1 Allgemeines

 

Rz. 1

Im Fall der Ehescheidung sind die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsansprüche grundsätzlich aufzuteilen (§§ 1ff. VersAusglG).[1] Entsprechendes gilt bei Aufhebung einer Lebenspartnerschaft (§ 20 LPartG).[2] Vorrangig ist dabei die interne Teilung (§ 9 Abs. 2 VersAusglG); hierzu s. § 3 Nr. 55a EStG Rz. 1–2. In besonderen Fällen kann der Versorgungsausgleich auch außerhalb des Versorgungssystems des auszugleichenden Anrechts durchgeführt werden (§ 9 Abs. 3 VersAusglG). Die externe Teilung wird durchgeführt, wenn die ausgleichsberechtigte Person und der Versorgungsträger sie vereinbaren oder der Versorgungsträger sie verlangt (§ 14 Abs. 2 VersAusglG). Zielversorgung kann grundsätzlich jede Art von Versorgungsanwartschaft sein, sofern sie angemessen ist, was im Fall des zertifizierten Altersvorsorgevertrags, des Pensionsfonds, der Pensionskasse, der Direktversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung unterstellt wird (§ 15 VersAusglG).

Die rein zivilrechtliche Übertragung von Versorgungsansprüchen erfüllt die Tatbestandsmerkmale der Vorschrift nicht. Der abgetretene Teil gehört daher zu den stpfl. Einkünften des Abtretenden.[3]

 

Rz. 1a

Die Vorschrift ist durch das VAStrRefG v.3.4.2009[4] eingeführt worden, das am 1.9.2009 in Kraft getreten ist[5]; § 3 Nr. 55b EStG wirkt damit ab Vz 2009 (§ 52 Abs. 1 EStG). Die Vorschrift gilt sowohl für unbeschränkt wie für beschr. Stpfl. (§ 50 Abs. 1 und § 49 Abs. 1 Nr. 10 EStG). Übertragungen i. S. d. § 3 Nr. 55b EStG können nach § 82 Abs. 4 Nr. 5 EStG nicht als Altersvorsorgebeitrag gefördert werden.[6]

 

Rz. 1b

Die Vorschrift greift nur, soweit die Leistungen aus dem Anrecht nach den allgemeinen steuerlichen Regelungen bei der ausgleichspflichtigen Person dem Grunde nach stpfl. wären. Soweit der geleistete Ausgleichswert bei der ausgleichspflichtigen Person nicht zu stpfl. Einkünften führt (z. B. Rückzahlung versteuerter Beiträge oder Auszahlung steuerfreier Zinserträge bei einem vor 2005 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag), besteht kein Bedarf für eine Steuerfreistellung. Wird ein Ausgleichswert aus einem derartigen Anrecht gezahlt, kann es in Bezug auf den übertragenen Kapitalbetrag bei der ausgleichsberechtigten Person nicht zu einer Steuerverhaftung kommen.[7]

[1] Wälzholz, DStR 2010, 383; Wälzholz, DStR 2010, 465; Münch, SteuK 201, 203.
[4] BGBl I 2009, 700.
[5] Art. 23 VAStrRefG v. 3.4.2009, BGBl I 2009, 700.
[6] BMF v. 13.1.2014, IV C 3 – S 2015/11/10002:018, Rz. 26, BStBl I 2014, 97, schließt über den Gesetzeswortlaut hinaus auch einen nicht von der Vorschrift erfassten Übertragungsvorgang von der Altersvorsorgeförderung aus.
[7] BMF v. 24.7.2013, IV C 3 – S 2015/11/10002, Rz. 418, BStBl I 2013, 1022.

2 Steuerfreie Übertragung

 

Rz. 1c

Der Ausgleichswert wird bei der externen Teilung als Kapitalbetrag vom bisherigen Versorgungsträger an den neuen Versorgungsträger gezahlt (§ 14 Abs. 4 VersAusglG). § 3 Nr. 55b S. 1 EStG stellt den übertragenen Ausgleichswert steuerfrei, soweit die Leistungen aus den dadurch begründeten Anrechten zu stpfl. Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 EStG führen würden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die späteren Leistungen bei der ausgleichsberechtigten Person in gleichem Umfang wie bei der ausgleichspflichtigen Person stpfl. werden (nicht aber stets in derselben Einkunftsart); im Fall des § 22 Nr. 5 S. 2 Buchst. b EStG wird daher der Vertragsabschlusszeitpunkt auf die ausgleichsberechtigte Person übertragen (§ 52 Abs. 38 S. 4 EStG). Die Vorschrift zielt nämlich neben dem Austausch der Person des Steuerschuldners nur auf eine Verlagerung des Besteuerungszeitpunkts.[1] Sie verhindert, dass die Übertragung bei der ausgleichspflichtigen Person besteuert wird. Infolge der steuerfreien Übertragung ist die spätere Auszahlung bei der ausgleichsberechtigten Person stpfl. (§ 22 EStG Rz. 195ff.).[2]

[1] BT-Drs. 16/10144, 108.
[2] BMF v. 24.7.2013, IV C 3 – S 2015/11/10002, Rz. 419, BStBl I 2013, 1022.

3 Steuerpflichtige Übertragung

 

Rz. 2

Nach § 3 Nr. 55b S. 2 EStG gilt die Steuerfreistellung nicht, soweit die späteren Versorgungsleistungen bei der ausgleichsberechtigten Person zu stpfl. Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG oder nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG führen würden. Da die Leistungen aus einer Kapitallebensversicherung (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) und aus einer privaten Rentenversicherung (§ 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG) nicht vollumfänglich besteuert werden, könnte es ohne diese Einschränkung bei einer Übertragung aus der betrieblichen Altersversorgung oder einem geförderten Altersvorsorgevertrag heraus zu einer Besteuerungslücke kommen. Wird bei einem steuerverhafteten Anrecht eine derartige Zielversorgung ausgewählt, kommt es daher bei der ausgleichspflichtigen Person zu einer sofortigen Besteuerung.[1] Im Hinblick darauf muss die ausgleichspflichtige Person d...

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