Rz. 44

Abgelehnt werden kann der Anspruch des Nachtarbeitnehmers durch den Arbeitgeber, wenn der Umsetzung dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen.

Umstritten ist, ob "dringende betriebliche Erfordernisse" i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG zu verstehen sind oder i. S. d. § 7 Abs. 1 BUrlG, der dem Arbeitgeber bei dringenden betrieblichen Belangen die Möglichkeit gibt, den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers nicht zu entsprechen.[1] Für erstere Ansicht spricht der Wortlaut,[2] der mit dem aus § 1 Abs. 2 KSchG übereinstimmt, für Letztere, dass es auch bei der Umsetzung auf einen Tagesarbeitsplatz nicht um den Verlust des Arbeitsplatzes geht[3], sondern um die Ausgestaltung, wie auch bei der Festlegung des Urlaubs. Vorgebracht wird außerdem, dass es sich bei dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers um ein mindestens gleichrangiges Rechtsgut wie der durch das Kündigungsschutzgesetz bezweckte Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses und damit die Sicherung der wirtschaftlichen und sozialen Existenz des Arbeitnehmers handelt.[4] Dem ist zu folgen. Daher ist der Begriff der dringenden betrieblichen Erfordernisse i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG auszulegen. Daher sind sowohl inner- als auch außerbetriebliche Gründe geeignet, den Umsetzungsanspruch zu verwehren.[5] In Einklang mit der Auslegung des § 1 Abs. 2 KSchG sind hohe Maßstäbe an das Vorliegen der betrieblichen Erfordernisse anzulegen.

 

Rz. 45

Dringend sind die betrieblichen Erfordernisse dann, wenn die Umsetzung des Arbeitnehmers auf einen Tagesarbeitsplatz bei Abwägung der beiderseitigen Interessen dem Betrieb nicht zumutbar ist.[6] Je schwerer die gesundheitlichen Nachteile für den Arbeitnehmer wiegen, umso höhere Anforderungen sind an die betrieblichen Gründe zu stellen, aufgrund derer eine Umsetzung nicht in Frage kommen soll. Dabei muss auch mit eingestellt werden, ob zusätzliche Maßnahmen die Versetzung ermöglichen können.[7]

 

Rz. 46

Unklar ist, ob der Arbeitgeber ggf. einen Tagesarbeitsplatz für den umsetzungsberechtigten Nachtarbeitnehmer freikündigen muss. Dagegen spricht die Gesetzesbegründung, die den Arbeitgeber nur für verpflichtet hält, den Nachtarbeitnehmer im Rahmen der objektiven Weiterbeschäftigungsmöglichkeit umzusetzen. Das kann nur bedeuten, dass ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehen muss.[8]

[1] Baeck/Deutsch, § 6 ArbZG, Rz. 61; Henssler/Willemsen/Kalb/Gäntgen, § 6 ArbZG, Rz. 13; ErfK/Wank, § 6 ArbZG, Rz. 14.
[2] Henssler/Willemsen/Kalb/Gäntgen, § 6 ArbZG, Rz. 13.
[3] Anzinger/Koberski, § 6 ArbZG, Rz. 58.
[4] Henssler/Willemsen/Kalb/Gäntgen, § 6 ArbZG, Rz. 13.
[5] Neumann/Biebl, § 6 ArbZG, Rz. 22.
[6] ArbG Freiburg, Urteil v. 24.11.2009, 7 Ca 218/09.
[7] Neumann/Biebl, § 6 ArbZG, Rz. 22.
[8] BT-Drucks. 12/5888 S. 26.

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