausland besteuert werden, weil der ausl. Staat diese Einkünfte im Rahmen der beschr. Steuerpflicht nicht erfasst. Der Gesetzeswortlaut ist nicht an das internationale Begriffsverständnis angepasst; gemeint ist, dass die Einkünfte nur deshalb in dem anderen Staat steuerbefreit sind, weil der Stpfl. in diesem Staat nicht ansässig ist.[1]

Die Vorschrift setzt in ihrem Tatbestand voraus, dass die Einkünfte nach einem DBA von der deutschen Besteuerung auszunehmen sind. Als Rechtsfolge bestimmt sie, dass ungeachtet des DBA nicht die Freistellungs-, sondern die Anrechnungsmethode anzuwenden ist. Die Vorschrift enthält also ein Treaty Override (S. Rz. 4ff.).

 

Rz. 168

Die Steuerfreistellung im Ausland muss allein und ausschließlich auf der beschr. Steuerpflicht, d. h. der fehlenden Ansässigkeit im ausl. Staat, beruhen. Es muss sich also um Einkünfte handeln, die der ausl. Staat im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht (bei Ansässigkeit) erfassen würde. Sind die Einkünfte im Ausland generell steuerfrei, also auch im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht, beruht die Steuerfreiheit im Ausland nicht "nur" auf der beschr. Steuerpflicht; Abs. 9 S. 1 Nr. 2 ist dann nicht anwendbar. Ein solcher Sachverhalt liegt vor, wenn der ausl. Staat die Einkünfte im Rahmen der bei ihm bestehenden beschr. Stpfl. erfassen würde, daran aber durch ein DBA mit einem dritten Staat gehindert ist. Dann beruht die Steuerfreiheit nicht "nur" auf der beschr. Stpfl., sodass § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG nicht eingreift.[2] Entsprechendes gilt, wenn die fraglichen Einkünfte deshalb bei unbeschränkter Steuerpflicht steuerfrei wären, weil sie ihrer Höhe nach unter der Besteuerungsgrenze liegen.[3]

 

Rz. 169

Gleiches gilt, wenn die Einkünfte zwar der beschr. Stpfl. unterliegen, aber keine Steuer festgesetzt wird, weil ein Ausgleich mit Verlusten erfolgt. Dann unterliegen die Einkünfte der beschr. Stpfl. in dem ausl. Staat, sodass der Tatbestand der Nr. 2 nicht erfüllt ist. Unterliegen die Einkünfte im ausl. Staat der beschr. Steuerpflicht, werden sie aber tatsächlich nicht besteuert, weil der ausl. Staat die Einkünfte nicht kennt (Verletzung der Erklärungspflicht durch den Stpfl.), greift die Vorschrift ebenfalls nicht ein. Die Vorschrift greift, anders als Nr. 1, auch nicht ein, wenn der ausl. Staat die Einkünfte einer Abzugsteuer mit begrenztem Steuersatz unterwirft. Wird die Abzugsteuer jedoch erstattet, weil zunächst unabhängig von der Steuerpflicht der Einkünfte ein Steuerabzug vorgenommen wurde, sich nach einer Prüfung aber ergeben hat, dass der Stpfl. im Rahmen der beschr. Steuerpflicht einen Anspruch auf Steuerfreistellung hat, ist die Vorschrift anwendbar.[4]

 

Rz. 170

Dass die Erstattung und damit die Steuerfreistellung im ausl. Staat antragsabhängig ist, ändert daran nichts, da es nur auf die gesetzliche Steuerpflicht ankommt. Die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn es tatsächlich nicht zu einer Erstattung kommt, weil der Stpfl. den Antrag nicht oder nicht rechtzeitig stellt. Auch dann sind die Einkünfte im ausl. Staat nicht stpfl. Es kommt also nicht auf die tatsächliche Besteuerung an, sondern darauf, ob die Einkünfte nach dem ausl. Recht einer Steuer unterliegen.[5]

 

Rz. 171

"Nicht steuerpflichtig" sind die Einkünfte auch dann, wenn sie aufgrund einer Richtlinie der EU, z. B. der Zins- und Lizenzrichtlinie, aus der Besteuerung ausgenommen worden sind.[6]

Die Richtlinien wirken nicht unmittelbar, sondern müssen in das nationale Recht umgesetzt werden. Die Einkünfte sind dann aufgrund des nationalen Steuerrechts aus der beschr. Stpfl. ausgeschieden.

 

Rz. 172

Ein Anwendungsfall der Vorschrift lag bei der LSt im internationalen Luftverkehr im Verhältnis zu bestimmten Staaten vor. Das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn von Personal, das an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr tätig ist, steht regelmäßig demjenigen Staat zu, in dem sich die Geschäftsleitung des Luftfahrtunternehmens befindet.[7]

Ist der Arbeitnehmer in diesem Fall in Deutschland ansässig, stellt Deutschland den Arbeitslohn frei, der Staat der Geschäftsleitung des Luftfahrtunternehmens kann die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit im Rahmen der beschr. Steuerpflicht besteuern. Einige Staaten übten dieses Besteuerungsrecht aber nur aus, soweit Flugplätze in ihren jeweiligen Hoheitsgebieten angeflogen wurden (z. B Großbritannien, Irland). Sofern dies nicht der Fall war, wurden die entsprechenden Einkünfte im Rahmen der beschr. Steuerpflicht freigestellt, obwohl sie im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht besteuert worden wären.[8] Die Problematik im Verhältnis zu den genannten Staaten ist inzwischen entfallen. Irland hat sein nationales Recht dahin geändert, dass die Einkünfte des Luftverkehrspersonals von in Irland ansässigen Fluggesellschaften in vollem Umfang besteuert werde...

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