Rz. 25

Eine Veranlagung ist nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG durchzuführen, wenn die positive Summe der einkommensteuerpflichtigen, um Freibeträge gekürzten Einkünfte, die nicht der LSt zu unterwerfen waren (Rz. 30ff.), oder die positive Summe der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte und Leistungen (Rz. 34) mehr als 410 EUR beträgt. Damit sind zwei Grenzen gesetzt. Eine Veranlagung ist bereits dann vorzunehmen, wenn eine der beiden Grenzen überschritten wird.

 
  Fall a Fall b Fall c
  EUR EUR EUR EUR EUR EUR
Einkünfte aus            
nichtselbstständiger Arbeit   15.000   15.000   15.000
Vermietung und Verpachtung 400   400 400   400 420   420
Arbeitslosengeld 400   420   410  
    15.400   15.400   15.420
Sonderausgaben   2.400   2.400   2.400
außergewöhnliche Belastung     100     100     100
Einkommen   12.900   12.900   12.920

Im Fall a ist keine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG vorzunehmen, in den Fällen b und c sind dagegen Veranlagungen nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG durchzuführen.

 

Rz. 26

Für die Grenze von 410 EUR kommt es jeweils auf die positive Summe der einkommensteuerpflichtigen, um Freibeträge gekürzten Einkünfte oder auf die positive Summe der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte und Leistungen an. Die Einkünfte werden dem Grunde und der Höhe nach gemäß den §§ 2 Abs. 1 und 2, 13 bis 24 EStG ermittelt.[1] Es liegen daher keine Einkünfte vor, soweit keine Überschuss- bzw. Gewinnerzielungsabsicht besteht.[2] Bei der Ermittlung der Höhe der Einkünfte werden steuerfreie Einkünfte und negative Einkünfte, für die Verlustausgleichsbeschränkungen bestehen, nicht berücksichtigt.[3] Unter der Summe der Einkünfte i. S.d § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist in Übereinstimmung zur Summe der Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 3 EStG der Saldo der Einkünfte zu verstehen, der nach horizontaler und vertikaler Verrechnung der Einküfte verbleibt (Beispiel vgl. Rz. 27).[4] Die einheitliche Auslegung des Begriffs ist nach dem Zweck des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG geboten, der auf die Herstellung der steuerlichen Gleichheit durch Festsetzung der materiell richtigen ESt gerichtet ist.

 

Rz. 26a

Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften, die gem. § 23 Abs. 3 S. 7 EStG nicht mit anderen Einkünften ausgleichsfähig sind, wirken sich im Vz ihrer Entstehung nicht auf die Höhe dieser Einkünfte aus und sind damit für die Frage, ob eine Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG durchzuführen ist, unbeachtlich.[5] Positive Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften werden jedoch gem. § 23 Abs. 3 S. 8 EStG durch die auf den 31.12. des Vorjahres festgestellten Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften vermindert. Der Verlustabzug findet anders als in den Fällen des § 10d EStG nicht erst auf der Ebene des Gesamtbetrags der Einkünfte statt, sondern wirkt sich nach dem eindeutigen Wortlaut des § 23 Abs. 3 S. 8 EStG unmittelbar auf die Höhe der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften aus.[6]

 

Rz. 26b

Einkünfte aus Kapitalvermögen werden nach § 2 Abs. 5b EStG nicht bei der Ermittlung der Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte berücksichtigt, soweit es sich um Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 EStG und § 43 Abs. 1 EStG handelt. Kapitaleinkünfte fließen damit nicht in Summe der Einkünfte i. S. d. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG ein, wenn sie der Abgeltungswirkung der KapESt oder dem gesonderten Steuertarif von 25 % unterliegen.[7] Der Stpfl. kann die Berücksichtigung der Kapitaleinkünfte bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte damit nicht schon durch Anträge auf Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG) oder auf Einbeziehung in die besondere Besteuerung nach § 32d EStG (§ 43 Abs. 5 S. 3 EStG) zur Überprüfung des Steuereinbehalts oder zur Berücksichtigung von Verlustvorträgen nach § 20 Abs. 6 EStG (vgl. § 32d Abs. 4 EStG) erreichen.[8] Denn durch diese Anträge entfällt zwar die Abgeltungswirkung der KapESt[9], nicht aber zwingend die Besteuerung mit dem gesonderten Steuertarif. Die Kapitaleinkünfte werden daher nur dann in die Ermittlung der Summe der Einkünfte einbezogen, wenn sie in den Fällen des § 32d Abs. 2 EStG oder als Ergebnis der Günstigerprüfung gem. § 32d Abs. 6 S. 1 EStG der tariflichen ESt unterworfen werden. Führt die Anwendung der tariflichen ESt im Rahmen der Günstigerprüfung gem. § 32d Abs. 6 S. 1 EStG nicht zu einer niedrigeren ESt, gilt der Antrag auf Einbeziehung der Kapitaleinkünfte in die Summe der Einkünfte als nicht gestellt.[10]

Erzielt der Stpfl. Kapitalerträge, die nicht gem. § 32d Abs. 6 S. 1 EStG der tariflichen ESt unterworfen werden und von denen auch keine KapESt einbehalten wurde, muss das FA nach § 32d Abs. 3 S. 3 EStG eine Veranlagung durchführen. Die Amtsveranlagung nach § 32d Abs. 3 S. 3 EStG ist durch G. v. 12.12.2019[11] mit Wirkung ab dem Vz 2019 eingefügt worden und knüpft an die in § 32d Abs. 3 S. 1 EStG geregelte Erklärungspflicht des Stpfl. für diese Kapitalerträge an. Mit der Amtsveranlagung soll verhindert werden, dass die Kapitalerträge unversteuert bleiben.[12]

 

Rz. 26c

Für die D...

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