Rz. 31

Die Höhe des Haftungsbetrags richtet sich nach der LSt, die der Arbeitgeber pflichtwidrig nicht einbehalten und abgeführt hat, also nach der individuell ermittelten LSt. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber mangels ausreichender liquider Mittel zwar den Nettolohn an den Arbeitnehmer ausgezahlt, aber keine LSt abgeführt hat. Er kann sich nicht darauf berufen, keine hinreichenden Mittel zur Befriedigung des LSt-Anspruchs des FA gehabt zu haben. Ihm bleibt nur die Möglichkeit, die Lohnzahlung zu kürzen, indem er LSt nach der Teilzahlung auf den Arbeitslohn berechnet. Im Fall des § 42d Abs. 1 Nr. 3 EStG haftet der Arbeitgeber in Höhe des Steuerbetrags, der infolge seiner unrichtigen Angaben im Lohnkonto oder in der LSt-Bescheinigung verkürzt worden ist.

 

Rz. 32

Die Haftungsschuld des Arbeitgebers ist auch dann nach dem niedrigeren Bruttosteuersatz zu berechnen, wenn von vornherein feststeht, dass der Arbeitgeber nach der Zahlung der Haftungsschuld wegen Fehlens von Aufzeichnungen keinen Rückgriff bei seinem Arbeitnehmer wird nehmen können.[1] Es darf also nicht mit dem höheren Nettosteuersatz LSt auf LSt berechnet werden.[2] Erst nachdem der Arbeitgeber seine Haftungsschuld bezahlt hat, kann das FA prüfen, ob nunmehr die Voraussetzungen für einen weiteren Zufluss von Arbeitslohn beim Arbeitnehmer infolge des Verzichts auf einen Rückgriff erfüllt sind.[3]

 

Rz. 33

Im Haftungsverfahren ist es nicht mehr Aufgabe des Arbeitgebers, die Höhe der LSt zu ermitteln. Der LSt-Außenprüfer hat sie selbst zu berechnen. Der Arbeitgeber hat jedoch aufgrund seiner Mitwirkungspflicht dabei im Rahmen des Zumutbaren und Angemessenen mitzuhelfen.[4]

 

Rz. 34

Der LSt-Außenprüfer hat die LSt trotz des damit verbundenen Arbeitsaufwands grundsätzlich individuell zu ermitteln; er darf sie nicht mit einem durchschnittlichen Steuersatz schätzen. Der Prüfer darf nur dann schätzen, wenn die Voraussetzungen des § 162 AO – etwa infolge fehlender Aufzeichnungen – vorliegen.[5] Dabei muss er alle Umstände berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.[6] Er darf einen durchschnittlichen Steuersatz anwenden, wenn der Arbeitgeber sich hiermit im Weg der tatsächlichen Verständigung einverstanden erklärt.[7] Hat der Arbeitgeber keine Lohnversteuerung vorgenommen, so ist bei Nichtvorlage der LSt-Karte die LSt nach Steuerklasse VI zu ermitteln.[8]

[2] Zur Besteuerung des Nettolohns R 39b.9 LStR 2023.
[4] BFH v. 1.7.1994, VI R 101/93, BFH/NV 1995, 297; FG des Landes Sachsen-Anhalt v. 15.5.2014, 6 K 1169/12, Haufe-Index 7436552: Haftungsinanspruchnahme und Schätzung der Besteuerungsgrundlagen bei Beschäftigung illegaler Arbeitskräfte.
[5] FG München v. 1.4.2010, 8 V 3819/09, Haufe-Index 2422644: Lohnsteuerhaftung des Drückerkolonnenchefs.
[6] BFH v. 29.5.2008, VI R 11/07, BFH/NV 2008, 1600; FG München v. 8.5.2012, 8 V 625/12, Haufe-Index 3447810; Schätzung als Grundlage für den LSt-Haftungsbescheid.
[8] FG München v. 7.6.2013, 8 K 2826/10, Haufe-Index 5086721.

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